Alze- 2008-12-10, Nr. 4294
LR
Ich will mich nicht mit Reaktions-"Leserbriefen" noch unbeliebter machen als ich es ohnehin schon bin.
Wenn ich jetzt schreiben würde: 'Du sprichst mir aus der Seele (welche denn?), dann wäre das sicher nicht wahr.
Mit Deinem vierten Absatz kann ich keinesfalls konform gehen.
NS.: wahrscheinlich hast Du aber genau den Punkt getroffen.
Bis bald!
Walther Schütz- 2008-12-10, Nr. 4295
Ein Beitrag, der mich hin- und herreißt:
Zunächst bin ich dankbar, dass da jemand den - nicht immer, aber doch nur allzuoft - verlogenen Menschenrechtskampagnen, die die Menschenrechtsverletzungen immer nur bei den anderen Ländern / Regierungen sehen, kontert.
Gleichzeitig aber stimmt mich etwas nachdenklich, je öfter ich den Beitrag lese. Und das beschäftigt mich jetzt schon den ganzen Nachmittag:
Bist du nicht in eine Falle getappt, an dem du dich im Kontern auf die gleiche Ebene begibst, nämlich auf die der moralischen Empörung, die sich an den Symptomen festkrallt, an Quantitäten (wer hat mehr umgebracht, wer gleich viel) und dabei den Kontext außer Acht lässt?
Das beginnt bereits beim Vergleich Hitler - Stalin: Wie erhellend ist so eine Gleichsetzung tatsächlich? Verdeckt der Vergleich nicht mehr als er erklärt, etwa was die Ursachen betrifft? Ähnliches gilt für den Vergleich Bush, Merkel, Schröder, Blair, Brown, Chirac, Sarkosy auf der einen Seite mit den beiden über den in der Totalitarismustheorie gleichgesetzten Figuren Hitler und Stalin auf der anderen Seite!
Konkret: Die Entscheidung des NS-Regimes für die industrielle Vernichtung der Juden war eine bewusste. Nicht nur das: Die Vernichtung war das erklärte ZIEL. Gleichzeitig wäre es verkürzt, den antisemitischen Wahn nur auf die Funktionäre des Regimes beschränkt zu sehen: Der Vernichtungswahn war eingebunden in eine Woge fast der gesamten Gesellschaft, er war ein gesellschaftliches Phänomen.
Demgegenüber: Wie bewusst sind die "bewusste(n) Entscheidungen unserer Regierungen (...), die europäische Landwirtschaft konkurrenzfähig zu halten"? Bleibt ihnen inmitten einer bewusstLOS vorausgesetzten Konkurrenzgesellschaft überhaupt etwas anderes übrig? Und ist es nicht ein Unterschied, ob das Ziel der Tod von Menschen ist oder halt nur ein billigend in Kauf genommenes Faktum?
Ja ich gehe sogar noch weiter: Wenn der Tod von Millionen Menschen in Kauf (sic!) genommen wird, weil durch Patentgebühren Medikamente ein Vielfaches des sonst zu erzielenden Preises kosten, dann steht dahinter eine Logik: Nur durch den Anreiz, einen hohen Gewinn zu erzielen, würden neue Medikamente entwickelt, würden also Menschenleben gerettet!
Dass diese Logik eine perverse ist, ist mir und dir wohl klar. Aber mit Moral kommt man da nicht so recht weiter.Und damit bin ich wieder beim Ausgangspunkt: Den Menschenrechten, den Kampagnen um sie herum und den sie vertretenden Organisationen kann man wohl nich vorwerfen, dass sie sich etwa gegen Folter einsetzen. Was aber notwendig wäre, wäre im wahrsten Sinne des Wortes eine Radikalisierung der Menschenrechtsfrage, beginnend mit "Warum gibt es Menschenrechtsverletzungen?" ... bis hin zu grundsätzlichen Fragen wie: "Warum muss das Engagement gegen die Folter überhaupt die Form von "Rechten" annehmen, also von etwas, das einen Staat braucht, der sie durchsetzt (meist wiederum gegen Staaten), womit man den Bock zum Gärtner macht?"
