2005-09-17
Konzentration in der Saatgut-Industrie 2005
Presseausendung der ETC-Group, Sept. 2005
Die 11 größten Saatgutkonzerne.
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Das neueste Komunique der ETC-Group (Action Group on Erosion, Technology and Concentration) über die Konzentrationstendenzen im Bereich der Saatgut-Industrie zeigt den gegenwärtigen Trend zu Übernahmen und die Änderungen in der Größenordnung auf.
Laut ETC-Group kontrollieren die 10 führenden privaten Saatgutfirmen die Hälfte des komerziellen Handels mit Saatgut. Mit einem Weltmarkt von ca. 21 Milliarden US-Dollar pro Jahr ist die kommerzielle Saatgutindustrie relativ klein im Vergleich zum Weltmarkt an Pestiziden (35,4 Milliarden US-Dollar) und geradezu kümmerlich, wenn man sich die Verkaufszahlen die Zahlen der Pharmazeutik-Industrie anschaut (466 Milliarden US-Dollar). Aber die Kontrolle und der Besitz an Saatgut durch die Konzerne - dem ersten Glied in der Nahrungsmittelkette - hat weitreichende Konsequenzen für die weltweite Nahrungssicherheit: Eine einzige Firma - Monsanto - kontrolliert nun 41 % des Weltmarktes an kommerziellem Saatgut von Mais und ein Viertel des Saatgutes für Sojabohnen. Auf die Saatgut- und Biotechnologieproduktlinien des selben Konzerns entfallen 88% des weltweit angebauten gentechnisch veränderten Saatguts im Jahr 2004.
Der ETC-Report beinhalten Tabellen mit den 20 führenden Saatgutfirmen, deren Erwerbungen und / oder Zweigwerken. Der gesamte Text des zwölfseitigen Kommiques kann kostenlos auf der Homepage der ETC-Group www.etcgroup.org abgerufen werden.
Zur Bedeutung: Mit der Kontrolle über Saatgut und Agrarforschung in ein paar wenigen Händen ist die Nahrungsmittelversorgung zunehmend durch die Launen von Aktionen am Markt verletzbar. Konzerne setzen auf niedrigste Ausgaben und eine Erhöhung der Einnahmen der Aktionäre - nicht etwa auf Ernährungssicherheit. Letztlich bedeutet das Oligopol der Saatgutindustrie weniger Wahlmöglichkeiten für die Bauern. So prüft eine neue Studie des US Department of Agriculture die Folgen der Konzentration im Saatgutbereich für die Forschung im Bereich der Agro-Biotechnologie. Die Studie belegt: Weniger Wettbewerb geht einher mit weniger Forschung und Entwicklung. Trotz der gegenteiligen Beteuerungen der Saatgutindustrie ist das Ergebnis der Konzentrationsprozesse weniger Innovation - und nicht etwa mehr.
Die Akteure: Eine handvoll transnationaler Firmen, die Gengiganten, dominieren den globalen Saatgutmarkt. Monsanto, Dupont, Syngente - alles weltweit führende Pestizidfirmen - führen die Meute an.
Die Politik: Die Konzentrationsprozesse der Saatgutindustrie sind zentrale Themen von zivilgesellschaftlichen Gruppen und Bauernorganisationen, die daran arbeiten, ein von der Landbevölkerung und Bauern kontrolliertes Saatgutsystem zu unterstützen und zu erhalten und die sich gegen politische und technische Maßnahmen zur weiteren Privatisierung des Saatguts wenden. Regierungen müssen (müssten!) die Folgen der Verschmelzungsprozsse in der Saatgutindustrie für Ernährungssicherheit und Biodiversität auf der Zweijahreskonferenz der FAO im November ansprechen - ebenso wie auf der "Konferenz der Parteien (COP8) zur UNO-Konvention über biologische Vielfalt" (20.-31. März 2006 in Curitaba, Brasilien).
Die 11 führenden Saatgutfirmen (basierend auf den Umsatzzahlen 2004): siehe Grafik oben
Weiter grundsätzliche Informationen darüber, woher das Saatgut überhaupt kommt, welche Regeln es da prinzipiell gibt, findet man im Beitrag von Astrid Konrad Patentierung von Pflanzen?
Übersetzung und Grafik: Walther Schütz
Eine Anmerkung des Übersetzers: So interessant und wichtig es ist, die konkreten Akteure, ihr Ideologien und die Realitäten zu kennen, so verwundert doch das immer wieder unterschwellig durchschimmernde Vertrauen in den Markt, das von den Autor/innen der Studie ausgeht. Der Markt mit seiner Konkurrenz ist es ja, der zur Konzentration führt! Und als ob nicht genau deswegen jeder Marktakteur auf möglichst wenig Aufwand bei maximalen Gewinn schauen müsste! Das beginnt nicht erst dann, wenn aus normalen Unternehmen Konzerne geworden sind. Ob da nicht die Autoren der ETC-Group ihrem eigenen Anliegen - nämlich einer nichtmarktgemäßen Saatgutproduktion durch die Landbevölkerung - enen Bärendienst leisten?