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2012-10-10 Karnt'n is lei ans? Fragen und Thesen Erstveröffentlichung 18. 3. 2009 auf kärnöl.
Mit der Präzision eines Uhrwerks sorgen die (mittlerweile) zwei Landesgedenktage, der 10. und der 11. Oktober für veritable Magenverstimmungen bei "echten" Kärntnern. Die dabei unvermeidlichen Bäuerchen verursachen dann – mit derselben Präzision wie der Refrain in einem Kärntnerlied – einen Diskurs, der die Ursachen dieses Leidens in der "Andersartigkeit" Kärntens verortet. Es seien eben die typisch Kärntner "Ewiggestrigen" (DER STANDARD, Rubrik Meinung, 9. 10. 2012) oder die "Angst vor der eigenen slowenischen Großmutter" (Volksmund) oder etwas ähnliches, aber eben typisch Kärntnerisches, was just zu dieser Zeit das Rülpsen im Land auslöse. Walther Schütz hat sich darüber schon 2009 seine Gedanken gemacht. Diese sind aktueller denn je. Das intime Verhältnis von Kärntner/innen und Antikärntner/innen und der Versuch einer Dekonstruktion dieses Beziehungsgeflechts . 1. Wie es dargestellt wird Seit Jahren, nein Jahrzehnten wiederholt sich ein Ritual: In Kärnten schneidet die FPÖ, nunmehr das BZÖ, im Vergleich zu anderen Bundesländern überproportional gut ab. Wo einstens eine Sozialdemokratie, von der man sagte, dass sie einem Punschkrapfen gleiche (außen rosarot, innen braun), das politische Geschehen dominierte, da ist heute Blau-Orange-Braun eine immer stärker dominierende Kraft. Das ist das Eine. Was an solchen Zuschreibungen unschwer zu erkennen ist, ist ein – durchaus verständlicher – Frust. Aber was verständlich und nachvollziehbar ist, muss deswegen noch lange nicht für eine Erklärung ausreichen bzw. richtig sein. Und solche Bilder können zwar kurzfristig dem eigenen Seelenfrieden, der eigenen Beruhigung in der Abgrenzung dienlich sein, allerdings können sie – so zumindest meine These – ausgesprochen kontraproduktiv wirken. 2. Versuch einer Einordnung 2.1 Das Allgemeine am Besonderen Es ist üblich, dass Kärnten in der Literatur als „Sonderfall" abgehandelt wird. Mit der Kategorisierung als Abweichung wird implizit die Normalität als unhinterfragter Maßstab genommen. Dass eine solche Wahrnehmung in der sogenannten kärntenkritischen Szene so weit verbreitet ist, ist einigermaßen erstaunlich, zeugt sie doch selbst von dem, was man den Anderen vorwirft, von einiger Provinzialität und einer gewissen Liebe zum Objekt des Hasses. Denn bereits ein oberflächlicher Blick lässt erkennen, dass die letzten Jahrzehnte gekennzeichnet sind von einer erschreckenden Karriere von Rechts-Populist/innen quer durch die meisten Staaten des kapitalistischen Weltzentrums (über die politischen Verhältnisse an der Peripherie des Weltsystems an anderer Stelle). Auch wenn sich dieser „Rechtspopulismus" je nach regionalem / lokalem Kontext verschieden äußert und auch wenn die Verankerung dieser Ideologien nicht überall gleich „nachhaltig" ist, wäre es ein Fehler, den Wald vor lauter Bäumen (sprich: den durchgängigen Trend vor lauter Einzelfällen) nicht mehr zu sehen. Daran schließen sich Fragen an, wie: Warum eigentlich haben Rechtspopulist/innen mit ihrer Propaganda Erfolg – was passiert da mit den Menschen, dass sie empfänglicher geworden sind? Ja was ist überhaupt „Rechtspopulismus?" [1] Verrückte Verhältnisse und die Vernunft der Demokratien Wenn von „Rechtspopulismus" die Rede ist, wird stillschweigend etwas vorausgesetzt, von dem sich dieser unterscheidet: Die Normalität, die politische Mitte. Dieser wiederum liegt eine ganz spezifische Form des