2012-02-15
nur eine brotkris(t)e?
risus sardonicus
heute wollte ich keinen marmorkuchen, sondern ein brot backen.
darin war ich noch ungeübt. ein rezept, nach dem ich mich halten wollte, fand sich schnell, auch eine knetmaschine war in meinem küchenfundus vorhanden.
so mixte ich die zutaten nach vorschrift in den knetbehälter der maschine, wählte programm nummer 7 und der knetvorgang nahm seinen lauf.
1 1/2 std zeit waren dafür vorgesehen. das passte mir gut. inzwischen konnte ich mit fanny gassigehen und vorher noch einen blick in mein atelier werfen, wobei etwas rote acrylfarbe sofort an mir hängen blieb. ausgerechnet im selben moment kam aus der küche der schrille pfiff des schnellkochtopfes, der mich mahnte, sodass ich in eile, mit meinen rot gefärbten fingern, einen blutbefleckten teppich in die waschmaschine hinein schob, was sich später, beim herausnehmen desselben, als fatal erwies, da die blutroten flecken nun bleibend waren. bereits hungrig wendete ich mich der zubereitung des mittagessens zu. "vielleicht geht sich sogar noch das gemeinsames mittagessen mit alois aus?" sprach mein pflichtbewusstes inneres. zuvor aber, so nebenbei, noch schnell den einkauf von alois wegräumen, einen anruf entgegennehmen, und endlich, aber noch während des suppenessens, meldete sich der knetapparat. ich frohlockte. ein bemehltes brett bereit zu stellen, forderte allerdings meine ganze geschicklichkeit, da der schraubverschluss des mehlglasgefäßes klemmte, was zur folge hatte, dass mehl auf den boden rieselte, das wiederum fanny, unsere gefräßige labradorhündin, auf den plan rief, die sich von nun ab, in der hoffnung, dass nochmehr für sie abfallen würde, zwischen meinen beinen bewegte. dessen ungeachtet steigerte sich meine freudige erwartungshaltung; war es doch nach vielen jahren mein erster brotbackvesuch! sofort wollte ich den nun mehr maschinell gekneteten teig auf das bemehlte brett stürzen. "du meine güte!" ein bauchaufwärts gedehnter stossseufzer ließ ahnen, dass sich mein brotbackversuch noch im versuchsstadium befand. was hatte sich da in der maschine entwickelt? wie es aussah, hatte sich der teig in einen superkleber verwandelt, der nicht nur an meinen händen klebte, sondern sich selbständig in meiner küche auszubreiten drohte, den waschbeckenabfluss verklebte, einen hausschuh am fliesenboden fixierte und in mir alienartige chaotische ängste weckte. "uhu - plus?" gab die geheuchelt mitfühlende frage von alois, mit dem zusätzlichen angebot, mir ein vollbad vorbereiten zu wollen, der situation eher eine sardonische note.
wikipedia: Bei der Urbevölkerung Sardiniens (lat. Sardoni) soll die Sitte bestanden haben, die alten Leute zu töten; dabei sollte gelacht werden. Das war der berüchtigte "risus Sardonicus", ein krampfartiges Lachen, an dem die Seele unbeteiligt ist .
100 ml wasser!
dass zahlenangaben ihre tücke haben können, wurde mir unlängst auf www.kaernoel.at klar gemacht. wenn man also zahlen missachtet, können sie sich auch rächen. "versuchen sie es mit etwas mehlzugabe und erneutem durchkneten", lautete der vermeintlich hilfreiche tip aus dem internet, " und danach den teig bei warmen temperaturen rasten lassen". ich folgte dem ratschlag und hoffte, dass ER meine unaufmerksamkeit bald ungeschehen machen würde, handelte es sich doch nur um lumpige 100 ml wasser zuviel! mittlerweile war es bereits nachmittag geworden. als ich mein mittagessen endlich fortsetzen wollte, unterbrach ein aufdringlicher dauersummton aus dem keller der mir den fertigen waschvorgang des teppiches ankündigte, meine mahlzeit. der teig ruhte unterdessen, um "aufzugehen"!!, an dem warmen sonnigen fensterplatz. tatsächlich, nach einer guten stunde des rastens, schien die wundersame brotvermehrung gelungen zu sein. doch meine erwartung, eine kompaktere teigmasse, die sich auch formen ließ, zu erhalten, wurde abermals enttäuscht. es ergoss sich erneut eine klebrige masse über das teigbrett. an aufgeben mochte ich trotzdem nicht denken. eine weitere rast in der sonne, konnte, vielleicht, den teig vor der mülltonne noch retten. nach einer weiteren stunde wiederholte sich das teigschlamassel zum dritten mal. meine geduld war zu ende. wild entschlossen schlug ich den eigenwilligen teig mit meinen händen bis er glatt war, klatschte, die mittlerweile sichtbar verlustreiche teigmasse in eine backform, schob sie in das vorgeheizte backrohr, stellte eine schale wasser auf das unterste fach des backrohrs und ließ den teig bei 170° dahin dösen. denn schnell, so nebenbei, ging bei diesem brot gar nichts, das hatte ich begriffen. ES wollte meine ehrfürchtige zuwendung und ungeteilte aufmerksamkeit. als ich für heute, zum letzten mal, pfeiftöne hörte, ich vermutete bereits, als folge diverser aufdringlicher alarmsignale, bei mir einen tinitus, war es der sehnlichst erwartete ruf der küchenuhr, der mir das ende der brotbackzeit ankündigte. gespannt öffnete ich das backrohr und bestaunte ergriffen das ergebnis. was war mit meinem brotteig geschehen? 100 ml wasser zuviel, hatten eine nahezu mystische auswirkung auf den backvorgang gehabt. mein brotteig hatte eine merkwürdige metamorphose durchgemacht. ER hatte sich in einen stein verwandelt!
nachwort
als ich das brot teilen wollte, machte mir alois zuvor noch ein besonders martialisches angebot:"soll ich dir die motorsäge holen?", nahm ich, an niederlagen gewöhnt, mein brotmesser zur hand und versuchte es damit. meine freude war groß. dem brot entströmte ein herrlicher, mich versöhnender duft. das innere war weich geblieben, die harte kruste diente nur als schutzmantel für mein feines schmackhaftes brot. alle, die davon kosten durften, waren von meinem brot begeistert. einem ehemaligen grünen politiker mundetet das brot so gut, dass er unbedingt mein rezept haben wollte, ( was ich hiermit erfüllt habe ). ein bekannter agnostischer religionswissenschafter ortete gar koscheres brot. für mich war auch dies kein wunder mehr, war doch nach den vielen mysteriösen vorgängen mit allem zu rechnen.
p.s.:
das scherzerl bekam ein kleiner reinrassiger hund, der nach dem verzehr desselben, sofort das lokal verlassen musste.