Weil aber solche weitergehenden Fragen ausbleiben, ja weil sich gar Regierungen zu Menschrechtshüterinnen aufschwingen, entsteht berechtigtes Misstrauen, ja Wut und Zorn. Dass du diesen Widerspruch thematisiert hast, dafür bin ich dir sehr dankbar!
Walther
urbane dschungel- 2008-12-10, Nr. 4297
ich würde nicht so sicher sein mit deinen worten: weißer mensch = weltherrschaft.
hitler und der stalin als zwei waisenknaben darzustellen mein lieber rVk ist sehr verkannt/diffus.
es war ein unvollkommener gedanke, nicht ernst gemeint.
wir alle stehen täglich im mittelalter am marktplatz und grölen, und schielen auf den nächsten der aufs schafott muss.
so ein fadenscheiniges lebenskostüm tragen wir mit uns umher.
wir sind blutrünstig, keine moral, keine liebe schon gar keine nächstenliebe, keinen funken an spürsinn, kein symbol, kein begriff, kein wortlaut – wir sprechen nicht mehr.
du und ich wir sind verstummt.
die fantasie liegt urzeiten zurück in einer chaotischen zeit unserer kindheit, wo die fantsie nur uns gehörte.
wo das leben im abstraktesten sinn für die meistern unter uns keine belastung war, wir trugen einen anderen wettkampf aus, wir sind so was von statisch geworden, so was von unvollkommen und streben stets nach dem vollkommenen.
wir leben täglich auf einer baustelle unserer zertrümmerten kleingeistigen gefühlswelten und ernten die ruinen unserer nie gelebten träume.
w o n a c h streben wir alle hier und dort und irgendwo?
wir suchen nach der wahrheit im urbanen dschungel.
nach ruhe, klarheit und natur.
rVk- 2008-12-11, Nr. 4299
Lieber Walther!
Vielen Dank für Deine ausführliche Auseinandersetzung mit meinem Artikel.
Ich muss heftig wiedersprechen, wenn Du meinst ich tappe hier in eine Falle. Erstens empöre ich mich nicht moralisch. Im ganzen Artikel findest Du keinen wachtelnden Zeigefinger. Ich stelle klipp und klar fest, dass wir Europäer große Schuld am Elend Afrikas tragen. Das versuche ich durch ein paar einfache Zusammenhänge zu erklären. Das sind Fakten für die ich mich schäme. (siehe letzten Absatz) Sich zu schämen ist aber kein moralisch erhobener Zeigefinger. Sondern ein sich selbst Bewusstmachen, dass ich und wir alle in Europa mit Schuld tragen an prinzipiell vermeidbaren Missständen.
Zweitens: Zur Quantität: Hättest Du den Absatz genau gelesen und nicht so wie Du ihn halt lesen wolltest, dann hättest Du nicht so große Probleme damit. Ich gebrauche die beiden Verbrecher Hitler und Stalin ausschließlich um die Dimension klarzumachen, in der sich die Verbrechen der europäischen Regierungen abspielen. Der letzte Satz des Absatzes macht wohl ganz klar, dass ich der Meinung bin, dass für mich über die Greueltaten Hitlers und Stalins kein Vergleich und schon gar kein quantitativer möglich ist. Das war auch nicht beabsichtigt. Es sollte eher den Leser aufrütteln, im Sinne, wie kommt der Kravanja plötzlich dazu unsere gewählten Politiker mit Verbrechern zu vergleichen. Also den Menschen zu zeigen, dass die heutigen Herrschenden nicht weit weg sind von den ehemaligen. Halt mit anderen, subtileren Methoden.
Zum Thema ZIEL: Die Entscheidung der EU sich eine ausschließlich neoliberale Wirtschaftsweise zu verordnen ist auch eine bewußte. Und die Herrschaften haben schon gewußt, wie sich das auswirken wird. Und dass große Teile der Bevölkerung die neoliberale Doktrin völlig unreflektiert nachbeten ist die gleiche Woge und das gleiche gesellschaftliche Phänomen. Weil etwas offensichtlich falsches, gegen Mitmenschen gerichtetes wurde dort und wird hier nicht erkannt. Aber ich weiß natürlich schon, wie weh es tut draufzukommen, dass wir nix aber schon gar nix anders sind als unsere Vorfahren. Wir haben nix gelernt.
