2005-03-01
Gen - (ie) - streiche
Von Gloria Petrovics und Astrid Konrad - erschienen im ÖIE-aktuell 112 (Februar 2005)
Patentierte Gene – was geht das mich an? Hat das nicht was mit Gentechnik zu tun? Ich ziehe meine eigenen Bioparadeiser am Balkon und die Riesenkürbisse von Opa sind auch nicht gentechnisch verändert. Der passt schon auf beim Samenkaufen.
Glauben Sie!
Aber was passiert, wenn der technologiegläubige Nachbar gentechnisch veränderte Paradeiser oder Gurken anbauen würde?
Die Bienen, nichtsahnend von patentierten Genen, tragen den Pollen fröhlich wie immer von Blüte zu Blüte, aber diesmal – Sie ahnen es schon – sind patentierte Gene drinnen (vom Nachbarn). Ihre Paradeiser oder Opas Kürbis wird bestäubt – mit gentechnisch veränderten Pollen. Die Samenkörnchen in den Paradeisern oder die leckeren Kürbiskerne enthalten auf einmal das patentierte Gen irgendeines Agrochemiekonzerns, zum Beispiel Monsanto. Auf einmal kommen etwas undurchschaubare Herrn und nehmen Proben von Ihren Paradeisern oder Opas Kürbissen und verkünden schließlich, dass Sie oder Opa unerlaubterweise das patentierte Gen xy von Monsanto verwendet hätten. Dies sei eine Patentverletzung, Sie müssten Lizenzgebühr zahlen, weil Sie sonst geklagt werden könnten.
Sie halten das für einen Blödsinn?
Genau das ist aber einem kanadischen Bauern namens Percy Schmeiser passiert. Natürlich nicht nur mit Topfparadeisern, sondern mit einem ganzen Feld voller Raps. Dort tauchten Gene der Firma Monsanto in seinen Pflanzen auf. Monsanto klagte Percy Schmeiser auf riesige Summen Lizenzgebühr. Wie die Gene auf Schmeisers Feld kamen, weiß man bis heute nicht genau. Den Richtern war das egal, sie fanden, dass er eine Patentverletzung begangen hatte. Das muss man sich einmal vorstellen: dafür, dass sein Raps mit den fremden Genen verschmutzt wurde, soll er auch noch bezahlen. Der Prozess ging bis zum Höchstgericht. Dieses gab der Firma Monsanto wegen der Patentverletzung recht; zum Glück musste Schmeiser wenigstens nichts zahlen, weil die Richter befanden, dass er in diesem Fall von den patentierten Genen keinen wirtschaftlichen Vorteil hatte. Der Schaden, der ihm durch die Verunreinigung des Saatguts entstand und jahrelange Züchtungserfolge zunichte machte, wurde ihm jedoch nicht ersetzt.
Falls Sie, um zu Ihren Paradeisern oder Opas Kürbissen zurückzukommen, aber die geernteten Samen selbst wieder anbauen möchten, dann müssten Sie, zumindest in Kanada, sehr wohl zahlen, denn dann haben Sie ja einen Vorteil aus dem Saatgut.
Wie die europäischen Richter in so einem Fall urteilen würden? Wir sollten es darauf nicht ankommen lassen und schleunigst gegen diesen Unfug etwas unternehmen. Diese Rechtsmaterie ist in der sogenannten „Biopatentrichtlinie“ der EU geregelt, die die Patentierung von Lebewesen ermöglicht und noch dazu zahlreiche Widersprüche enthält. Unterstützen Sie uns, damit diese Richtlinie geändert wird und die Patentierung von Pflanzen und Tieren verboten wird! Dann ist auch der Bereich „Gentechnik in der Landwirtschaft“ für die Konzerne nicht mehr so lukrativ und Sie müssen nicht mehr befürchten, in allem, was Sie essen, fremde, künstlich eingeschleuste Gene zu finden.
Vizekanzler Gorbach und sein Ministerium wollten die Biopatentrichtlinie auch in Österreich umsetzen, sie wurde aber aufgrund von Widerständen im Dezember 2004 von der Tagesordnung genommen. Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben – wir müssen auf der Hut bleiben!
Zu den Autorinnen:
Dipl.-Ing. Gloria Petrovics und Mag. Astrid Konrad sind Mitglieder der ATTAC Inhaltsgruppe „Pflanzenpatente“. Kontakt: akonrad2003@yahoo.com, http://www.attac-austria.org
Am 11. März findet mit Astrid Konrad in Villach eine Veranstaltung zu "Patente auf Leben" statt. 18.00 Uhr, Büro des Bf1W/ÖIE, Rathausgasse 2/1