gesellschaflichen Miteinanders zugrunde, die, so paradox es klingen mag, eine „ungesellschaftliche Gesellschaftlichkeit" ist: Im Zentrum der Gesellschaftlichkeit / der Funktionsteilung steht nicht etwa die Absprache auf gleicher Augenhöhe, sondern wir treten miteinander in Kontakt über die Produktion von Gütern in der Form von Waren: Diese Produktion des stofflichen Reichtums in der Warenform bedeutet, dass mir die Güter nur dann zugute kommen, wenn ich dafür zahlen kann, also Geld habe. Potenziell ist das Verhungern vor vollen Regalen in dieser Form einer ungesellschaftlichen Gesellschaftlichkeit immer eingeschrieben. Die andere Seite dieser Form des Miteinanders ist die Erwerbsarbeit. So wie die Ware nicht einfach das Ding ist, das die Bedürfnisse befriedigt, so ist die Erwerbarbeit nicht einfach die Tätigkeit, die mir und uns gegenseitig hilft. Vielmehr ist Erwerbsarbeit ein Tätigsein, bei dem ich immer unter dem Druck stehe, meine Mitmenschen aus dem Produktionsprozess zu drängen, auf dass sie nicht mich aus dem Produktionsprozess hinausdrängen und damit dem ökonomischen Untergang ausliefern. Gleichzeitig muss ich schauen, dass immer irgendein mit Geld Ausgestatteter von mir abhängig bleibt, sodass ich etwas verkaufen kann. Dabei muss mir im Grunde – Gewissen hin oder her – egal sein, ob es sich bei meiner Ware, die ich auf den Markt werfe, um ein Biomüsli, eine Pflegeleistung, ein allradgetriebenes Geländefahrzeug mit Chromfelgen oder eine Landmine handelt. Hauptsache, ich finde einen Käufer / eine Käuferin und ich produziere die Ware immer schneller, immer billiger, in immer größeren Mengen – also immer „effizienter", wie das Zauberwort dazu heißt. Nur eines darf nicht passieren: Dass dieses sinnentleerte, mit Furcht besetzte Hackeln endet. Das alles ist einerseits bekannt, wir handeln einfach gemäß diesen Zwängen. Kaum jemandem ist andererseits die Verrücktheit der „ungesellschaftlichen Gesellschaftlichkeit" wirklich bewusst, vielmehr erscheinen uns Konkurrenz und Tauschen als zur Natur des Menschen gehörig. Aber trotz alledem war und ist den Menschen der Traum vom anderen Leben nicht gänzlich auszutreiben: Die Beleidigung des menschlichen Geistes, die Nachdenken nur in dem Sinne zulässt, wie man im Hamsterrad besser funktioniert (und das als Freiheit definiert!!!! – siehe z.B. für die Arbeiter/innenklasse die entlarvenden Termini „Unselbständiger" für den „abhängig Beschäftigten" / „Lohnabhängigen"), ist auf Dauer nur aufrecht zu erhalten durch Bildung und Politik: Sie gehören wie das Yin zum Yang, sie sind nicht das Gegenteil, sondern die Kehrseite der Medaille eines paradoxen gesellschaftlichen Miteinanders. Daher lautet der Lehrplan des Bildungsapparates „Höherentwicklung des Einzelnen zur Einsicht in die Notwendigkeit", und „Einsicht in die Notwendigkeit" ist das Programm regierungsfähiger Parteien, von Rinks bis Lechts. „Einsicht in die Notwendigkeit", das ist das, was die fleischgewordene journalistische Vernunft eines Hubert Patterer in der Kleinen Zeitung predigt, wenn es wieder einmal darum geht, in einer Welt des überquellenden stofflichen Reichtums den Menschen den Gürtel enger zu schnallen. Und recht hat er gegenüber allen gutmenschlichen Illusionen von der freien Gestaltbarkeit der Verhältnisse in der democracy: Die tragenden Säulen eines solchen Systems lassen sich nicht einfach abwählen! Allerdings war für ein paar Jahrzehnte die Situation gegeben, dass das Wachstum dieser Wirtschaft so hoch war, dass die erdrückende Perspektivelosigkeit des Systems