2004-05-19
EU-Verfassung: Alles paletti ????
Über den vaterländischen Konsens und seine Dissidenten
Zunächst einmal wie es in den Medien rüberkommt:
ENTWEDER, ODER!
"Ein ersten Zusammentreffen der Kärntner Spitzenkandidaten für die Europa-Wahl am 13. Juni gab es Montagabend in Klagenfurt. Dabei sagten Franz Grossmann (FPÖ), Wolfgang Bulfon (SPÖ), Hubert Pirker (ÖVP) und der Bundesspitzenkandidat der Grünen, Johannes Voggenhuber, ein klares „Ja“ zur geplanten EU-Verfassung. Grossmann forderte eine Volksabstimmung darüber. ..."
(Kleine Zeitung, 12. Mai 04, S. 16, Kärnten intern von Antonia Gössinger)
Soweit der „Bericht“. Das, was Frau Gössinger da berichtet, ist einerseits in der Sache korrekt: Es gibt einen Konsens zwischen FPÖ-SPÖ-ÖVP-Grünen. Ganz zufällig hat sie halt vergessen zu erwähnen, dass es – außerhalb dieser „Blockparteien“ – auch warnende Stimmen gab (auch auf der genannten Podiumsdiskussion).
Zurück zum großen Konsens: Er erinnert makaber an den Hurrapatriotismus vor dem 1. Weltkrieg, als damals die Sozialdemokraten „umfielen“, auf ihren Internationalismus pfiffen und alles sein wollten, nur mehr keine „Vaterlandslosen Gesellen“. „Ich kenne keine Parteien mehr ...“, war ja damals der Sager.
Bernhard Obermayr, hier bei der kärnöl-Akademie
ESF - Parisvom
15. 12. 2003, ist Mitglied von
ATTAC Österreich und des Beirates für gesellschafts-, wirtschafts- und umweltpolitische Alternativen (BEIGEWUM)
Links dazu:
kärnöl-Akademie: ESF - Paris
ATTAC Österreich
BEIGEWUM
GEGEN DEN STROM
Eine Einschätzung der EU-Verfassung von Bernhard Obermayr vom 15. Dezember 2003: Man kann sehr viel sagen, nur ein paar Blitzlichter zur Gesamteinschätzung
Neoliberalismus wird Staatszielbestimmung,. Das ist das durchgängige Credo in der Verfassung, dies ist alles einseitig auf diese Ideologie des Neoliberalismus ausgerichtet. Das ist das, worum es in der EU geht.
Militärische Gewalt wird zu einem zentralen Element der europäischen Politik – und das kann man auch verknüpfen miteinander, Die Ziele der Europäischen Union etwa im Außenverhältnis sind Förderung des Freihandels, sind die Vertretung der wirtschaftlichen Interessen gegenüber anderen Ländern. Wenn ich parallel dazu Militär derart stark als Instrument zur Durchsetzung der eigenen Interessen verwende, dann kann ich mir auch vorstellen, wo die EU militärisch intervenieren würde. Der Unterschied zwischen der EU und den USA in diesem Bereich ist ja, dass die EU einfach militärisch schwächer ist. Dort wo die EU oder ihre Mitgliedsstaaten wie Frankreich militärisch interveniert, da geht es immer um die selben Interessen wie sie auch die USA hat. Frankreich etwa interveniert in Westafrika, wenn die Ölinteressen von Elf Aquitaine in Gefahr sind. Nie aus humanitären Gründen.
Trotzdem muss man bei einer Gesamteinschätzung auch sagen, es gibt auch positive Dinge drinnen. Man würde es sich zu einfach machen, das alles zu ignorieren.
- Die Grundrechtscharta ist auf alle Fälle ein solcher Fortschritt, auch wenn sie weniger ambitioniert ausgefallen ist. Das ist etwas, wo man auch zukünftig drauf bauen sollte und sie im politischen Diskurs halten.
- Genauso wie einige Zielformulierungen, die vorkommen,
- aber auch die kleine Aufwertung des europäischen Parlaments, auch wenn es noch immer kein demokratisches Parlament ist.
Ganz wichtig für die Gesamteinschätzung ist, dass Änderungen sehr schwer durchführbar sind. Und das ist wirklich ein Knackpunkt. Es gibt einen sehr komplizierten Änderungsprozess dieser Verfassung und Giscard Destaign, also der Präsident des Konvents, hat auch gesagt, dass diese Verfassung – wenn sie in Kraft tritt - auf 30-50 Jahre angelegt ist. Also das ist gefährlich, sich so langfristig, vor allem mit einem derart einseitigen Werk zu binden. Wenn man nur die zwei ersten Teile hätte, wo einigermaßen ordentlich Ziele formuliert werden und der Grundrechtskatalog drin ist, könnte man sagen: Na gut, das kann man auf Dauer einzementieren, weil das präjudiziert noch nicht die konkrete Politik, die dann gemacht wird. Aber mit dem 3. Teil, der die Politik festschreibt, ist das sehr gefährlich und das ist eben eine Festschreibung einer wirklich überholten Politik, einer Politik, die massiv bekämpft wird, vor allem im Wirtschaftsbereich, im Neoliberalismus, aber auch im Militärbereich. Wir hatten im letzten Jahr die wirklich größten Antikriegsdemonstrationen und da war, wenn man sich Umfragen anschaut, kein Land unter 80% Ablehnung des Krieges. Und genau in dieser Situation das Militär derart festzuschreiben auch in irgendeiner Form ein undemokratischer Akt.