Zum Thema bewusste Entscheidungen: Ich gebe Dir schon recht, dass eine gewisse Alternativlosigkeit zum herrschenden Kapitalismus vorliegt, aber das gleich als pauschal Entschuldigung für erbrecher zu verwenden, verwundert mich aus Deiner geschätzten Feder. Natürlich wird alles in der kapitalistischen Logik abgewickelt, weil Kapitalismus herrscht. Das rechtfertigt aber das grausamste System, das die Menschheit je gesehen hat nicht. Das kommt schon wieder nahe dem Satz: Was hätten wir den tun sollen? (Daher wollte ich siehe oben auch unbedingt den Hitler-Vergleich haben. Um zu zeigen, wie gleich wir schon wieder in einigen Dingen sind.)
Wir könnten morgen anders wirtschaften, wenn unsere Regierungen es wollten und wir es tun würden. Aber die Verträge von Lisabon signalisieren mir genau das Gegenteil.
Und zum Schluß: Ich werfe niemandem sein Engagment für Menschenrechte oder Demokratie vor. Im Gegenteil ich bedanke mich bei allen Schwestern und Brüdern für Ihre Arbeit und halte sie für unverzichtbar. (An diesem Punkt möchte ich auch erwähnen, dass ich auch weiß mich in den letzten Jahren zu wenig in diese Arbeit eingebracht zu haben) Aber ich fordere derer beider Durchsetzbarkeit in der Realität. Es dürfen keine Worthülsen oder Papiertiger bleiben, wir müssen sie zu geltenden durchsetzbaren Recht machen. Recht, dass über den Merkels, Bushs, Obamas dieser Welt seht.
Mein Artikel hat für mich die Aufgabe meine Wut und meinen Zorn anderen Menschen mitzuteilen. Und zwar mit der größtmöglichen Plastizität. Es passieren Verbrechen, die von Staaten begangen werden. Und nur weil diese Staaten sich selbst einen gesetzlichen Freibrief ausstellen, heißt das für mich noch lange nicht, dass es deswegen gut ist andere Menschen zu foltern zu töten oder sonst auf irgend eine Art und Weise am Fortkommen und glücklich werden zu hindern. Auch die Gesetze der Nazis haben einmal Gültigkeit gehabt, werden deswegen aber um keinen Jota besser.
rVk
Gig
rVk- 2008-12-11, Nr. 4300
@urbane duschungel
Danke für Deine Reaktion.
Ich möchte mich nur dagegen verwehren, dass ich Hitler und Stalin als Waisenknaben hingestellt habe. Ich schreibe am Ende des Absatzes explizit, dass diese 2 unsauberen Herren in mir das größte mögliche Grauen auslösen. Aber um die Dimension der Verbrechen unserer Regierungen darzustellen, um die Menschen wachzurütteln, wie brutal das derzeitige Geschehen ist, muss schon ein plastischer Vergleich her. Und eigentlich habe ich die Aufregung eher umgekehrt erwartet; nämlich: wie kannst Du Merkel oder Schröder überhaupt mit Hitler vergleichen. Aber vielleicht liege ich ja damit wirklich nicht so ganz falsch.
Ich würde jedenfalls niemals die Verbrechen Hitlers oder Stalins relativieren wollen.
rVk
dw- 2008-12-11, Nr. 4301
WEG MIT DER FALSCHEN SCHAM!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Was mich am meisten verwundert, ist, dass du dich schämst! warum eigentlich?
Ich finde du hast am wenigsten grund dich schämen zu müßen, du hast etwas positives gemacht, du stellst dinge in frage, die mehr als fraglich sind.
Warum müßen eigentlich diejenigen die im grunde eh menschlich sind auch noch die last der unmenschlichen tragen?
Der erste schritt wäre also wohl ein ende mit den schuldgefühlen. die blockieren nämlich. und es stimmt einfach nicht- wir kleine krappler-wir sind nicht schuld. was soll ich als normales rädchen im system den schon machen um es zu verhindern? wer lebt schon von seiner eigenen wasserquelle, mit eigener energieproduktion, produziert keinen müll? etc etc na wer tut sich so was an? und der mensch ist bequem und faul, ich auch, ihr auch, wir alle.