weniger stark zum Ausdruck kam: Es war möglich, den Menschengruppen außerhalb der Eliten einen Konsum zukommen zu lassen, der die akute Not beseitigte und den Frust teilweise kompensierte; es wurden so viele Arbeitskräfte gebraucht, dass der Konkurrenzdruck unter den Arbeitenden, aber auch zwischen den Unternehmen sank, ja teilweise mussten sogar zusätzlich sogenannte „Gastarbeiter/innen" in den Produktionsprozess hereingeholt werden. Am Höhepunkt dieser Konjunktur wurde sogar die Idee der Selbstbestimmung wieder geträumt – wenn auch in der domestizierten Form der „Mitbestimmung". Und Teilen der Jugend stiegen gar die Flausen zu Kopf: Sogenannte postmaterielle Werte, Konsumkritik etc. kamen auf. Und es war die Zeit, in der in Österreich der Rechtspopulismus eingedämmt schien in Form einer FPÖ, die ein Dasein am Rande der Politik fristete: Quasi als „Ewiggestrige", einem biologischen Ende entgegensehend. Die Zuspitzung der verrückten Verhältnisse und der Vernunft Seit ein paar Jahrzehnten nun haben rechtspopulistische Bewegungen enorme Erfolge. Egal,welche Böcke sie, wenn sie irgendwo an der Regierung sind, schießen, egal, wie korrupt und unfähig sie im Sinne einer staatlichen Verwaltung des kapitalistischen Systems sind: Wie Phönix aus der Asche tauchen sie nach irgendeinem Skandal, einer Spaltung etc. wieder auf. Da stellt sich die Frage, warum denn das so ist? Da reicht als Erklärung nicht aus, irgendwelche Kontinuitäten aus der NS-Vergangenheit zu bemühen. Vielmehr deutet alles darauf hin, dass – gemäß dem Diktum von Max Horkheimer, wonach vom Faschismus schweigen solle, wer vom Kapitalismus nicht reden will – die Faktoren, weggefallen sind, die die kapitalistischen Verhältnisse so weit abgeschwächt haben, dass die Menschen an ihnen nicht vollends verrückt wurden. Die Sinn- und Perspektivelosigkeit eines Lebens im Kapitalismus ist vielmehr seit den 80er Jahren schrittweise erst so richtig zum Vorschein gekommen:
KOMA|AMOK: Verrückte Verhältnisse machen die Menschen verrückt[2] Damit ist eigentlich klar, dass es falsch ist, den Erfolg des Rechtspopulismus als ein Problem des rechten Randes, als ein Problem der „Zurückgebliebenen und Dummen" darzustellen. Vielmehr ist es ein Problem, das aus der Mitte der Gesellschaft, das heißt aus der Form, wie wir alle miteinander umgehen, entspringt. Es ist hier nicht der Platz, die verschiedenen Facetten des Rechtspopulismus zu thematisieren, hier nur ein paar kurze Hinweise auf den Aspekt der „emotionalen Wärme": Im Bekanntenkreis konnte ich beobachten, dass die auf Landeskosten an die Haushalte versandte DVD über die Leistungen des BZÖ durchaus nicht etwa einen Skandal auslöste, sondern gut ankam, weil „wir", „unser Land", „die Kärntner/innen" so positiv dargestellt würden. Auch das persönliche Abholen-Können von irgendwelchen Einmalzahlungen wurde nicht etwa als Erniedrigung empfunden, sondern es vermittelte bei vielen Menschen das Gefühl, dass da jemand da sei, der sich persönlich um sie kümmere.[3] 2.2 Das Besondere im Allgemeinen Nun treten die genannten rechtspopulistischen Phänomene zwar fast überall auf, mit einer besonderen Massivität aber in Kärnten. An dieser Verdichtung macht sich nun auch das begründete Unbehagen am politischen Klima in Kärnten fest. Eine gängige Diagnose lautet in etwa: Kärnten ist ein Sonderfall, wozu es durch Sonderfaktoren geworden sei. Es sei in der Entwicklung „hinten nach", die geistigen Eliten, die Gebildeten hätten das Land verlassen, ... (siehe auch Zitate am Beginn des Beitrages). Eine