2007-10-16
Demokratische Eins(ch)icht
Ein in Spittal entwickeltes Modell gegen die Minderheitenprobleme auf der ganzen Welt
Wenn ich ganz ehrlich bin, dann ist mir Tagespolitik ziemlich wurscht. Ich kommentiere sie nicht. Ich glaube auch, dass sie nicht kommentiert werden muss. Schon gar nicht von mir. Sie findet einfach statt und dient dem ihr übergeordneten kapitalistischen System. Ob mit meinem Kommentar oder ohne ihn. Da fallen mir sofort zwei Geschichten ein. Die spielen genau in das Thema Tagespolitik in Verbindung mit dem Robert Kravanja hinein. Die eine ist die mit dem Senf und die andere die mit dem Reissackerl in China.
Wenn ich mich aber doch einmal mit der Tagespolitik auseinandersetze, dann höchstens in ihrer äußerst nutzvollen Form als Kabarettersatz. Sie kennen das sicher vom Kaviar. Wenn du dir den echten nicht leisten kannst, nimmst du den Ersatz. Kannst du dir die Eintrittskarten für das echte Kabarett nicht leisten, dann beschäftige dich wenigstens ein paar Minuten mit Tagespolitik.
Damit wären wir bei einer Geschichte, wie sie, so glaube ich zumindest, nur in Kärnten vorkommen kann, und die über unser Land mehr aussagt, als der Kärntneranzug und die lächerlichen Feiern zum 10. Oktober zusammengenommen.
Protagonist der unglaublichen Story ist diesmal nicht der einfache Jörgl, wie man vielleicht reflexartig annehmen möchte, sondern der Spittaler Bezirkskaiser Gerhard Köfer. So nennt man glaube ich Regenten, die mit Mehrheiten jenseits von zwei Dritteln ausgestattet sind. Wobei man sagen muss, dass er sich seine 71% natürlich hart erarbeitet hat. Zum Beispiel damals, als er noch Kopfgeldjäger anheuerte und auch ausgezahlt hat.
Dass diese 71 Prozent daher nicht unbedingt für die politische Reife der Spittaler Bürger sprechen, sei dahingestellt und wäre einer gesonderten Betrachtung würdig. Wobei, irgendwo im Lesachtal hat bei den letzten Gemeindratswahlen die ÖVP in einer Gemeinde 100% der abgegebenen Stimmen auf sich vereinen können. So scheint halt der demokratische Brauch in unserem schönen Land.
Am Rande hat natürlich aber, wie jede halbwegs lustige Geschichte in Kärnten, auch diese Geschichte vom Köfer Gerhard, mit dem Jörgelen zu tun. Sie erinnern sich sicher noch, wie der Landesvater, ganz weltoffener Staatsmann, den Bau von Moscheen und Minaretten verbieten lassen wollte und meines Wissens noch immer verbieten lassen will. Anlassfall war ein geplanter Gebetsraum für Muslime in Spittal an der Drau. Im Köferland, sozusagen.
Mehr hat er nicht gebraucht, der Jörg. Da hat er sich mit dem hemdsärmeligen Gerhard, der in einer früheren Stichwahl um den Bürgermeister in der Lieserstadt immerhin schon so Kapazunder, wie den früheren Frauenminister Herbert Haupt geschlagen hatte, genau den Richtigen ausgesucht. Da konnte der Kofer, äh pardon Köfer gar nicht anders als diese heikle Angelegenheit selbst in die Hand zu nehmen und zu handeln. Er ließ sogleich den Sprecher der Oberkärntner Moslems, einen gewissen Hasudin Atanovic, zu sich kommen und handelte mit ihm folgenden, aus Köfers Sicht sicherlich historischen, Kompromiss aus.
Wenn die Moslems freiwillig auf den Bau einer Moschee verzichten, dann verbietet der Bürgermeister dieser weltoffenen Metropole, im Gegenzug dafür, in seiner überaus generösen Art, den Bau einer solchen nicht. (Lesen Sie sich den letzten Satz ruhig noch einmal durch. Damit Sie sich das so richtig auf der Zunge zergehen lassen können. Weil das ist schwer zu glauben. Es liegt kein Druckfehler vor. Das ist der Kompromiss.)
Hände wurden geschüttelt, Sektkorken knallten, Blitzlichter flammten auf und dem Haider Jörg in Celovec war das Thema sozusagen unterm Arsch weggezogen worden. Wie der Sessel neben den man sich so gerne setzt, wenn Lausbuben im Zimmer sind.
So werden Probleme also in Spittal gelöst. Mit Fingerspitzengefühl, Sinn für echte Demokratie und einem aufrichtigem Bekenntnis zur Glaubensfreiheit. Und wenn wir uns ehrlich sind, so vernünftige Moslems, die so gescheite Kompromisse eingehen, bräuchten wir auf der ganzen Welt. Weil deren Anführer in Oberkärnten hat seinen Leuten, mit seiner aufgeschlossenen Haltung der Mehrheit gegenüber und dem freiwilligen Verzicht auf die Grundrechte einer Religionsgemeinschaft, immerhin eine ordentliche Tracht Prügel erspart und somit einen wertvollen Beitrag zum respektvollen Miteinander geleistet.
So stellt sich der Deutsch-Kärntner eine ordentliche Minderheit vor.