2006-12-23
Unternehmen 109: Der Adler ist gelandet
(erschienen am 23.12.2006)
VSV - KAC 5:1
Cavallini und Tyson beim historischen Derby
„Weißt du“, sage ich zum Cavallini, „wenn wir heute den KAC zum 15. Mal hintereinander abfotzen, dann haben wir auch die Derbystatistik gedreht. Dann sind wir das erste Mal voraus. Dann haben wir das erste Mal, mehr Spiele gegen das rote Elend gewonnen, als sie gegen uns. Und auf genau den Tag habe ich jetzt beinahe 30 Jahre gewartet. Das ist der Moment für den ich gelebt habe. Der meinem Leben bis hierher Sinn gegeben hat.“
„Du immer mit deinem Pathos. Und deinen blöden Statistiken. Als ob es nicht sauber wurscht wäre, wer wie oft gegen wen gespielt oder gar verloren hat. Ist doch auch ohne dem ganzen Zahlen Klim-Bim ein blitzsauberes Spielchen. Das Eishockey“, mault mich der kleine Vierbeiner von der Seite her an. „Ich schaue es mir jedenfalls gerne an. Und wenn es schon ein so historischer Tag ist, dann will ich heute zum ersten Mal mit in die Halle.“
„Wie stellst du kleiner einfältiger Flohbeutel, dir das bloß wieder vor. Du als Hund in der Eishalle. Eishockey verrückt hin oder her. Das geht nicht. Und das wird nix. Mein 2. Abo kriegt die Jutta, dein Frauchen. Da fährt die Eisenbahn drüber. Basta.“
2 Stunden später sitzt mein Hund in der Eishalle neben mir auf dem Sitz. Anstatt meiner Frau. Neben ihm sein Kumpel der Tyson, den er unbedingt mitnehmen wollte, weil er ja alleine auf keinen Fall in die Eishalle geht. „Wer weiß, wer da aller unterwegs ist“, hat er noch lapidar gemeint und hat seinen Freund gleich miteingeladen. Gut, dass der Rudi, dem Tyson sein Herrl, auch noch ein 2. Abo hat. Wobei der Kollege zwar im Boxlager zu Hause ist, aber wer weiß, für was das gut ist. Und so haben die Zwei wenigstens ein bisschen Ansprache untereinander. Weil ich kann mich ab jetzt nicht mehr um die zwei ungewöhnlichen Hallenbesucher kümmern. Sie wissen schon, die Schmetterlinge.
Und Pathos hin oder her, denke ich mir. Weil wenn du, von der, in Klagenfurt, angesiedelten, schreibenden Zunft, 29 Jahre, 2 Monate und 11 Tage lang verhöhnt, verspottet und im besten Fall bemitleidet wirst. Wenn du also von den Journalisten diese ganze Zeit über nur gedemütigt wirst, dass ganz Kärnten glaubt, außer dem KAC gäbe es, eisgeschichtlich gesehen, praktisch nix. Die Pasterze vielleicht noch ausgenommen. Oder die Eislutscher von Eskimo. Dann sind wir aber, eismäßig aber auch schon durch. Glauben zumindest die Klagenfurter. Und wenn dann dieser, von den Journalisten und Landeshauptstädtern wie ein Wurmfortsatz behandelter, VSV, hergehen würde und die heilige Kuh KAC, vor versammelter Prominenz, nach allen Regeln der Fleischerzunft schlachten würde, nur noch dieses eine Mal, dann, ja dann, wären wir, der VSV, die Nummer 1 im Land.
Also her mit dem 109. Derbysieg.
All das schießt mir noch durch den Kopf, als der Schiri den Puck zum Eröffnungspully einwirft. Und Eisenbahnerstadt, fällt mir noch ein. Aber da ist der blau-weiße Derbyexpress auch schon unterwegs. Und wie! 1:0, 2:0, 3:0, 4:0, 4:1 und nach etwas mehr als zwei Stunden letztendlich 5:1. So geht das dahin. Und derweil die Klagenfurter noch im eigenen Bahnhof warten, dass wir sie mitnehmen, in diese Partie, ist das Spiel auch schon wieder aus. So schnell haben die gar nicht schauen können. Der Adlerexpress ist in Klagenfurt gar nicht stehen geblieben. Und wenn es für den KAC schon kurz gewesen ist, schmerzlos war es keineswegs. Dafür haben schon wir, die Fans gesorgt. Weil, wenn dich ein Intercity streift, tut das zwar weh, geht aber vorbei. Wenn dann aber auch noch ein Güterzug über dich drüber fährt, und dir den Spott von 30 Jahren auf einmal auf deine Verschub Lok ladet, so quasi im Vorübergehen in die Hand drückt, und du musst das Packerl nicht nur in die Kabine tragen, sondern die nächste Zeit damit herumrennen, dann hilft dir das so, wie dem Ertrinkenden der umgebundene Mühlstein. Und damit hat heute auf alle Fälle ein uraltes Kärntner Naturgesetz seine Gültigkeit verloren. Der KAC ist nicht mehr automatisch und per Dekret die Nummer 1 im Land. Das ist gut so. Zumindest aus Villacher Sicht.
„Mir ist das wurscht“, sagt der kleine Cavallini nach dem Spiel zufrieden zu mir. „Ich habe einen Sieg vom VSV endlich live gesehen, in jeder Pause ein Paarl Frankfurter gefuttert und jetzt will ich nach Hause.“ Und so machen wir uns auf den Weg heim nach Völkendorf. Zufrieden hänge ich meinen Gedanken nach. Lasse das Spiel vor meinem inneren Auge noch einmal ablaufen. Feiere im Geiste noch einmal jedes Tor, als wäre es gerade erst jetzt gefallen. Freue mich für die Adler, die wahrscheinlich längst ihr wohlverdientes Märzen lutschen. Denke an die 15 Siege in Serie gegen den Erzrivalen. An die 2 volle Kalenderjahre, in denen wir keine einzige Niederlage gegen den KAC mehr einstecken mussten. Und die Luft ist vom wunderbaren Duft der Weihnachtskekse und vom wohligen Geruch des Glühweins der Weihnachtsfeiern erfüllt. Und in ganz Villach sind die Menschen glücklich und zufrieden.
Es ist Weihnachten.
vsvfan