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2006-02-13

Manifest gegen die Arbeit (14)

Verfasst von der Gruppe rkrisis (1999)

Inhalt

  1. r Die Herrschaft der toten Arbeit
  2. r Die neoliberale Apartheidsgesellschaft
  3. r Die neo-sozialstaatliche Apartheid
  4. r Zuspitzung und Dementi der Arbeitsreligion
  5. r Arbeit ist ein gesellschaftliches Zwangsprinzip
  6. r Arbeit und Kapital sind die beiden Seiten derselben Medaille
  7. r Arbeit ist patriarchale Herrschaft
  8. r Arbeit ist die Tätigkeit der Unmündigen
  9. r Die blutige Durchsetzungsgeschichte der Arbeit
  10. r Die Arbeiterbewegung war eine Bewegung für die Arbeit
  11. r Die Krise der Arbeit
  12. r Das Ende der Politik
  13. r Die kasinokapitalistische Simulation der Arbeitsgesellschaft
  14. r Arbeit läßt sich nicht umdefinieren
  15. r Die Krise des Interessenkampfes
  16. r Die Aufhebung der Arbeit
  17. r Ein Programm der Abschaffungen gegen die Liebhaber der Arbeit
  18. r Der Kampf gegen die Arbeit ist antipolitisch

Sobald die Arbeit in unmittelbarer Form aufgehört hat, die große Quelle des Reichtums zu sein, hört und muß aufhören die Arbeitszeit sein Maß zu sein und daher der Tauschwert [das Maß] des Gebrauchswerts. [...] Damit bricht die auf dem Tauschwert ruhnde Produktion zusammen und der unmittelbare materielle Produktionsprozeß erhält selbst die Form der Notdürftigkeit und Gegensätzlichkeit abgestreift.
(Karl Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 1857/58)

14. Arbeit läßt sich nicht umdefinieren

Nach Jahrhunderten der Zurichtung kann sich der moderne Mensch ein Leben jenseits der Arbeit schlechterdings nicht mehr vorstellen. Als imperiales Prinzip beherrscht die Arbeit nicht nur die Sphäre der Ökonomie im engeren Sinne, sondern durchdringt das gesamte soziale Dasein bis in die Poren des Alltags und der privaten Existenz. Die "Freizeit", schon dem Wortsinne nach ein Gefängnisbegriff, dient längst selber dazu, Waren "aufzuarbeiten", um so für den nötigen Absatz zu sorgen.

Aber sogar jenseits der verinnerlichten Pflicht zum Warenkonsum als Selbstzweck legt sich der Schatten der Arbeit auch außerhalb von Büro und Fabrik auf das moderne Individuum. Sobald es sich aus dem Fernsehsessel erhebt und aktiv wird, verwandelt sich jedes Tun sofort in ein arbeitsähnliches. Der Jogger ersetzt die Stechuhr durch die Stoppuhr, im chromblanken Fitneßstudio erlebt die Tretmühle ihre postmoderne Wiedergeburt und die Urlauber schrubben in ihrem Auto Kilometer herunter, als müßten sie die Jahresleistung eines Fernfahrers erbringen. Selbst noch das Vögeln orientiert sich an DIN-Normen der Sexualforschung und an Konkurrenzmaßstäben der Talk-Show-Prahlereien.

Erlebte König Midas es immerhin noch als Fluch, daß alles, was er berührte, sich in Gold verwandelte, so ist sein moderner Leidensgenosse über dieses Stadium bereits hinaus. Der Arbeitsmensch merkt nicht einmal mehr, daß durch die Angleichung an das Muster der Arbeit jedes Tun seine besondere sinnliche Qualität verliert und gleichgültig wird. Im Gegenteil: nur durch diese Angleichung an die Gleichgültigkeit der Warenwelt mißt er einer Tätigkeit überhaupt erst Sinn, Berechtigung und soziale Bedeutung zu. Mit einem Gefühl wie Trauer etwa kann das Arbeitssubjekt nicht viel anfangen; die Verwandlung von Trauer in "Trauerarbeit" indes macht diesen emotionalen Fremdkörper zu einer bekannten Größe, über die man sich mit seinesgleichen austauschen kann. Selbst noch das Träumen wird so zur "Traumarbeit", die Auseinandersetzung mit einem geliebten Menschen zur "Beziehungsarbeit" und der Umgang mit Kindern zur "Erziehungsarbeit" entwirklicht und vergleichgültigt. Wo immer der moderne Mensch auf der Ernsthaftigkeit seines Tuns beharren will, hat er auch schon das Wort "Arbeit" auf den Lippen.