solche Diagnose halte ich für hochproblematisch, ja zum Teil sogar für krautfalsch. Und zwar nicht etwa, weil die genannten „Eigenheiten" Kärntens nicht bestehen würden, sondern weil hier Erscheinungen als Ursachen benannt werden, die meines Erachtens aber eher nur Beschreibungen sind, die ihrerseits einer strukturellen Erklärung bedürfen. Bei der gängigen Kärnten-Kritik kommt aber eine Analyse der Strukturen kaum vor. Zentral für den hier vertretenen Ansatz ist, dass a) Kärnten als kapitalistische Gesellschaft mit all den Widersprüchen dieser Gesellschaftsform gesegnet ist und dass hier wie andernorts die zunehmenden Widersprüche auch zu immer prekäreren, von immer mehr Ängsten besetzten sozialpsychologischen Erscheinungen mit ihren Verdrängungen, Übertragungen etc. führen (siehe oben) – no na net! b) Kapitalistische „Entwicklung" bildet nie gleichförmige Raumstrukturen aus, sondern kennzeichnend für die kapitalistische Entwicklung sind Zentren und Peripherien in allen möglichen Abstufungen von Subzentren, Halbperipherien ... Dabei ist das Zentrum-Peripherie-Verhältnis nicht einfach eines von weiterentwickelt und weniger entwickelt oder von Arm und Reich, sondern Zentrum und Peripherie stehen in einem Abhängigkeitsverhältnis. Die Peripherie ist auf das Zentrum ausgerichtet, zu all den „normalen" kapitalistischen Widersprüchen kommt auch noch eine Deformation innerhalb der kapitalistischen „Logik". Dieses Zentrum-Peripherie-Verhältnis ist nicht nur eines in ökonomischer, sondern auch eines in ideologischer Hinsicht: Unfähig und unwillig, die verhängnisvollen Säulen der kapitalistischen Vergesellschaftung zu kritisieren, fühlt der sich doch so brav bemühende Streber mit seiner „ehrlichen anständigen Arbeit" voller Komplexe: Zurückgesetzt und nach „oben hin" benachteiligt gegenüber dem Zentrum und durch das Zentrum (außen: Wien, Piefkes, Brüssel, innen: die Konzerne, das Finanzkapital. die Ostküste, ...) und „nach unten hin" bedroht von den „Minderen", die in der Hierarchie noch weiter unten sind (außen: der Serbe, der Türke, innen: die Minderleister, die Sozialschmarotzer, die Ausländer ...). Kärnten? Nun kann man, wie bei jeder Betrachtung, die den Fokus auf einen speziellen Fall / ein bestimmtes Individuum / eine besondere Region legt, durchaus Sonderfaktoren benennen. Zentraler Sonderfaktor für Kärnten ist die sogenannte „Kärntner Urangst", der geistige Abwehrkampf der „Deutsch-Kärntner/innen" gegenüber der autochthonen slowenischen „Minderheit". Aber handelt es sich dabei überhaupt um eine Besonderheit? Die Nationsbildung mit ihrer teils freiwilligen, teils erzwungenen Assimilation von Menschen zu vereinheitlichten Bevölkerungen ist ja nicht vom Himmel gefallen, sondern nur im Zusammenhang mit der Entstehung von kapitalistischen Funktionsräumen (Volkswirtschaften) und den dazugehörigen Staatsapparaten sinnvoll erklärbar. Diese Prozesse der Nationsbildung waren und sind immer mit Gewalt und Ausgrenzung verbunden, allerdings lässt sich die Tendenz erkennen, dass, je später die kapitalistische Entwicklung in einer Region eingesetzt hat, diese Prozesse umso schwieriger und umso gewalttätiger abgelaufen sind. Bereits die deutsche und italienische Nationsbildung war im Vergleich zur englischen und französischen schwieriger. Am deutschen Nationalismus lässt sich zeigen, dass die Unsicherheit über die eigene Nation zu einer besonders aggressiven Variante geführt hat. Noch stärker war dies in „Deutsch"-Österreich. Die zunehmenden Schwierigkeiten lassen sich relativ leicht