2009-03-24
Mit dem Mute der Verzweiflung
Von einer Stadtheiligen und anderem Gesindel
Jetzt hat die Industriellenvereinigung schon wieder eine neue Grauslichkeit gefordert. Zunächst hat sich ja diese dubiose Vereinigung von Paradeliberalen Gedanken über die Ausbildung unserer Kinder gemacht. Da war von Krise für den Normalsterblichen noch nix zu merken, haben die Supermanager der IV bereits gefordert, dass unsere Dreijährigen im Kindergarten schon besser hergerichtet, sprich ausgebildet gehören. Für den späteren Verwertungsprozess in der Industrie. Vorausgeschickt haben sie damals die aus Villach stammende Monika Kohl-Kircher, die eine bessere Selektion unseres Nachwuchses bereits im Kindergartenalter gefordert hat. Trotzdem wird diese furchtbare Frau in Villach seit ihrer Zeit als Vizebürgermeisterin verehrt wie die heilige Madonna. Da kann sie als Vorstand der Infineon Mitarbeiter hinausschmeißen soviel sie will. Sie ist und bleibt Villachs Schutzheilige. Versteh die Menschen wer will, ich nicht.
Danach kam der Vorstoß vom Veit Sorger, dem Boss der IV, der angesichts der heraufdräuenden Krise bereits im Herbst eine 25% Lohnkürzung in der Industrie forderte. Ich kann mir nur vorstellen, dass der gute Mann auf diese Maßnahme gekommen ist, als er in einem sozialen Anfall sich gedacht hat, wenn ich von meiner netto Million, die ich im Jahr verdiene (Das mit der Million ist eine rein hypothetische Annahme. Ich weiß nicht, was der gute Mann tatsächlich verdient. Und wenn ich ehrlich bin, dann interessiert es mich auch gar nicht.) auf 25% verzichte, dann wird es zwar eng für mich, dass ich mit dem bisschen Geld auskomme, aber schließlich muss in der Krise Jeder sein Opfer bringen. Dass die meisten der Industriearbeiter kaum wesentlich mehr als 1000.- Euro netto verdienen und damit ihr Leben gerade mal mehr schlecht als recht bestreiten können, hat er bei seinem irrwitzigen Vorschlag wohl nicht bedacht.
Und jetzt kommt der Generalsekretär daher. Ein gewisser Markus Beyrer. Er darf die nächste Stufe zünden. Nachdem der Einbruch in der industriellen Produktion teilweise bis zu 90% beträgt und der Industrie die Haut beim Arsch nicht mehr zusammengeht, fordert er „rasche und kraftvolle Gegenmaßnahmen“. Was ist darunter zu verstehen?
Große Projekte im Bereich der Infrastruktur und Energieversorgung sollen, laut Beyrer, gesetzlich bevorzugt werden. Das geht dann soweit, dass wenn „öffentliches Interesse“ an einem Projekt besteht, die UVP beschleunigt und, wahrscheinlich meint der junge Mann auch, etwas lässiger durchgeführt wird, oder in anderen Fällen, wie beim Kraftwerksausbau, überhaupt gar nicht mehr notwendig sein soll. Begründung: „Ich werfe den Umweltbewegten vor, dass sie nicht ganzheitlich denken. Man kann nicht zugleich gegen Atomkraft, Gaskraftwerke und Wasserkraft sein.“
Lieber Herr Generalsekretär. Ich bin umweltbewegt und glaube dennoch, dass ich ganzheitlich denke. Ich bin dennoch gegen Atomkraft, gegen weitere Wasser- und Gaskraftwerke, weil ich der Meinung bin, dass wir genügend Energie haben, um ein schönes Leben zu führen. Dafür, dass Sie von Tag zu Tag mehr Energie brauchen, weil Sie in Ihrer grenzenlosen Dummheit ständig mehr produzieren müssen, als die Menschheit benötigt, kann ich und der Rest, der friedlich lebenden Menschen nichts. Sie und Ihresgleichen nehmen sich auf geradezu unverschämte Weise, was immer Sie wollen, weil Sie scheinbar der Meinung sind, die Welt gehöre solch fortschrittlichen Typen wie Ihnen.
„Dabei müssen wir auch in Länder- und in Bürgerrechte eingreifen.“, meint der Industriekapitän weiters und fordert wahrscheinlich endlich Arbeits- und Produktionsverhältnisse, wie sie zum Beispiel in China üblich sind. Ich darf den kleinen Schlaumeier allerdings daran erinnern, dass selbst die chinesische Wirtschaft, trotz ihrer unvorstellbaren Arbeitsbedingungen und trotz praktisch nicht existenten Umweltschutzbestimmungen, in einer unglaublichen Verwertungskrise steckt, sodass alleine heuer im Frühjahr geschätzte 80 (!) Millionen chinesische Wanderarbeiter ihre Arbeit verloren haben. Die Auftragseinbrüche und die darauffolgende Arbeitslosigkeit hat also nicht mit den von Herrn Beyrer kritisierten Umweltstandards und Bürgerrechten in Österreich zu tun, sondern ausschließlich mit dem global gültigem Wertgesetz von Karl Marx und dessen realen Auswirkungen in einer durchkapitalisierten Gesellschaft.
Wahrscheinlich wissen das aber ohnehin alle in der IV, die mehr als acht Jahre Volksschule gemacht haben. Auf den Punkt gebracht, will der Generalsekretär der IV und Seinesgleichen, jetzt unter dem Deckmantel der Notwendigkeit wegen der Wirtschaftskrise sämtliche sozialen Errungenschaften der letzten hundertfünfzig Jahren mit einem Handstreich vom Tisch wischen, damit noch höherem Profit, der von ihm vertretenen Produzenten, nichts mehr im Weg steht.
So ein Neuanfang auf einem weißen Blatt Papier, nach Naomi Klein müsste es heißen, so eine tabula rasa hat natürlich für die Besitzenden einen unwiderstehlichen Charme. Ohne Rücksicht auf das menschliche Material könnten die Industriellen dann endlich produzieren, produzieren und noch einmal produzieren, was ohnehin kein Mensch braucht. Was die IV und ihre Vertreter aber nicht berücksichtigen ist, dass der von ihr mit angeführte Zug der Lemminge bereits den point-of-no-return überschritten hat. Sie glauben immer noch daran, dass sie aus ihrem Falltraum noch rechtzeitig aufwachen werden.
Nur, meine Damen und Herren von der IV, diesmal ist es kein Traum aus dem Sie erwachen werden, sondern diesmal schlagen Sie am harten Boden der kapitalistischen Realität auf. Daher lade ich Sie ein, setzen Sie sich mit uns an einen Tisch, reden Sie mit den Menschen, denken wir gemeinsam über eine Zukunft nach dem Kapitalismus nach und lassen Sie es sich mit uns zusammen einfach gut gehen. Sollten Sie aber an Ihrem kapitalistischen Denken festhalten, dann werde ich Ihnen bei Ihrem harten Aufprall und dem damit verbundenen, unvermeidlichen Sterben emotionslos zusehen.