2005-07-03
Frankreichausflug - 3
Erste Durchhalteparolen
Eigentlich könnte man sagen, die Tour 2005 ist gelaufen. Außer natürlich es ist für den Einen oder Anderen interessant, wer Zweiter oder Dritter wird. Oder wer das Bergtrikot einheimsen wird. Oder wer der Sprinterkönig sein wird. So dominant und überlegen war Der Lance Armstrong gestern auf den ersten 19 Kilometern.
Klar, kann man sagen, wenn der Ullrich am Freitag nicht durch die Heckscheibe seines Betreuerfahrzeuges fliegt, wäre er wahrscheinlich beim Zeitfahren vom Cowboy nicht eingeholt worden und damit mit der Höchststrafe belegt worden. Aber das sind alles Ausreden. Denn der Texaner kommt jetzt schon seit sieben Jahren in Höchstform und ohne Unfälle und ohne Viruserkrankungen zur Tour. Dass das den anderen nicht möglich ist, dafür kannst du den Ami ja nicht verantwortlich machen. Und wahrscheinlich könnte er noch die nächsten 13 Jahre antreten und er würde in gleicher Manier gewinnen, wie er es auch heuer tun wird. Aber, und ich finde hier tröstliche Worte, die Tour beginnt ja erst heute.
Wenden wir unseren Blick also frohen Mutes auf die ersten Etappe.
Ab heute schlagen wir uns die nächsten 5 Tage in Richtung Osten quer durch Frankreich bis wir Deutschland erreichen. Das heißt topfebenes Gelände. Und das heißt wiederum vom Start weg fahren wie die Sau. Weil am Anfang versuchen immer Ausreißergruppen ihr Glück und schrauben das Tempo enorm hoch. Und das bedingt wieder, dass zum Ende hin das Hauptfeld, und in ihm vor allem die Mannschaften der Sprinter, die Ausreißer stellen will. Das gelingt praktisch immer. Aber damit Sie sich auch ein Bild vom Tempo machen können, denken Sie sich folgenden Vergleich.
Setzen Sie sich in eine dieser Unsitten, die sich in letzter Zeit auf unseren Straßen ausbreitet wie Syphilis unter einer Schiffscrew auf Landurlaub. In ein Mopedauto. Das geht immerhin 45. Aber mit diesem leidigen Gefährt werden Sie keine Chance haben, bei der Tour eine Etappe zu gewinnen. Nur damit Sie eine ungefähre Ahnung davon bekommen, was die Jungs da für eine heiße Spur in den französischen Asphalt schnitzen.
So, topfeben also. Und daher auch heute das lustige Spiel „Fang die Spitzengruppe“. Denn schon bei Kilometer 14 bildet sich die erste Spitzengruppe, aus der heraus sich dann 4 Fahrer als die unbelohnten Deppen des Tages herauskristallisieren. Namentlich, David Canada (Sp - SDV), Laszlo Bodrogi (Ung - C.A), Sylvain Calzati (Fra - AG2R) , und Voeckler (Fra -BTL), aha – da war ja was in der Fahrerparade. Der Voeckler hat also scheinbar einen ähnlichen Coup vor, wie im letzten Jahr. Wird ihm aber heute nicht gelingen. Trotzdem, sehr sympathisch der Bursche. Gefällt mir.
Die 4 sind also voraus und werden den ganzen Tag an der langen Leine spazieren geführt. Das heißt, dass es den Leuten im Hauptfeld ganz gut passt, dass da vorne einige ihre Gesichter in die Fernsehkameras halten. Weil dann ist im Feld hinten Ruhe. Und dann brauchen die Teams der Sprinter nur auf den letzten 50 km das Loch auf die Ausreißer zufahren, und zwar am besten so fies, dass der Zusammenschluss frühestens auf den letzten 10 km passiert.