Menschenrechte gibt es nicht! es hat sie nie gegeben und es gibt sie jetzt nur als augenauswischerei. der lauf der dinge ist nicht aufhaltbar. wenn in afrika der boden völlständig ausgetrocknet ist und es den menschen dort gelingt sich zu organisieren und es zu einer völkerwanderung kommt, dann können wir uns in europa warm anziehen....dauert noch....zur zeit sind sie noch mit cholera-uneinigkeit-aids beschäftigt....
Ich fühle mich NICHT schuldig! ich habe genug, die beschissene schuld derer zu tragen, die groß reden und einen dreck nach den anderen verzapfen. es ist auch egal, ob mann oder frau, ob weiss oder schwarz, es sind doch alle die gleichen-MENSCHEN.
Menschenrechtsverletzungen finden in afrika-asien-europa-amerika usw von allen menschenrassen statt. es sind auch nicht nur die bösen amerikaner schuld, oder die bösen europäer, bald die bösen chinesen... und seien wir uns ehrlich: der kapitalismus, so ganz persönlich in seiner art, ist auch nicht alleine schuld, weil der ist ne erfindung der menschen...
Ist der mensch also doch schuld, jeder einzelne schuldig?
Man lese, es dreht sich im kreise, wie die welt es von natur aus gegeben tut...
Wo der walther recht hat, da hat er recht:
Wir sind wo angelangt, wo wir nicht mehr weiter wissen...es gibt anscheinend keine besseren vorschläge als kapitalismus und das große ende. was danach kommt weiß niemand, oder doch? mord&todschlag geben sich ihr "stelldichein". auch diese spekulationen empfinde ich mehr als fraglich...
Die menschheit ist auf fortbestand programmiert. alles andere ist HISTORIE.
Sich hingeben und demut für das eigene leben empfinden
begebt euch in klausur, ihr intelligenten köpfe
und was ist eigentlich mit der partei "ich wähle nicht" passiert??
grüße diana
urbane dschungel,- 2008-12-11, Nr. 4302
aus dem gedanken heraus ist es bestimmt nicht verquert, d.h. wenn man das brennende probleme analytisch betrachtet – ist es beinahe egal welche namen es waren, welche es sein werden, welche marionetten gott spielen.
sie (wir) folgen einer strategie.
einen schönheitsfehler hat das ganze nun doch, gelten menschenrechte überall, oder sind die nur ein machtinstrument des westens?
man sollte seinen protest jeden tag ausdrücken: menschenrecht auf nahrung, wohlstand und arbeit.
wir müssen wohl unsere verletzlichkeiten aufgreifen um überhaupt aktiv zu werden im besagten miteinander…
urbane dschungel- 2008-12-11, Nr. 4303
Diana, also du, ich, wir sind n i c h t mitverantwortlich für Hunger und Umweltzerstörung.
Macht man es sich aus der Vogelperspektive nicht ein wenig zu leicht?
Man sollte Position bekennen, a b s c h i e b e n hilft nicht.
Christina
dw- 2008-12-11, Nr. 4304
lieber urbaner dschungel!
dein satz:
einen schönheitsfehler hat das ganze nun doch, gelten menschenrechte überall, oder sind die nur ein machtinstrument des westens?
MENSCHENRECHTE GELTEN NIRGENDWO! wie soll eine gesellschaft was davon verstehen, die es selber nicht lebt! es gibt keine menschenrecht im westen und nirgendwo...es ist alles augenauswischerei
im westen/osten/süden/norden achten sich die menschen nicht, deshalb sollen sie nur ja nicht ihr maul aufreißen und groß über menschenrechte reden.
eine gesellschaft die einerseits zur weihnachtszeit spendengelder nach afrika schickt und andereseits afrika in eine ewige abhängigkeit damit bringt, ist doch verrückt. wir helfen immer nur ein wenig....damit ja niemand unabhängig wird. so ist auch unser system aufgebaut, nur ja nicht zu viel HELFEN, so ist unsere erziehung, so wurden wir erzogen. geprägt von angst und verlust...
aber was solls...
schau dich um, wenn die post streikt geht die welt auch "noch" nicht unter...wer bei der post arbeitet sieht es wieder anders...da geht vielleicht eine welt unter?
