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Walther Schütz

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2009-12-22

Wenn Bildung zur Waffe wird – Teil 2

Im Gegensatz zum quasi-Kultstatus von Bildung dient diese vor allem einmal als Waffe im globalisierten Konkurrenzkampf (→ „Wenn Bildung zur Waffe wird - Teil 1"). Doch damit sind die Charakteristika von Bildung erst zum Teil erfasst ... Dokumentation des Vortrages → „Wir als Humanressourcen" am 17.11.09 an der Uni Klagenfurt.

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Texte zu Bildung → hier

Wenn im 1. Teil beschrieben wurde, wie im Gegensatz zum Mythos von der „edlen Bildung" diese im Kampf der Standorte etwa im Rahmen der Strategie von Lissabon zur schnöden Waffe verkommt, so ist diese Umwandlung noch genauer zu erörtern. Dazu ist zu beachten, dass hier „Bildung" nicht verstanden wird als überhistorische, abstrakte Grundkategorie menschlicher Existenz, sondern als eine spezifische institutionalisierte Einrichtung des Lernens, die sich mit dem modernen Staat parallel zur Entstehung des Kapitalismus herausgebildet hat. Nun hatte diese „Bildung" ja von Anbeginn ihrer Herausformung als spezifischer Teil der Gesellschaft schon immer die Funktion, den Einzelnen, später auch die Einzelne an die Verhältnisse anzupassen, sprich: zu „erziehen" (= Sozialisationsfunktion, etwas, was im deutschen Idealismus des 19. Jahrhunderts eine spezifische Konnotation bekommen hat, dazu → „Warum versagt das Wundermittel Bildung?"). Und der „Bildung" kam schon immer die Aufgabe zu, die Arbeitskräfte und ihre Eliten mit den für die jeweilige Volkswirtschaft notwendigen Qualifikation zu versehen. Insoferne wäre die Hochrüstung der Arbeitskräfte mit Bildung ja nur quantitativ Bedeutsamer geworden, aber sie wäre nichts qualitativ Neues, kämen nicht einige weitere Aspekte zum Tragen.

2. Bildung als Waffe der Bildungsproduzent/innen

Wie staatliches Handeln allgemein charakterisierte die institutionalisierte Bildung, dass sie ein vom marktwirtschaftlich funktionierenden Sektor bedingt abgetrennter Bereich war. Das heißt, Bildung wie staatliches Handeln bildeten die Voraussetzung für Warenproduktion und Kapitalverwertung, die beiden Sphären fielen aber nicht unmittelbar zusammen. Gerade WEIL die Bereitstellung von gesellschaftlicher „Infrastruktur" nicht durch das Nadelöhr der Kapitalverwertung ging, musssten andere Kriterien als die des Marktes herhalten. Bildung gehörte in diesem Sinne zur „öffentlichen Daseinsvorsorge". Dieser – bedingte – Sonderstatus ermöglichte es denn auch, dass gewisse emanzipatorische Freiräume innerhalb des Bildungsbereichs entstanden. Erinnert sein hier an die vergleichsweise demokratischen Verhältnisse der 70er bis 90er-Jahre an den Universitäten. Und in den Schulen konnten Lehrer/innen – gedeckt durch die Pragmatisierung – einen Unterricht praktizieren, der „lockerer" war (auch wenn viel zu wenige Pädagog/innen auch wirklich diese Freiräume nutzten, was darauf verweist, wie tief bei den Meisten doch wohl eher unbewusst der heimliche Lehrplan der Heransozialisierung an die Verhältnisse eingebrannt war und dass etwa eine kritische Distanz zur Selektionsfunktion kaum Platz greifen konnte). Auch von offizieller Seite wurde dem Rechnung getragen, der „Grundsatzerlass politische Bildung" des Jahres 1978 ist einer der Höhepunkte der „demokratischen Durchlüftung" des Bildungsbereichs (→ Der Grundsatzerlass; → Geschichte des Grundsatzerlasses). Wie gesagt, das waren wichtige Ausnahmen, die viel zur Änderung des Klimas beigetragen haben, aber eben dennoch nur Ausnahmen, die nichts an den Grundfunktionen des Bildungssystems änderten. Wie denn auch, das kapitalistische System hatte sich ja nicht grundsätzlich verabschiedet, es war lediglich in der Spätphase des Fordismus[3] (Vollbeschäftigung, zum Teil sogar Arbeitskräftemangel) lockerer geworden und noch später, als diese Grundlage einer bedingten Freiheit schon wieder wegzubrechen begannen (seit Mitte der 70erJahre begannen die Arbeitslosenraten wieder zu steigen!), setzten sich v.a. bei Jugendlichen sogenannte postmaterielle Werte durch, Arbeit war auf einmal nicht mehr alles.


Liebkind der liberalen Bildungs-Reformer Andreas Salcher fordert Macht für die Direktoren, nachzulesen in ,upgrade' → hier

Seit einigen Jahren wird nun der Bildungsbereich vermarktwirtschaftlicht. Es ist dies ein Prozess, der noch nicht abgeschlossen ist, von dem aber klar ist: Bildungseinrichtungen (Schulen, Universitäten) sollen WIE selbständige (= private) Unternehmen auf einem Bildungsmarkt agieren. Bereits jetzt in Konkurrenz zueinander, zunehmend mit eigenem Budget ausgestattet und geleitet von einer Unternehmensführung, die wesentlich autoritärer als bisher agiert / agieren muss, weil sie sowohl den konkreten Kurs der Schule festlegen wie auch das ihr dazu passende Personal aussuchen können soll / muss. Reinhilde Schütz und ich haben das in einem Beitrag im Jahr 2004 ausführlich beschrieben, siehe → „Bildung als Ware?". Obwohl dieser Prozess noch gar nicht abgeschlossen ist, ist das unselige Hauen und Stechen, das Kuschen, das Winseln vor den Kund/innen ... in den jeweiligen „Bildung"-Einrichtungen in einem extremen Maße aufgeblüht, was sich etwa in massenhaftem Burnout und sonstigen soziopathischen Erscheinungen äußert.

