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2007-03-11 Der Staat - das unbekannte Wesen Einführende Materialien - Teil 2
Der vorliegende Beitrag ist der zweite einer mehrteiligen Reihe von Einführungsartikel, die entstanden sind aus der vieljährigen Beschäftigung mit Privatisierungen, dem Dienstleistungsabkommen GATS der WTO etc.. Vor einer Woche sind an dieser Stelle Bedürfnisse und die Welt der Waren unter die Lupe genommen worden.
Zum Verständnis: Ausgangspunkt war ein Blick auf die Erde, der die globalen Schranken aufzeigt. Darauf aufbauend folgende Überlegung: Um das Not—Wendige zu denken und sich nicht einfach in die herrschenden Notwendigkeiten zu fügen (siehe Das erkenntnisleitende Interesse) ist es unabdingbar, die Kategorien zu hinterfragen, die unser gesamtes Sein formen und dennoch nicht unsere Natur sind, sondern gesellschaftlich bedingt sind. Widrigenfalls könnte es uns gehen wie den Bewohner/innen der Osterinseln, die (siehe Kriterien für eine zukunftsfähige Entwicklung) ihren Lebensraum vernichteten. Zentral für diese Kategorien, die uns zur zweiten Natur geworden sind, ist die „Arbeit" (... mehr) sowie die abgeleitete Kategorie „Entwicklung". Einige grundsätzliche Betrachtungen zum „Staat" bzw. zur„Politik" (also dem, was sich auf Staat bezieht) sind notwendig, denn die meisten der Vorschläge zu Alternativen beziehen den Staat mit ein. Und wenn dann in periodischen Abständen neue Regierungen antreten, werden die Wähler/innen – soferne sie sich Veränderungen zugunsten von mehr Sozialem, mehr Ökologie ... erwarten – fast immer enttäuscht. Schuld ist der Verrat der Partei X oder die Politiker/in Y ... Aber nicht Enttäuschung, sondern Ent–Täuschung sollte passieren. Grundsätzliches zu Staat und Demokratie im Kapitalismus: Was sie nicht sindEine Gefahr, die im Zusammenhang mit „Globalisierung" oft benannt wird, ist die der Zurückdrängung von Demokratie im Angesicht der Allmacht des Marktes. Richtig daran ist, dass tatsächlich die Spielräume von staatlichem Handeln in Zeiten der Globalisierung massiv kleiner werden. Umgekehrt ist es aber notwendig zu erkennen, dass auch bisher bereits dem demokratisch geäußerten Willen bereits Schranken gesetzt waren! Bei diesen Schranken müssen mehrere Ebenen unterschieden werden:
Eine Politik, die nicht grundsätzlich darauf ausgerichtet ist, diese Spielregeln zu ändern, muss diesen Bedingungen Genüge tun.[1] Warum Staat?
Ernst Lohoff fasst die Notwendigkeit von Staatlichkeit wie folgt kurz zusammen: „Eine Gesellschaft, die ihre Mitglieder tatsächlich bei absolut jeder Lebensäußerung durch das Nadelöhr des Äquivalententauschs treiben wollte, wäre reproduktionsunfähig. Um der Selbstdemontage zu entgehen, kommt die Warengesellschaft nicht umhin, Teile der gesellschaftlichen Reichtumsproduktion auszugliedern, um sie der Warenform nicht direkt, sondern nur indirekt zu subsumieren. Das gilt zunächst einmal für die breite Palette häuslicher Tätigkeiten. ... Quantitiv und auch in Bezug auf seine relative Eigenständigkeit gegenüber dem Markt hatte der Staat seinen Höhepunkt in der fordistischen Ära nach dem Zweiten Weltkrieg. Es war dies der Höhepunkt einer Entwicklung, die bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als „Gesetz der steigenden Staatsquote" von Adolph Wagner in die bürgerlichen Volkswirtschaftslehre einging. [3]. Seit dem Ende der fordistischen Ära – ein langer Übergang mit vielen Ungleichzeitigkeiten – hat sich das Erscheinungsbild des Staates gewandelt:
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Joachim Hirsch beschreibt es als neues „Regulationsmodell": Wie die anderen Vertreter/innen der „Regulationstheorie" geht er davon aus, dass sich seit der fordistischen Hoch-Zeit von Markt und staatlicher Regulierung halt die Art der Regulation gewandelt habe. Mehr oder weniger explizit wird damit zum Ausdruck gebracht, dass sich damit ein neuer Gleichgewichtszustand hergestellt hätte.