2009-03-20
Lustig ist das Zigeunerleben…
Wie sich Geschichte immer und immer wieder wiederholt
Falls Sie es noch nicht mitbekommen haben. Über Europa liegt schon wieder der Hauch jenes penetranten Geruchs, wie damals, in der dunklen Zeit, als die zu Tode geschundenen und gequälten Menschen in Vernichtungslagern verbrannt wurden. Menschen, die wegen ihrer Religion, ihrer Hautfarbe, ihrer Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe, ihrer politischen Gesinnung, ihrer sexuellen Ausrichtung oder wegen ihrer körperlichen oder geistigen Behinderung einfach abgeholt und auf die eine oder andere grausame Art und Weise geschändet und ermordet wurden. Halten Sie Ihre Nase ruhig einmal in den Wind. Stinkt es nicht schon wieder nach verbranntem Menschenfleisch?
Und wieder will es zum Zeitpunkt an dem es passiert, keiner wissen. Später kann man sich immer noch wünschen, dass man es gerne gewusst hätte. Und wenn man es gewusst hätte, ja dann, dann hätte man natürlich etwas getan. Zu mindestens etwas gesagt. Selbstverständlich. Aber haben Sie, geneigter Leser, in den letzen Wochen einen Aufschrei durch Europa hallen gehört? Ich nicht. Ganz leise, hinter vorgehaltener Hand und oft sehr versteckt wurde über die Vorkommnisse in einem europäischen Land berichtet. Und auch ich habe es bisher verdrängt und weiß nicht, was zu tun ist. Ich weiß mir daher nicht anders zu helfen und kann nichts anderes tun, als es Ihnen weiterzusagen. Damit auch Sie davon wissen.
In Europa werden wieder europäische Menschen verfolgt. Wegen der Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe, die ähnlich den Juden, eine Jahrhunderte dauernde Verfolgung erdulden musste und muss. Und Europa, wir, sie und ich, schauen zu. Nein, wir schauen weg.
In Ungarn tötet der Mob Angehörige der Volksgruppe der Roma. Er steckt in der Nacht mit Molotowcocktails deren ohnehin armseligen Häuser in Brand. Wenn dann die Roma, zuletzt in Tatarszentgyörgy die Familie Csorba, in Panik vor den Flammen aus ihren Häusern flüchten, dann erschießt sie der gerechte Volkszorn mit Schrottflinten, wie der gerechte Jäger das Niederwild bei der Treibjagd erschießt und es anschließend zur Strecke bringt. Zuletzt lagen in dieser Strecke Robert Csorba und sein vierjähriger Sohn, den er im Arm tragend, vor dem Feuer in Schutz bringen wollte.
Sechzehn feige Anschläge dieser Art hat es in jüngster Zeit in Ungarn gegeben. Die Politik und die Öffentlichkeit stehen diesem hasserfüllten, pogromartigen Treiben hilflos gegenüber. Oder sie drehen sich überhaupt weg. Oder sie unterstützen es sogar offen. Wie ein guter Freund von Ex-Ministerpräsident Orban, der rechte Journalist Zsolt Bayer, der völlig ungeniert schreibt: “Leider haben ungeheuer viele aus dem Zigeuner-Ethnikum die Zugehörigkeit zur Menschheit aufgekündigt. Sie sind leider Tiere, gefährliche wilde Tiere, und als solche sind sie zu behandeln.“
Auch andere Länder wie Italien gehen gegen die Minderheit der Roma radikal vor. Im letzten Jahr hat Innenminister Maroni, auch Fraktionsvorsitzender der rassistischen Lega Nord, die neuste Regierungsmaßnahme bekannt gegeben. Es wird eine Kartei speziell für Sinti und Roma geben, die eine DNA - Datenbank mit dem so genannten digitalen Fingerabdruck und Fotos von jedem Einzelnen enthält. Selbst kleine Kinder sollen auf diese Weise registriert werden. Für diese Datenbank hat die Regierung ein faschistisches Gesetz aus dem Jahr 1941 wieder in Kraft gesetzt.
Ich zünde für Robert Csorba und seinen kleinen Sohn Robert Csorba jun. auf kärnöl eine Kerze an. Symbolisch. Zum Gedenken und zur Warnung. Und zur Erinnerung für uns, wenn wir uns in 40 Jahren zu unseren Enkeln sagen hören werden, wir haben ja nichts gewusst.