2004-09-12
Wilde Zeit
Asphaltjunkie
Venedig im Schnee
Hätte ich mich nicht als Pizzabäcker selbstständig gemacht, so würde ich wohl immer noch in der Siemens, obwohl Siemens sagt man ja nicht mehr, es muss natürlich Infineon heißen, an der optischen Endkontrolle von irgendwelchen Microchips sitzen, die fürs ABS oder ESP oder irgendein anderes elektronisch gesteuertes System fürs Auto gebaut werden, nur weil die Konzerne glauben, dass wir zu blöd sind um ein normales Auto zu fahren.
Aber wer bitte ist denn dann die ganze Zeit, die aus heutiger Sicht völlig unzulänglichen Käfers und Kadetts, die Enten und die Minis, die 500er Puch und die Autobiancis gefahren, wenn nicht wir. Und vor allem, wir hatten die Dinger im Griff. Wenn du damals, sagen wir die Dobratschstraße mit einem Käfer raufgebolzt bist, dann hat sich nicht irgend so ein idiotisches elektronisches System mitten in der Kurve zugeschaltet, nur weil es vom rechten Vorderrad die Meldung bekommt, es wäre der Boden unterm Rad ausgegangen, was ja gewissermaßen auch stimmte, aber halt auch gewollt war, wenn man schnell sein wollte. Da überfuhr man schon mal die kurveninnere Seite, wo es halt auch den einen oder anderen Meter runter ging, weil man ja wusste das einen die Fliehkraft in diesen Situationen nie im Stich ließ und sozusagen die drei auf der Straße verbliebenen Räder automatisch und völlig unelektronisch am Asphalt hielt. Und damit hatte natürlich auch das vierte Rad keine Möglichkeit abzustürzen. Heute ruckelts ein bisschen, verabschiedet sich mitten in der Kurve der Chip für die Traktionskontrolle, also sofort Meldung zur Zentrale, Vortrieb stoppen und schon bist unterwegs Richtung Arnoldstein. Keine zu empfehlende Abkürzung, vor allem der Höhenmeter wegen. Da würde ich Ihnen schon lieber die Strecke über Warmbad/Villach und Schloß Steinbichl ans Herz legen. Etwas länger, aber dafür flacher und landschaftlich durchaus schön.
Oder nehmen sie nur einmal die Degradierung der Handbremse her. Weiß der heutige Autofahrer überhaupt noch das ein solches Ding existiert? Und wenn ja, wozu? Gut, Mercedes Fahrer sind in diesem Fall immer schon die Gelackmeierten gewesen, denn die Stuttgarter bauen in ihre Kutschen Feststellbremsen ein. Feststellbremsen!!! Man stelle sich vor! Gut, Mercedes Fahrer sind auch die einzigen, die mit Hut fahren und wir kamen auch gar nie in Gefahr in einen Mercedes einsteigen zu müssen. Wir hatten nämlich keine Hüte.
Mit so einer Handbremse, wenn man sie richtig zu bedienen wusste, konnte man U-Turns in den Asphalt stanzen, dass jedes Reifenhändlerherz Luftsprünge gemacht hat. Heute greift da die automatische Spurkontrolle ein, und anstatt mit eleganten Drifts Hindernisse zu umkurven, pickst du sofort auf der Mauer. Oder den Baum. Such es dir aus. Ist ja auch viel sicherer, die automatische Spurkontrolle. Na ja, wer es glaubt.
Allerdings glaube ich ja auch, dass sich das Handy nie durchgesetzt hätte, wenn die Autokonzerne die Funktionsweise der Handbremsen nicht aufs Feststellen reduziert hätten (Mercedesprinzip; siehe oben). Denn erst als die rechte Hand im Auto keinen Sinn mehr machte, begann der Siegeszug des Telefonino, weil wir ja nicht mehr wussten was tun, mit der Rechten. Du kannst ja nicht den ganzen Tag Wurstsemmeln essen, beim Autofahren. Also musste das Handy her. Und auch diese Chips kontrollierte ich optisch end, oder sagt man endkontrollierte ich optisch. Und würde es heute noch tun, wäre ich nicht Pizzabäcker geworden.
Obwohl, lieber wäre ich ja Schneekugelbauer geworden.