2005-07-18
Frankreichausflug - 18
Ruhetag
Als letzte Woche auf ARD ein Beitrag in der Vorberichterstattung über das CSC Team von Bijane Riis lief, machte sich bei uns am Redaktionstisch in der Gastwirtschaft Obiditsch blankes Entsetzen breit. Da war von einem Militärcamp die Rede und wie hart die Burschen dort rangenommen wurden. Augenblicklich waren die Sympathiewerte für diesen Rennstall in den Keller gerasselt. Der Bericht blieb ziemlich unreflektiert stehen.
Der Walther Schütz hat dann dankeswerter Weise etwas genauer recherchiert und ist auf folgende grauslichen Details gestoßen.
Vielleicht wäre es an der Zeit alle im Radsport tätigen Firmen einmal unter die Lupe zu nehmen. Vor allem wäre interessant zu wissen, wie oder mit was diese ihr Geld machen.
Hier das Ergebnis der Recherche vom Walther:
Auf einer öffentlichen Mailingliste von ATTAC-Deutschland war zu den Sponsoren des kurzzeitig das gelbe Trikot tragenden Voigt (er hatte es am Sonntag, den 10. Juli errungen) Folgendes zu lesen, das ich der Kärnöl-Community nicht vorenthalten möchte:
Gerhard Wendebourg
IRAKKRIEGPROFITEUR schmueckt sich auf der Tour de France
Nachdem bei uns die Forderung von Arundhati Roy, man solle die Profiteure des Irakkkriegs nicht gewaehren lassen, keine Konsequenzen hatte, finden wir einen der Konzerne, die hier in vorderster Front agieren, vertreten und promotet auf der Tour de France.
Das Team von CSC schmueckt sich aktuell mit dem gelben Trikot, und vermutlich wissen nur die allerwenigsten, welcher Schmutz an den Sponsorengeldern klebt, mit denen Voigt und sein Team finaziert werden. Ob Drogen-, Menschenhandel: oder blutige Gewalt: durch sportliche Triumpfe wird das Image auf Hochglanz poliert, das auch vorher schon keinen Kratzer hinnehmen musste - geschuetzt durch den Deckmantel der oeffentlichen Unwissenheit.
Der Computerdienstleister CSC kaufte sich vor einiger Zeit eine der fuehrenden Firmen fuer Soeldnerverleih und anderweitige militaerische Dienstleistungen DynCorp, die seitdem profttraechtiger Bestandteil des Konzerns ist.
Bekannt wurde DynCorps unter anderem durch ihre Einsaetze als Polizeitruppe in Ex-Jugoslawien. Hier fiel u.a. auf, welche Standards von DynCorp gepflegt wurden: Als ein Angestellter monierte, dass andere Mitarbeiter die Gelegenheit nutzten, und sich fuer kleines Geld minderjaehrige Sex-Sklavinnen hielten, kam der Geschaeftsfuehrung nicht etwa in den Sinn, mit dergleichen Praktiken aufzuraeumen. Stattdessen erhielt der Mitarbeiter, der seine Kollegen angeschwaerzt hatte, die Kuendigung.
Wer fuer die Prostituiertenringe in Bosnien, die von DynCorp-Angestellten betrieben wurden, letztlich verantwortlich war, wurde nie vollstaendig geklaert: es ist sicher eine Ueberforderung, von einer Truppe, deren Auftrag es war, Polizeigewalt auszuueben, Dergleichen zu verlangen. Inwiefern sich die Praktiken im Irak geaendert haben, darueber fehlen ebenfalls bisher Informationen.
Auch im Irak ist DynCorp einschlaegig taetig, und gehoert zu den groesseren Fischen im Teich der militaerischen Dienstlestungen, nachdem der Soeldnertruppe schon in Afghanistan der Job uebertragen wurde, den Praesidenten Karzai unter ihre Kontrolle zu nehmen.
Zum Glueck interessieren sich unsere Medien nicht fuer dergleichen Schmutz unter dem Teppich des globalen Imperialismus: wieviel angenehmer und erfreulicher ist es doch, Jens Voigt zu bejubeln, und seinem Sponsor dafuer zu danken, dass er endlich wieder einem Sportler deutscher Nationalitaet zum gelben Trikot verholfe hat.
PS: CSC verkaufte vor einigen Monaten Teile von DynCorp, die die Gewinnmargen des Konzerns haetten druecken koennen. Dabei wurde festgestellt, dass das Geschaeftsfeld der militaerischen Dienstleistungen besonders im Irak zu den expansivsten Sparten des Unternehmens gehoerte. Allein durch den Verkauf verchiedener DynCorp-Bereiche wurde ein Gewinn von 400 Millionen Dollar erzielt. Die gesamten Einnahmen des Konzerns betrugen im Jahr des Irakkrieges 2003 mehr als 11 Milliarden. Dies bedeutet selbstverstaendlich nicht, dass man zb. die profitablen Auftraege zur Entwicklung der IT-Infrastruktur im Irak fallengelassen haette. http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/articles/A62259-2004Dec13.html
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Werner Schettke merkt an:
"Dazu passt, dass im ZDF ... eine Dokumentation zum Training der CSC-Mannschaftim Winter/Frühling d.J. gesendet wurde:
Die Mannschaft war - einschl. Staff - zu einer mindestens 3-tägigen Überlebensübung beim Dänischen Militär mit Tarnanzügen, Helmen und Kriegsgerät und militärischem Instruktor.
Geschickt verbriet Bjarne Riis was man da alles beim Militär lernen konnte: Einsatzwillen, natürlich Kameradschaft und Teamwork, Mut, Selbstverleugnung und Mut, Ivan Basso musste - obwohl er nicht schwimmen kann, ins Wasser.
Alles in Tarnfarben, immer begleitet von Schützenpanzern. Das war sicher nicht nur gute Reklame für CSC-DynCorp, sondern auch für jedwedes Militär. Das war auch versteckte Werbung für den neoliberalen Leistungsgedanken: Alles wird der Leistung untergeordnet.
Die Neoliberalen sind eben stringenter in ihrem Tun und Denken, als alle zerstrittenen Linken zusammen."