nimm den leuten ihre existenzsicherung, nimm ihnen alles....dann wirst sehen....was sie dir für ein gesicht zeigen....es gibt nur wenige, die in so einer situation noch ein schönes gesicht haben werden
dw- 2008-12-11, Nr. 4305
was kann ich persönlich dafür, dass zbsp. gesunde-reine nahrungsmittel teurer sind, als industriell hergestellte?
hab ich so nen scheiss erfunden?
he?
und nun gut, die breite masse kauft lieber billig- na aber warum? damit sie länger zu fressen haben, deshalb. das sind natürlich erscheinungsbilder der industriewelt.
unlängst hab ich ein interview von einen hartz 4 empfänger gehört: er meinte seine größte niederlage, angst ist, das sein kühlschrank immer leer ist.
jeder ist natürlich sofort geneigt zu sagen, ma der tut uns aber leid.
aber da kann ich nur folgendes sagen:
lebensmittel sind nicht lebensmittel. der kühlschrank kann bis oben voll sein und nur glumpert ist drinnen, aber ein kilo reis und kartotten könne schon unser leben erhalten....
urbane dschungel- 2008-12-11, Nr. 4306
man sagt doch: die angst entscheidet…manche können die angst beherrschen, also versuchen wir mutwillig zu sein und schicken weiter briefe ab in der hoffnung sie finden ihren empfänger.
mimenda- 2008-12-11, Nr. 4307
habe glaube ich schon mehrfach darauf hingewiesen, dass wir nicht schuld in einem persönlichen sinn sind, aber dennoch verantwortlich. die verantwortung wollen oder können wir nicht wahrnehmen, aber die schuldigen, die haben wir leicht ausgemacht. wenn der herr "leistungsträger" auch ziemlich daneben lag mit seiner aussage, die manager seien die juden von heute, so hat dieser disparate vergleich auch etwas gutes: er regt zum denken oder stachelt zur empörung an. ebenso wie jener ebenso disparate vergleich von hitler und stalin mit den heutigen politischen akteuren.
schuld sind wir alle oder es ist niemand schuld, verantwortlich sind wir alle, aber es hat nicht jeder das gleiche maß verantwortung zu tragen. es ist aber auch nicht jeder dem gleichen druck ausgesetzt wie die politiker. wer bitte kann denn etwas grundsätzlich anders machen? das könnt ihr doch noch nicht einmal in eurem zwergstaat österreich.
jetzt stehen da auf einmal wieder die "schweine" gegen das selbsternannte volk der anständigen. nur dass hier die schweine nicht mehr als charaktermasken gehandelt werden sondern als dezidiertes subjekt herrschaftlicher entscheidungen. "das system" hat offenbar in der stammtischattitüde ausgedient, und wir kennen unsere pappenheimer genau und nennen sie beim namem. die schuldigen, während wir uns dann demonstrativ angewidert in unserem flauen luxus zurückziehen: die schuldigen sind die politiker.
erinnert mich fatal an das dumme gesabbel unserer RAF-rambos, die reihenweise charaktermasken beseitigten, obwohl sie doch - ihres eigenen postulierten bekenntnis gemäß - hätten wissen müssen, dass ihnen neue folgen würden. da kann man dann gut sein mütchen dran kühlen, durch rache und aktion oder wenigstens in der gebärde aus der warmen stube heraus. aber damit ist man letzten endes - ohne es auch nur halbwegs zu durchschauen - bloßer handlanger des systems, das man zu bekämpfen vorgibt.
die politik unterliegt der ideologie, die das system ermöglicht, hervorbringt und am leben hält. die lamentierenden kritikerlein sind nichts als eine spielweise der ideologie. das system braucht ein bisschen lauwarmen "widerstand", um der allgemeinheit demokratierauchzeichen zu geben.
das ganze ist eben nicht eine ansammlung (selbst)bewusster entscheidungen wie sie die psychopathen hitler und stalin trafen (auch die waren wahrscheinlich durch ähnliche ängste getrieben, wie unsere kritiker und insofern auch ihre und der politiker vorfahren im ungeiste), es ist der bann der vermittelst der ideologie auf uns wie ein dornröschenschlaf lastet, mit dem unterschied nur, dass kein köngisssohn kommen wird um uns wachzuküssen. wir merken nicht, wie sehr wir unter diesem schleier den politikern gleichen, die wir schelten. bewusstes handeln mag das alles sein, aber es ist kein selbstbewusstes handeln, denn dieses würde mit der erkenntnis auch schon die wende vollziehen und nicht immer nur danach rufen und sie von anderen zu erwarten. es kommt kein messias.
