2005-02-24
Gentechnik für Klimaschutz???
Eine absurde Fehlentwicklung - Kommentar von Christian Salmhofer
Christian Salmhofer ist Klimabündnis-Koordinator für Kärnten. Kontakt: kaernten@klimabuendnis.at
Erkennen globaler Zusammenhänge ist Voraussetzung für effizienten Klimaschutz. Werden sie ausgeblendet, wird Klimaschutz leicht zur Durchsetzung von Interessen mächtiger Wirtschaftszweige missbraucht. Unrühmliches Beispiel dafür ist der Einsatz von Gentechnik für den Klimaschutz!
So wurde beim letzten Klimagipfel in Mailand 2004 der Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzenarten, die durch schnelleres Wachstum angeblich mehr CO2 speichern, abgesegnet. Der Anbau riesiger Gentech-Monokultur-Plantagen wird als Entwicklungshilfe und als CO2-Einsparung im eigenen Land anrechenbar sein.
Die Versprechungen ...
Wirtschaftslobbys forcieren innerhalb der EU den Einsatz von „Biotechnologie“, so die euphemistische Umschreibung des Wortes Gentechnik. Nach Meinung der Gentech-Konzerne soll die Biotechnologie die Herstellung von Biomasse, Bioenergie, Bio-Kunststoffen und Bio-Textilien aus pflanzlichen Produkten die Landwirtschaft revolutionieren. Pflanzen werden die Quelle für Brennstoffe, organisch verderbliche Kunststoffe, umweltfreundliche Reinigungsmittel und Arzneimittel sein, so die Versprechungen.
Die neuen, stressresistenten Pflanzen können nach Ansicht der EU-Kommission die landwirtschaftliche Produktivität unabhängig von Saison- und Klimaschwankungen erhöhen, während sie weniger Dünger, Pestizide und Wasser benötigen würden.
Der Konzern Monsanto bewirbt seine Gentech-Produkte als „klimafreundlich“, da sie die maschinelle Bearbeitung des Bodens und der Pflanzen verringere. Dadurch blieben große Mengen von CO2 und CH4 im Boden gebunden, sodass die CO2-Emissionen der USA um 30 % (!) abnehmen würden.
... und die Realität
Doch die Realität sieht anders aus: In der Praxis stieg der Chemikalieneinsatz bis zum fünffachen. Und nirgendwo gab es bisher Einsparungen von Düngemittel.
Beispiel Argentinien: In den ersten drei Anbau-Jahren war der Pestizid-Einsatz zwar geringer, dann stieg aber der Verbrauch an Pflanzenschutzmitteln drastisch an. Im Anbaujahr 2003/04 mussten argentinische Gentech-Soja-Bauern pro Hektar bereits um 58 Prozent mehr des Pflanzengifts Glyphosat spritzen als noch vor wenigen Jahren. Gestiegen ist aber auch die fatale Abhängigkeit der Farmer: Das eigene Saatgut für Sojabohnen kostet pro Hektar 16 Dollar, Monsantos Produkt schlägt sich dagegen mit 100 Dollar zu Buche.
Und last but least fördert der jährliche, dauernde Einsatz des Herbizids die Entwicklung resistenter Wildpflanzen. Dieser Effekt konnte in zahlreichen Studien auch an Gentech-Soja in den USA festgestellt werden.
Trotz der erheblichen Schwierigkeiten halten die Konzerne unbeirrt an der Biotechnologie fest. Im Irak wird zum Beispiel gerade die Landwirtschaft marktwirtschaftlich umgestaltet. Die Wünsche des US-Marktführers Monsanto, der sich bereits im Vietnam-Krieg mit der Herstellung des hochgiftigen „Agent Orange“ für die chemische Kriegsführung zur Entlaubung des Baumbestandes hervorgetan hatte, stehen dabei im Vordergrund. Die irakischen Kleinbauern erhalten keine Subventionen mehr.
„Um die Versorgung des Irak mit hochwertigem Getreide zu sichern“ und den „Wiederaufbau der irakischen Landwirtschaft“ voranzutreiben, wird das uralte System der irakischen Bauern – die Aussaat von gesetzlich nicht reguliertem Saatgut – durch die neuen Gesetze der US-Besatzer verboten. In Zukunft soll nur noch patentiertes Saatgut der transnationalen Konzerne zum Einsatz kommen. Tatsächlich aber wird dadurch Konzernen wie Monsanto, Syngenta, Bayer und Dow Chemical die „Durchdringung der irakischen Landwirtschaft ermöglicht“.
Die Alternative
Die Alternative ist die biologische Landwirtschaft. Sie ist nicht nur gentechnikfrei, auch der Energieverbrauch ist wesentlich geringer. Biolandbau verbraucht aufgrund des Verbots chemischer Düngemittel bzw. Spritzmittel und durch den Verzicht importierter Futtermittel wie Soja aus Brasilien 65 % weniger CO2 als konventioneller Landbau.