Der Imperialismus der Arbeit schlägt sich also im alltäglichen Sprachgebrauch nieder. Wir sind nicht nur gewohnt, das Wort "Arbeit" inflationär zu verwenden, sondern auch auf zwei ganz verschiedenen Bedeutungsebenen. "Arbeit" bezeichnet längst nicht mehr nur (wie es zutreffend wäre) die kapitalistische Tätigkeitsform in der Selbstzweck-Mühle, sondern dieser Begriff ist zum Synonym für jede zielgerichtete Anstrengung überhaupt geworden und hat damit seine Spuren verwischt. Diese begriffliche Unschärfe bereitet den Boden für eine ebenso halbseidene wie gängige Kritik der Arbeitsgesellschaft, die genau verkehrt herum operiert, nämlich vom positiv gedeuteten Imperialismus der Arbeit aus. Der Arbeitsgesellschaft wird ausgerechnet vorgeworfen, daß sie das Leben noch nicht genug mit ihrer Tätigkeitsform beherrscht, weil sie den Begriff der Arbeit angeblich "zu eng" faßt, nämlich "Eigenarbeit" oder "unbezahlte Selbsthilfe" (Hausarbeit, Nachbarschaftshilfe usw.) daraus moralisch exkommuniziert und nur marktgängige Erwerbsarbeit als "wirkliche" Arbeit gelten läßt. Eine Neubewertung und Erweiterung des Arbeitsbegriffs soll diese einseitige Fixierung und die damit verbundenen Hierarchisierungen beseitigen.

Es geht diesem Denken also gar nicht um die Emanzipation von den herrschenden Zwängen, sondern lediglich um eine semantische Reparatur. Die unübersehbare Krise der Arbeitsgesellschaft soll dadurch gelöst werden, daß das gesellschaftliche Bewußtsein bislang inferiore Tätigkeitsformen neben der kapitalistischen Produktionssphäre "wirklich" in den Adelsstand der Arbeit erhebt. Aber die Inferiorität dieser Tätigkeiten ist eben nicht bloß das Ergebnis einer bestimmten ideologischen Betrachtungsweise, sondern gehört zur Grundstruktur des warenproduzierenden Systems und ist durch nette moralische Umdefinitionen nicht aufzuheben.

In einer Gesellschaft, die von der Warenproduktion als Selbstzweck beherrscht wird, kann als eigentlicher Reichtum nur gelten, was in monetarisierter Gestalt darstellbar ist. Der davon bestimmte Arbeitsbegriff strahlt zwar imperial auf alle anderen Sphären aus, aber nur negativ, indem er diese als von sich abhängig kenntlich macht. Die Sphären außerhalb der Warenproduktion bleiben so notwendigerweise im Schatten der kapitalistischen Produktionssphäre, weil sie in der abstrakten betriebswirtschaftlichen Zeitsparlogik nicht aufgehen - auch und gerade dann, wenn sie lebensnotwendig sind wie der abgespaltene, als "weiblich" definierte Tätigkeitsbereich des privaten Haushalts, der persönlichen Zuwendung usw. Eine moralisierende Erweiterung des Arbeitsbegriffs statt seiner radikalen Kritik verschleiert nicht nur den realen gesellschaftlichen Imperialismus der warenproduzierenden Ökonomie, sondern fügt sich auch bestens in die autoritären Strategien der staatlichen Krisenverwaltung ein. Die seit den 70er Jahren erhobene Forderung, auch die "Hausarbeit" und die Tätigkeiten im "Dritten Sektor" als vollgültige Arbeit gesellschaftlich "anzuerkennen", spekulierte zunächst auf finanzielle staatliche Transferleistungen. Der Krisenstaat allerdings dreht den Spieß um und mobilisiert den moralischen Impetus dieser Forderung im Sinne des berüchtigten "Subsidiaritätsprinzips" gerade gegen ihre materiellen Hoffnungen.

Das Hohelied auf "Ehrenamt" und "Bürgerarbeit" handelt nicht von der Erlaubnis, in den ziemlich leeren staatlichen Finanztöpfen stochern zu dürfen, sondern wird zum Alibi für den sozialen Rückzug des Staates, für die anlaufenden Zwangsarbeitsprogramme und für den schäbigen Versuch, die Krisenlast hauptsächlich auf die Frauen abzuwälzen. Die offiziellen gesellschaftlichen Institutionen geben ihre soziale Verpflichtung preis mit dem ebenso freundlichen wie kostenlosen Appell an "uns alle", doch gefälligst fortan mit privater Eigeninitiative eigenes wie fremdes Elend zu bekämpfen und keine materiellen Forderungen mehr zu stellen. So öffnet die als Emanzipationsprogramm mißverstandene Definitions-Akrobatik am weiterhin geheiligten Arbeitsbegriff dem staatlichen Versuch Tür und Tor, die Aufhebung der Lohnarbeit als Beseitigung des Lohns unter Beibehaltung der Arbeit auf der verbrannten Erde der Marktwirtschaft zu vollziehen. Unfreiwillig wird damit bewiesen, daß soziale Emanzipation heute nicht die Umwertung der Arbeit, sondern nur die bewußte Entwertung der Arbeit zum Inhalt haben kann.

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