es fehlt indes die erkenntnis und deswegen kommt es auch zu keinem wirklich anderen handeln. wer da glaubt, das bisschen finanzkrise würde etwas substantielles am system ändern, ist glasblauäugig.
menschenrechte! na, ich möchte euch wohlstandstypen mal sehen wollen im dritten reich, ob ihr da euer maul aufgekriegt hättet. oder im römerreich, ob ihr euch da demonstrierend vor die arenen gestellt hättet, wenn man mal wieder menschen hat zerreißen lassen oder als fackel zur belustigung verbrannte. es gibt qualitative unterschiede gegenüber gestern. große sogar. die todesstrafe ist in den meisten ländern abgeschafft. das leben des menschen HAT "mehr wert" als noch vor 100 jahren. dass es nicht allenthalben gleichviel gilt, dazu trägt jeder einzelne von uns tagtäglich bei. wenn eine näherin in bangladesh für 40 euro monatlich die hosen 14 stunden am tag hosen nähen muss, die wir kaufen, dann wissen wir natürlich nichts und sind demnach auch nicht schuld. ja, inmitten des falschen leben auch nur eine kleinigkeit richtig zu machen, grenzt schon an eine herkulesaufgabe. aber wenigstens könnte man mal damit anfangen, statt sich theoretisch auf den mündigen bürger herauszureden, der aber noch nicht ganz volljährig ist. und wenn es nur wäre, dass man bei der nächsten wahl zu 99% grün wählt. ja, wenn's zur wahl und damit zum schwur kommt, ist den allermeisten das eigene hemd immer noch näher als des anderen nacktheit...
das mass aller dinge- 2008-12-11, Nr. 4308
man kann sich bestimmt am baum der erkenntnis reiben, deshalb sind wir nicht weniger unschuldig/unverantwortlich.
wir wollen die globalisierung (im intersse aller/ kooperationsabkommen/verlässliche beziehungen) und wir haben sie.
zynismus hilft überhaupt nicht, hier werden nur fakten aufgerufen.
wo sind die schneiderinnen, die antiquariate, die greisler, die gärtner, die bauern, die schuster, die plattenläden hin?
genau im museum, dort sind sie bestens für die nachwelt zwecks veranschaulichung aufgehoben.
wir leben im zeitalter des medial inszenierten cyber-krieg.
was für ein kulturimport.
und so etwas kommt von uns wohlstandsmenschen – man könnte mit einem kilo reis überleben.
(bestimmt & ja klar könnte man das um gottes willen)
mussten wir je nur mit einem kilo reis auskommen, gut die ältere generation kann uns bestimmt direkte berichterstattung leisten?
ja blicken wir zurück meine großmutter bekam die rationsmarken für brot, butter, milch erdäpfel sofern vorrätig.
es gab ein auskommen nebeneinander (notgedrungen).
es gab sogar SOZIALE KOMEPTENZ (notgedrungen), die versackt im hier und jetzt.
man könnte mit einer tagesration reis auskommen und wir prassen und merken gar nicht was uns frustriert – der ü b e r f l u s s.
das schicksal lässt mich im cyber-krieg posten, ich könnte aber genau so gut in der ostkongolesischen krisenprovinz nord-kivu leben, na was dann – würde ich ausgeflogen werden, bekäme ich einen kilo reis – was tun wir eigentlich hier.
wir chatten in einer absolut surrealen welt, wir laufen nicht um unser leben, wir klicken uns durch alle foren und nehmen uns von überall einen happen für zwischendurch – wir sind so entfernt und alles ist zugeschnitten für unser armseliges multitasking dasein.
verstehe vollkommen, dass wir uns selber widerwärtig sind.
ach ja, da gibt es ja noch die erfindung der traditionen: statt zusammenhalt, nähe und liebe werden kommerz und verbrauch zelebriert.
das system ist eine sache, mitlaufen eine andere.
wir laufen und laufen und laufen.