2006-11-03
Ein erster Blick auf die Welt
Es wäre absurd, von Globalisierung zu reden, ohne den Globus zu sehen. Daher schauen wir uns zuerst einmal spielerisch die Verteilung der Weltbevölkerung und des von ÖkonomInnen gemessenen „Reichtums“ an – symbolisiert durch je 25 Papierfiguren und in Goldpapier gewickelte Pralinen.
Was bereits eine oberflächliche Betrachtung der Verteilung klar macht, sind die ökologischen Grenzen des Ganzen. Die werden von der herrschenden Wirtschaftstheorie ausgeblendet: Wie realistisch ist eine Option, die ganze Welt nach unserem Grundschema – allerdings in einer später behandelten verschärften Version – zu „entwickeln“?
Was blendet die Verteilung aus? Abgesehen, dass die Zahlen nicht die unterschiedliche Kaufkraft wiedergeben, blenden sie aus:
1) Die Verteilungsfrage innerhalb der großen 5 Blöcke in sozialer Hinsicht (zwischen Armen und Reichen in einem Land) und zwischen den Staaten innerhalb der Blöcke;
2) die Genese - hängt der Reichtum der Einen mit dem der Anderen zusammen (Dependenztheorie);
3) Die ökologischen Kosten der Entwicklung bei uns – viele Nieten sind da „eingewickelt“, die müssten wir einmal auswickeln um zu echter Ent-wicklung zu kommen (es ist sozusagen „nicht alles Gold, was glänzt“) .... Ein Teil dieser Widersprüche der herkömmlichen Wohlstandsmessung der ÖkonomInnen werden mit dem ISEW (Index of Sustainable Economic Welfare) berücksichtigt.
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4) Wenn man sich die Zahlen anschaut, muss man sich die Frage stellen: Wie können die Menschen in den armen Regionen von dem Wenigen leben? Selbst wenn man die Kaufkraftunterschiede mitberücksichtigt (die außerdem nicht überall gegeben sind, in Brasilien z.B. kostet Vieles gleich viel wie in Österreich) kann wohl niemand von einem Fünfzigstel unseres Gehaltes leben. Wie geht das?
Grafik – Scheinwerfer der Ökonomie: Um im Bild mit den in Goldpapier eingewickelten Pralinen zu bleiben: Vieles ist nicht eingewickelt, was aber sehr wohl zum Leben / zum Wohlstand beiträgt. Eva Lang vergleicht dies mit einer Bühne mit einem Scheinwerfer: Alles, was außerhalb des auf das Geld gerichteten Scheinwerfers da ist, wird von der klassischen Ökonomie nicht gesehen. Erst wenn wir den Saal erhellen würden, wäre auch das übrige Wirtschaften zu erkennen.
Entwicklung heißt oft nur „einwickeln“ (um wieder das Bild der Schokopralinen zu strapazieren): Leistungen, die schon in einer Gesellschaft erbracht wurden, werden mit Geld versehen, sie werden in den Kreislauf der WAREN einbezogen. Klassisches Beispiel wäre ein Volk von Indigenas, die vielleicht in relativem Wohlstand im Regenwald leben, aber nichts zum „BIP“ beitragen. An dieser Stelle setzt der „klassische Entwicklungsgedanke“ der Ökonomie ein: Da wird das Land der Indigenas von InvestorInnen okkupiert und z.B. eine Sojaplantage angelegt. Die ursprünglichen BewohnerInnen sind nun um ihre Lebensgrundlage gebracht und „dürfen“ sich nun – wenn sie Glück haben! – als Landarbeiter verdingen. Das Soja wird z.B. als Futtermittel verkauft. Das BIP Brasiliens steigt, obwohl - oder besser: weil – es den meisten Beteiligten wesentlich schlechter geht.
Graphik "formelle-informelle Sektoren" zeigt nun systematisch die Dimensionen von „Wirtschaft“:
A) Ein bedeutender Teil von Wirtschaften (die Eigenversorgung z.B. mit Lebensmitteln aus Gärten, die Versorgungsarbeit innerhalb der Familie, Pflege von Alten im eigenen Kreis, die „Kinderaufzucht, das unbezahlte Lernen, Ehrenamtlichkeit, Reparatur und Instandsetzung aus eigener Kraft ...) wird nicht gesehen, weil dieser nichts mit Geld zu tun hat. Wie groß dieser „informelle Teil“, der zu 2/3 von Frauen geleistet wird, ist, kann man nicht sagen, denn dies hieße Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Sicher ist: Er ist sehr bedeutend, auch in den industrialisierten kapitalistischen Ländern.
B) Aber auch der in die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung eingehende Teil ist nur zum Teil „die Wirtschaft“, zumindest in Ländern wie Österreich haben wir eine hohe „Staatsquote“ (z. Zt. je nach Berechnung zwischen 43 und 46%): Das ist natürlich nicht rein staatlich (Heer, Pflichtschulen ...), sondern im weitesten Sinne öffentlich (Krankenkassen) bzw. gemeinnützig (Wohnbaugenossenschaften ...), oder zumindest massiv öffentlich beeinflusst.
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Und wie lauten die offizielle Strategie? Beispiel EU siehe nebenstehende Grafik.
Angesichts dieser Defizite von BIP, BSP und Co. stellt sich - im Sinne von Asterix - die Frage: Spinnen die Ökonom/innen?
Wie könnte eine nachhaltige Gesellschaft aussehen? Ein Vorschlag zu Herangehensweise und Rahmen ... hier