[4] Wer sich aber etwa die ländlichen alpinen Regionen in Italien ansieht, dem drängt sich da eher der Verdacht auf, dass es sich angesichts völlig entleerter Räume eher um eine massive Krisenerscheinung handelt. Darauf weist insbesondere Ernst Lohoff hin, der von einem Pyrrhussieg des Marktes spricht, denn: „Der Kapitalismus unserer Tage ebnet die Differenz zwischen infrastruktureller Voraussetzung der Warenproduktion und Warenproduktion im eigentlichen Sinn ein. Ihr Vorbild hat diese Variante kapitalistischer Akkumulation in einer Szene aus Jules Vernes „In 80 Tagen um die Welt". Auf dem Dampfschiff, das den Helden des Romans Phileas Fogg über den Atlantik zurück nach England bringen sollte, gingen vorzeitig die Kohlevorräte zur Neige. Daraufhin brachte er Kapitän und Besatzung dazu, das Schiff selber Stück um Stück verheizen, um die Kessel weiter unter Dampf zu halten. Dass Joachim Hirsch diese Krisenhaftigkeit nicht sieht, ist darauf zurückzuführen, dass er wie die gesamte Regulationstheorie die gelungene (staatliche) Regulation des Marktes in seiner fordistischen Phase zu einer Theorie generellen Theorie von Markt und Staat erheben und damit eine prinzipielle Systemkrise negieren. [6] Demgegenüber ist aber für die Vertreter/innen der Wertkritik genau da der entscheidende Punkt: Für sie ist mit der Dritten Industriellen Revolution (der Mikroelektronik) ein Punkt erreicht, an dem sich der Kapitalismus die Substanz des abstrakten Wertes – nämlich die abstrakte menschliche Arbeit – selbst schneller wegrationalisiert als er expandieren kann. Produktivitätsfortschritt, der in jeder anderen Gesellschaft ein immenser Wohlstandsgewinn wäre, wird so zur inneren Schranke des Systems. Betriebswirtschaftlich unerbittlich und bei Strafe des eigenen Untergangs durchgezogen wird die Rationalisierung zum Fluch für das Gesamtsystem. Nun lässt sich dies alles mit der klassischen Volkswirtschaftslehre, die mit ihren Berechnungen auf Basis des Geldes darauf verzichtet, die Frage nach der Substanz kapitalistischen Reichtums (der „Arbeit" i.e.S.) zu stellen, nicht so ohne Weiteres nachvollziehen. Die Symptome aber kennen wir alle: Eigentlich sollte es uns dank der Produktuvitätsfortschritte besser gehen – und gleichzeitig können wir als einzelne bzw. kann der Staat immer weniger leisten. Für die Politik bedeutet das: „Im Zuge dieser negativen Tendenz mutiert auch der Staat zunehmend zu einer bloßen Notstandsverwaltung, weil er die globalisierte Betriebswirtschaft nicht mehr regulieren kann und ihm die Einnahmen wegbrechen. Es gibt in fast allen Ländern einen parteiübergreifenden neoliberalen Konsens, der nur noch die Anforderungen der Systemkrise an den Menschen exekutiert und ideologisch legitimiert." [7] Damit sind wir wieder bei der Ausgangsfrage nach der Ursache der „sozial–liberalen" Wende der Sozialdemokratie (und der Grünen, und der „Linken/PDS" ...): Diese hat weniger mit Verrat als viel mehr mit den inneren Schranken dessen, was bei uns Politik, Demokratie etc. heißt, zu tun. Eine der Varianten davon ist eben die „Solidarische Hochleistungsgesellschaft", die aber unweigerlich in einer Sackgasse enden wird (siehe Deprimierende Perspektiven? Sicherlich für alle, für die die jetzige Gesellschaftsform der Höhepunkt menschlicher Entwicklung darstellt. Für alle anderen aber, denen die Konkurrenz, das dauernde Zugerichtetwerden zu belieferungsbedürftigen Mängelwesen, die hohlen Versprechen des „Immer-höher, Immer-größer, Immer-weiter" beim Hals raushängen, für die sind dies aber eher erfreuliche Perspektiven. Jedenfalls aber kommen auf uns alle spannende Zeiten zu! . - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - Anmerkungen [1] Klaus OFFE / Volker RONGE, Thesen zur Begründung des Konzeptes des „kapitalistischen Staates" und zur materialistischen Politikforschung. In: Claudio POZZOLI (ed.), Rahmenbedingungen und Schranken staatlichen Handelns. Zehn Thesen (Frankfurt 1976) 55 ff ... zurück zum Text [2] Aus: Ernst Lohoff, Out Of Area – Out Of Control. Warengesellschaft und Widerstand im Zeitalter von Deregulierung und Entstaatlichung. 1. Teil: Der fatale Endsieg der Ware. In:
[3] Robert KURZ, Schwarzbuch Kapitalismus. Ein Abgesang auf die Marktwirtschaft (Frankfurt am Main 2003, , 3. Auflage) 262 ff ... zurück zum Text [4] unter andem in: Joachim HIRSCH, Kapitalismus ohne Alternative? Materialistische Gesellschaftstheorie und Möglichkeiten einer sozialistischen Politik heute (Hamburg 1990) ... zurück zum Text [5] Ernst Lohoff, [6] Robert Kurz, Das Weltkapital. Globalisierung und innere Schranken des warenproduzierenden Systems. (Berlin 2005) 423 ff ... zurück zum Text [7] Robert Kurz, .
This is actually a rietlaevon I came to recently myself. It came to me after some occasions when i'd have to either use headphones or keep it down and so did some mixes rather quietly and realised it really made a difference to my perception to the mix itself so i kept doing it. Zoom in zoom out. |
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