Dies ist durchaus intendiert, wie ein Beitrag des wissenschaftlichen Leiters der Abteilung für Öffentliche Betriebswirtschaftslehre an der Universität Klagenfurt, Univ.-Prof. Paolo Rondo-Brovetto belegt:

„Wir werden uns verändern: aus der gemütlichen, selbstzufriedenen Person mittleren Alters wird ein aggressiver Jugendlicher, wettbewerbsorientiert, kampfbereit und voller Energie. Wir werden unsere Ressourcen verteidigen, Mitbewerber ausstechen und uns selbst reflektieren müssen. Schmerz und Leidensdruck werden diesen Veränderungsprozess begleiten."
Mehr von diesen Blüten siehe → „O-Töne zur Universitätsreform"

Eigentlich offensichtlich ist, was mit der Bildung in diesen entstehenden „Bildungs"-Unternehmen passiert: Sie wird zur Waffe, mit der man die Konkurrenzschule / die Konkurrenzuniversität aussticht, indem man Kunden (Eltern bzw. Student/innen) akkumuliert. Und dazu muss diese Waffe möglichst scharf sein, sprich, sie darf nicht etwa nachdenklich machen, verunsichern, Selbstverständliches hinterfragen, sondern je anwendungsorientierter, je platter, je einfacher, desto schärfer wird die Waffe Bildung. Bildung muss vergleichbar, messbar sein, der Output muss stimmen. Hinterfragen des Systems als Bildungsinhalt? Gott bewahre, wo kämen wir denn da hin!!!

In ideologischer Hinsicht hat diese Art von liberalen „Bildungs"-Reformen[4] einen systemstabilisierenden Effekt: Nicht das System selbst habe versagt (Arbeitslosigkeit), sondern seine Unteroffiziere (die Lehrer/innen) seien schuld, dass es mir / meinen Kindern schlecht gehe. Also sollen auch sie - die Lehrer/innen - die Peitsche bekommen, die ich selbst in der „freien Wirtschaft" auch täglich spüren muss. Und dann, wenn auch sie endlich von einem solchermaßen reformierten System zum entfremdeten, angsterfüllten, gestressten Arbeiten gezwungen sind, dann werde es auch meinem Sprößling wieder gut gehen!

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Im 3. Teil: Bildung als Waffe im Kampf unter den einzelnen Menschen

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[3] Zum Begriff Fordismus: Phase im Kapitalismus, die durch Massenarbeit, Vollbeschäftigung und Massenkonsum charakterisiert ist, also die 60erJahre / frühen 70er Jahre des 20. Jahrhunderts. Diese Phase ist seit Mitte der 70er Jahre zu Ende gegangen (= Postfordismus) ... zurück zum Text

[4] liberalen „Bildungs"-Reformen: auf den Marktprinzipien beruhende Reformen ... zurück zum Text

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diana, 2009-12-26, Nr. 4703

Mit schlichter Wortwahl hinzufügen:

Die Wertschätzung der Gesellschaft für Bildung beschränkt sich in erster Linie auf die Umwandlung der Bildung in Geldscheine oder materiellen Dingen, aus welcher in weiterer Folge eine pseudosoziale Anerkennung wächst.
Bildung bringt nix, wenn Bildung nicht in Geld umgewandelt werden kann. Die Universitäten verkommen zu Kaderschulen des Kapitals. Immer weniger Menschen können es sich „leisten“ wegen Ihrer persönlichen Interessen zu studieren.

Wissen und Neugierde erwecken/vermitteln und das Interesse andere daran teilhaben zu lassen = Bildung.

sigurt funk, 2010-03-06, Nr. 4765

Stimme der Analyse größtenteils zu, sehe die Schule allerdings noch stärker als "Spiegelbild" der Gesellschaft, als dies im Artikel zum Ausdruck gebracht wird.
Wenn eine Gesellschaft, wie die unsere, so ziemlich "alles" dem Geldverdienen unterordnet, jeder Erfolg sich in Geldbeträgen messen lassen muss, dann m u s s sich das notwendigerweise auch auf das Bildungswesen auswirken. Das Bildungswesen zu ändern, wird nur im Rahmen einer "Totalrevision" der Gesellschaft, der gesellschaftlichen Wertvorstellungen, gelingen. Die Auffassung, man könne, das Bildungswesen ändern und die gesellschaftlichen Zustände unverändert lassen, oder die gesellschaftlichen Zustände würden sich über das Bildungssystem ändern lassen, erinnert mich zu sehr an "idealistische" Vorstellungen (Das Bewusstsein ändere die materiellen Verhältnisse). Natürlich laufen soziale Veränderungen auch über die Bildungsebene, natürlich gibt es Wechselwirkungen, aber ausgelöst werden müssen sie, und wurden sie m.E. auch meistens, von den allgemeinen gesellschaftlichen Voraussetzungen. Und da läuft derzeit alles in die von Ihnen beschriebene andere Richtung, leider...
mfG
sf

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