erklären, traten doch die neuen Staaten innerhalb eines kapitalistischen Weltsystems nicht auf einer tabula rasa auf, sondern in einem – in zunehmendem Maße – bereits wirtschaftlich und politisch vorgeprägten Feld. An dieser Stelle wage ich nun die Behauptung, dass in der Herausbildung des kapitalistischen Weltsystems mit seinen Zentrum-Peripherie-Beziehungen Kärnten eher nördlichster Teil „der südosteuropäischen Peripherie" denn Teil des nordwestlichen europäischen Zentralraumes (mit seinem Subzentrum Wien) ist. Von daher ist die „Abwehr des Balkans" (in einem psychologischen Sinne) erklärbar. In Kombination mit der „normal-wahnhaften" kapitalistischen Vergesellschaftung und ihren Zerfallserscheinungen in der Systemkrise kehren hier halt die ideologischen „Dämonen" früher und massiver zurück, soferne sie überhaupt jemals gänzlich verschwunden waren. ... (zum Charakter der Krise: → „Crashkurs Krisis"; → „Was steckt hinter der Globalisierung?") 3. Die Kehrseite der Medaille als Teil derselben Sollte ich mit meiner Einschätzung halbwegs richtig liegen, so ist die gängige „Kärntenkritik" (Sonderfall Kärnten, Hoffnung in die weltoffenen Gebildeten, in die Eliten ...) eben KEINE Kritik im Sinne des Durchdringens der Problemlage, sondern selbst Teil des Problems, und zwar auf mehreren Ebenen: 1. Es ist zunächst einmal schlicht ein Fehler, vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr zu sehen, sprich: Vor lauter Sonderfällen dahinter nicht den Krisenkapitalismus erkennen zu können; 2. Zugleich ist es mehr als nur ein Fehler, es ist eine Reinwaschung bzw. kritiklose Anerkennung des Systems, während die Schuld den einzelnen Menschen zugebeutelt wird. Das ist schlichtweg „liberal": den kapitalistischen Wahn in seiner offenen Version vertretend. 3. Eine solche Nichtanalyse geht aber auch über die ideologische Funktion der Reinwaschung hinaus: Vielmehr ist diese, als Kritik daherkommende, liberale Schelte integraler Teil des Problems, Ich möchte dies an zwei Beispielen verdeutlichen: Anstatt die berechtigten Sorgen über das mittels EU durchgesetzte neoliberale Modell aufzugreifen und an der Kritik auf Basis eines fundierten Staats- und Gesellschaftsverständnisses mitzuwirken, wird von liberaler Seite nur abgewiegelt und so die Kritik in ein ressentimentgeladenes Schimpfen umgeleitet (dazu → 11. Gebot: Du sollst den Staat lieben); Anstatt den sich verschärfenden Konkurrenzdruck zu thematisieren und Modelle der Kooperation und der Überwindung des (Erwerbs-)Arbeitswahns anzudenken, wird der sog. „Chancengerechtigkeit" (durch Bildung) das Wort geredet. Chancengerechtigkeit ist aber das genaue Gegenteil von solidarischen Lebensentwürfen (dazu Birgit Mahnkopf → Viele Wege führen ins 3. Jahrtausend). Wenn nun genau von der Seite, von der man sich Solidarität erwartet, nur die „gerechte" Ausgestaltung des Konkurrenzdruckes kommt, dann braucht man sich nicht wundern, wenn viele Menschen dann den Schluss ziehen, dass es nur darum ginge, das Konkurrenzsystem (das sie ohnehin durch sozialdarwinistische Prägung zutiefst verinnerlicht haben) durch Ausschluss von potenziellen Konkurrent/innen für sich und die ihren kuschelig herzurichten. Es gehört wohl zum ideologischen Zustand der Peripherie, dass sich hier nicht – wie in den Zentren – der Rechten gegenüber eine (wie auch immer problematisch argumentierende) Linke herausbildet, sondern dass Opposition sich fast ausschließlich als liberale Variante des Kapitalismus formiert. Sch... . Zum Weiterlesen Franz SCHANDL, Politisches