2004-11-01
Vom Glück wünschen
Die Tanne, der Kürbis und ein Cowboy
Ich mache ja heuer das 38ste Jahr keine Halloween Party.
Obwohl, früher gingen wir auch von Tür zu Tür, läuteten und haben den ganz entzückt öffnenden Hausfrauen oder den mürrischen, weil gerade bei etwas wichtigem gestörten, Pensionisten mit einem Tannenzweig auf ihren Arsch geklopft, dazu den sinnvollen Spruch – „Frisch und Gsund, frisch und gsund, freidenreich, glicklich nei Johr, long leben gsund bleibn, bis es näxstes Johr“ aufgesagt, und dann, nachdem der Opa die Oma auch noch zum durchwichsen an die Tür geholt hatte, unseren eigens für diesen Zweck mitgebrachten Sack aufgehalten, damit die Leute ihr Kleingeld einwerfen konnten. Wenn dann einer sich erdreistete, etwa den Schockochristbaumschmuck oder die Nikolomandarinen, oder die getrockneten Walnüsse aus der eigenen Ernte, in den ausschließlich zum Zwecke des Geld-nach-Hause-Schleppens mitgebrachten Beutel zu werfen, dann konnte er sehen wo er im nächsten Jahr einen her bekam, der ihm den Arsch verdrosch und ihm dabei alles Gute wünschte. Der Krieg war nämlich 30 Jahre vorbei und wir hatten sogar schon Orangen gesehen.
Die ganze Aktion nannten wir „piesnen“, in anderen Kärntner Täler wurde dazu fälschlicherweise auch oft „schaben“ gesagt, und es gab Leute, die nahmen sich am 28. Dezember, dem „ unschuldigen Kindertag“ sogar frei, um ja nicht leer auszugehen, wenn wir, mittels Tannenzweig das Glück von Haus zu Haus brachten. Mein Großvater hat sogar einmal für lange Zeit kein Wort mehr mit mir gesprochen, weil ich am besagten Tag vergessen hatte, ihm auf diese eigenartige, inneralpine Weise Glück zu wünschen. Er, der sich Jahr für Jahr, das Glück auf seinen blanken Hintern verabreichen ließ, und uns Jahr für Jahr erklärte, dass der Zauber anders gar nicht wirken könnte, musste ein volles Jahr ohne seine Ration Glück auskommen, nur weil wir schon zeitig in der Früh aufbrachen, um am Reichhalter-Teich in Lansach Eishockey zu spielen. Immerhin ging es gegen die Tscheuritscher. Und Stuben gegen Tscheuritsch, das war schon was, im damaligen Eishockey.
Jetzt, wo ich in Villach wohne, und wo in der Stadt die Bräuche gerne etwas abgeändert werden, wird der unschuldige Kindertag am 31. Oktober gefeiert. Gut, für einige Menschen mehrt sich der Stress an diesem Tag naturgemäß. Sie wissen schon; der Luther mit seinen 95 Thesen. Der Sparefroh mit seinem Weltspartag. Weiters ist er 304. Tag des Gregorianischen Kalenders, heuer allerdings der 305., weil Schaltjahr, und der längste Tag des Jahres. Er hat heuer immerhin 25 Stunden. Und dazu kommt jetzt natürlich noch das „piesnen“, oder meinetwegen das „schaben“, das jetzt Halloween heißt, und damit ist der Brauch nicht abgekommen. Da ziehen, wie einst wir mit unseren Tannenzweigen, bleichgesichtige, kleine Menschen mit ihren Kürbissen, in die sie seltsame Löcher geschnitten haben, von Haus zu Haus und bringen den Menschen ein klein bisschen Glück.
Hier bricht die Glosse wegen einer zu schneewittchenhaftigen Entwicklung ab. Sie wissen schon. Wo er dann mit dem Jolly Jumper in den Sonnenuntergang reitet.