2006-11-12
Bullenreiten
VSV - Red Bull Salzburg 3:4 n.P.
Ja, ja. Da ist bei uns in Villach kaum der Fasching geweckt, treiben sie uns schon die Bullen durch die Stadt. Und wie. Da kannst du Pamplona getrost vergessen. Die fahren ein Programm, da musst du dich schon warm anziehen. Weil auf den Eisen sind die Stiere fix. Das musst du anerkennen. Aber was wir da heute wieder dagegen gehalten haben, war auch nicht so ohne.
Und auf einmal steht es im letzten Drittel sogar 2:0 für die Adler. Hart erarbeitet. Aber halt leider nicht von Dauer. Genau genommen nur 20 Sekunden lang. Dann steht es 2:1. Mein lieber Herr Gesangsverein. Da müssen wir fiter im Kopf werden. Da darfst du nicht noch im Hirnkastl jubeln, wenn der Puck schon wieder im Spiel ist. Weil die Bullenherde trampelt dir sonst mitten durch den Partykeller. Da musst du schon bei der Sache bleiben. Sonst kennen die da gar nix.
2 Minuten später fällt das 2:2. Wieder saublöd. Eigentlich. Da sind wir kurz eingenickt. Und wie wir munter geworden sind, klauben wir das Gummiding schon wieder aus dem eigenen Kasten.
Aber da kommt dann die Moral ins Spiel. Und von der haben wir heute eine Extraportion zum Frühstück gehabt. In der 58. Minute erschuften wir uns im Schweiße unserer Angesichter und hoch verdient das 3:2. Aber wieder bringen wir das Heu nicht ins Trockene. Weil uns 36 Sekunden fehlen. Da erwischt uns nämlich noch ein kalter Guss. Vom Koch. 3:3. Verlängerung. Penaltyschießen.
Halt, einen Moment. Mein Telefon hüpft und singt. Wer kann das jetzt noch sein? Die Nummer kenn ich gar nicht.
Vsvfan: Hallo!
Jogl: Grüss Sie. Mateschitz spricht. Bin ich mit dem Herrn verbunden, der in der Kleinen Zeitung online unter dem Pseudonym „Vsvfan“ schreibt.
Vsvfan: (verdutzt) Ja. (Ui, der Mateschitz, der Bullentreiber höchstpersönlich)
Jogl: Meine Anwälte haben, wie jeden Tag, das gesamte Internetz durchgegoogelt und sind auf Ihren gestrigen Kommentar gestoßen, in dem Sie mich, den Mateschitz Jogl nennen. Bevor ich klage, wollt ich nur fragen, was Jogl eigentlich heißt.
Vsvfan: Da kann ich helfen. Erstens ist Jogl die Koseform von Jakob und zweitens ist Jogl so etwas wie ein einfältiger Mensch. Vulgo a Tschwote. Harmlos eigentlich.
Jogl: Aber wieso erlauben Sie sich die Frechheit mich einen einfältigen Menschen zu nennen?
Vsvfan: Lieber Herr Mateschitz. Weil Sie ja allen Ernstes glauben, mit Ihren Geld könnten Sie Siege oder gar Meisterschaften kaufen. Und so ein Mensch fällt in Kärnten in die Kategorie "Jogl". Pasta.
Jogl: Ach so. Und deswegen singen eure lustigen Fans auf der Stehertribüne dann so lustige Lieder wie, "Ihr seid die Hure vom Mateschitz".
Vsvfan: Wahrscheinlich schon.
Jogl: Aber wie Sie heute ja gesehen haben, haben wir ja die besseren Spieler. Und über kurz oder lang werden wir im Eishockey genauso den Titel holen, wie bei den Fußballern. Geld verleiht einfach Flügel.
Vsvfan: Geschenkt. Aber schauen Sie. Ihr könnt von mir aus die nächsten 3 Titel in Serie holen. Es würde nix bewegen. Irgendwann verlieren Sie ja doch die Lust am Eishockey. Aber wir in Villach haben schon vor 25 Jahren um den Titel gespielt und wir werden es in 25 Jahren immer noch tun. Das hat was mit Lebensgefühl zu tun. Meister hin oder her. Das hat fast was Religiöses. Das ist gewachsen. Schauen Sie, Sie dinieren im Hanger 7 und wir essen beim Obiditsch Hermann in der Gerbergasse. Und so soll es auch bleiben. Jedem das Seine. Sie brauchen den Meisterpokal als Dekoration für Ihr Büro, wir trinken daraus alle paar Jahre unseren Zaubertrank. Wir leben Eishockey. Das ist der Unterschied. - Außerdem haben die Adler schon Flügel.
Jogl: Sie sind mir ja sogar zu blöd, dass ich Sie verklage. Sieg ist Sieg und Titel ist Titel.
Vsvfan: Man kann das so sehen oder so. Aber weil ich Sie gerade an der Strippe habe, gestatten Sie mir eine abschließende Frage.
Jogl: Ja?
Vsvfan: Wie viel geben Sie eigentlich im Jahr für die Schiedsrichterbetreuung aus?
Jogl: (lacht)
Vsvfan: Im Ernst!
Jogl: Schauen Sie, das ist bei einer Marke wie Red Bull einfach inklusive. Das kostet nichts. Weil wer in die Liga investiert, kriegt dann in den entscheidenden Situationen auch das nötige "Glück" dazu geschenkt. So ist das im Leben. Das war schon beim Strosack aus Weiz so. Das ist die goldene Regel. Und jetzt gehe ich den Sieg feiern.
Vsvfan: Gratulation zum Sieg. Heute war das "Glück", das nichts kostet, ja wohl auf Ihrer Seite. Und danke für den Anruf. Gute Nacht.
Jogl: Gute Nacht. (legt auf)
* * *
Sehen Sie. Da willst du noch ein bisschen übers Eishockey im Allgemeinen und über das Spiel im Besonderen philosophieren. Da willst du noch was über die Wiedergeburt der 3 Musketiere, in Form der wiedervereinten Linie Lanzinger - Kaspitz - Kromp sagen. Da habe ich mir noch vorgenommen über Kraftreserven und Konzentrationsstärken zu reden. Da wollte ich noch über einen indiskutablen Schiri lamentieren. Und auf einmal bist du ganz herausgerissen aus deinen Gedanken. Weil der Red Bull Jogl seinen Triumph noch ein bisschen auf unsere Kosten genießen will. Als täte es nicht reichen, dass wir das Bullenlogo jeden Tag, freiwillig oder unfreiwillig, unter die Nase gerieben bekommen. Samt Gummibärchenaroma.
Ich mach mir jetzt noch einen Espresso.
vsvfan