Marodieren. Phänomenologie und Charakter der Haider-Bewegung. ... → mehr . [1] Ich gehe hier nicht auf den Links-Populismus ein. Dies einerseits, weil dieser im Zusammenhang mit Kärnten ja keine Rolle spielt. Andererseits ist auch die Frage, ob es einen solchen Links-Populismus überhaupt gibt: Ein Populismus, der zwar „links" daherkommt, aber Systemfragen populistisch verkürzt, wird immer bei Feindbildern, bei Personalisierungen und Biologisierungen landen und daher „rechts" sein (siehe etwa die unselige Heuschrecken-Metapher) ... zurück zum Text . [2] Den Hinweis auf dieses Palindrom verdanke ich Stephan Jank ... zurück zum Text . [3] Mimenda hat in diesem Zusammenhang eine interessante Stelle aus Adornos „Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit" eingebracht: „Überdies ist es eine Illusion, daß das nationalsozialistische Regime nichts bedeutet hätte als Angst und Leiden, obwohl es das auch für viele der eigenen Anhänger bedeutete. Ungezählten ist es unterm Faschismus gar nicht schlecht gegangen. Die Terrorspitze hat sich nur gegen wenige und relativ genau definierte Gruppen gerichtet. Nach den Krisenerfahrungen der Ära vor Hitler überwog das Gefühl des »Es wird gesorgt«, und gar nicht nur als Ideologie von KdF-Reisen und Blumenkästen in Fabrikräumen. [...] Die viel berufene Integration, die organisatorische Verdichtung des gesellschaftlichen Netzes, das alles einfing, gewährte auch Schutz gegen die universale Angst, durch die Maschen durchzufallen und abzusinken. Ungezählten schien die Kälte des entfremdeten Zustands abgeschafft durch die wie immer auch manipulierte und angedrehte Wärme des Miteinander; die Volksgemeinschaft der Unfreien und Ungleichen war als Lüge zugleich auch Erfüllung eines alten, freilich von alters her bösen Bürgertraums." Damit verwandt ist ein anderer, kaum beleuchteter Aspekt des Rechtspopulismus, der des „Was konkret tun", „Aktiv sein", des „Anpackens", der „aufgekrempelten Ärmel": Mit der Ansicht, dass nicht die Systemlogik das Dominante ist, sondern die freie Gestaltbarkeit der Verhältnisse IM Kapitalismus, sind die BZÖ'ler ja nicht alleine. Dies entspricht einem durchaus verständlichen Wunsch nach Gestaltbarkeit der Verhältnisse. Die Rechnung ohne den Wirt, sprich: die Systemlogik und -zwänge zu machen, darin sind BZÖ'ler enge Verwandte aller kreuzbraven Demokrat/innen und aller biederen Gutmenschen, die nach dem Spruch „Wenn tausend kleine Menschen tausend kleine Schritte tun, dann verändert sich das Gesicht der Welt" handeln. Auch die EU-Projektphilosophie agiert genau nach diesem Schema. Wobei sich bei BZÖ gegenüber klassischen Politikformen der Fokus natürlich noch stärker auf die Einzelmaßnahme, den einzelnen, unmittelbar angreifbaren Sonnenkollektor .... verschoben hat. Ich fürchte, dass viel von der europäischen Euphorie für Obama genau diesem "Yes-we-can"-Mythos zu verdanken ist. ... zurück zum Text .
diana, 2009-03-18, Nr. 4428 lieber walter.
mimenda, 2009-03-19, Nr. 4432 ich glaube, immer mehr menschen spüren, dass sie vom system als schmiere benutzt werden und dass es nicht der ratio desselben entspricht, für sie sorge zu tragen. aber von diesem spüren bis zum deutlichen ausdruck der eigenen situation im bewusstsein führt ein langer weg.
Racaire, well, it isn't cheap - but then it would be for couched work, in your case and that means that if you emoibrder with a metre of the thread, you would see the full metre (minus a few centimetres) on the surface of the work. So... |
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