Ab dann ziehen die Sprinterteams nämlich das Tempo hoch, und zwar so hoch, dass es für alle Fahrer unmöglich ist, in dieser Phase des Rennens nochmals wegzukommen. Logische Konsequenz: Massensprint.
Und das hat auch seinen Reiz. Weil da liegen dann, gerade auf den ersten paar Etappen, immer ein paar auf dem Rücken, respektive auf der Fresse. Für die Favoriten eine höllische Zeit. Und daher Regel Nummer 2: Halte dich aus allem raus. Und das am besten, in dem du dich ganz vorne aufhaltest. Aber bei Tempo 60 ist das auch keine ganz leichte Übung. Vor allem nach 181 km.
Wie dem auch sei: Das Peleton holt die Ausreißer, genau wie vorausgesagt, 6 km vor dem Ziel ein.
Das heißt jetzt für die Sprinter die Ärmel aufgekrempelt und auf ein Ritzel zu schalten, wo sich unsereins die Beine bricht. Das heißt aber auch, dass wir heute Bernhard Eisel, den Unsrigen, weit vorne erwarten dürfen. Denn der Steirer ist in einer Superform. Ob er allerdings gewinnen kann, ist eine andere Frage.
Es wird tatsächlich ein knackiger Sprint. Den Eisel haben sie zwar eingeklemmt, und sogar zu Boden gezwungen. Das tut dem Spaß für Tom Boonen (Bel) aber genau gar nichts. Er gewinnt nach unwiderstehlichen Sprint die Etappe. Durchschnitt über 47 km/h. Von wegen Mopedauto – ha.
Hier die Etappenwertung:
1 BOONEN Tom QST BEL
2 HUSHOVD Thor C.A NOR 00' 00"
3 MC EWEN Robbie DVL AUS 00' 00"
4 O’GRADY Stuart COF AUS 00' 00"
5 PAGLIARINI Luciano LIQ BRA 00' 00"
6 FLECHA Juan Antonio FAS ESP 00' 00"
7 WROLICH Peter GST AUT 00' 00"
8 PINEAU Jérôme BTL FRA 00' 00"
9 COOKE Baden FDJ AUS 00' 00"
10 DAVIS Allan LSW AUS 00' 00"
Und die Gesamtwertung:
1 ZABRISKIE David CSC USA
2 ARMSTRONG Lance DSC USA 00' 02"
3 BODROGI Laszlo C.A HUN 00' 47"
4 VINOKOUROV Alexandre TMO KAZ 00' 53"
5 HINCAPIE George DSC USA 00' 57"
6 LANDIS Floyd PHO USA 01' 02"
7 CANCELLARA Fabian FAS SUI 01' 02"
8 VOIGT Jens CSC GER 01' 04"
9 KARPETS Vladimir IBA RUS 01' 05"
10 GONZALEZ GALDEANO Igor LSW ESP 01' 06"
Zum Schluss noch der Blick auf meine 10 Jungs.
Ivan Basso (Italien), Position 21; -1´26”
Santiago Botero (Kolumbien), Position 26; -1´30“
Alexander Vinokourov (Kasachstan), Position 4; -0´53“
Lance Armstrong (USA), Position 2; -0´02“
Jan Ullrich (Deutschland), Position 12; -1´08“
Iban Mayo (ESP), Position 171; -3´15“
Alejandro Valverde (ESP), Position 82; 2´24“
Roberto Heras (ESP), Poition 80; 2´20“
Levi Leipheimer (USA), Position 14; 1´13“
Yaroslav Popovych (Ukraine), Position 17; 1´18“
Die Trikots sind wie folgt verteilt:
Gelb (Gesamtführender): ZABRISKIE David USA
Grün (bester Sprinter): BOONEN Tom BEL
Polka (Bergpreisbester): VOECKLER Thomas FRA
Weiß (bester Rookie): CANCELLARA Fabian SUI
Team: CSC
Soweit für heute. Keep on cycling.