2003-04-05
Mutterkuchen
Ich habe heute einen chaotischen Tag, das fühlte ich schon beim Erwachen, während ich vom
traumhaften in den traumlosen Zustand überglitt und mit aller Kraft das letzte Traumbild
mitnehmen wollte, so alsob es mir den Weg für den heutigen Tag zeigen sollte.
Einen Kuchen, einen köstlichen Marmorkuchen, den meine Freundin, nach einem längeren
Spaziergang, bei einer Tasse Kaffee, so genüsslich verzehren konnte, das war der
Schlussakkord meines Traumes.
Eigentlich backe ich den Marmorkuchen jedes zweite Wochenende für ihn, meinen Mann.
Alois liebt den trockenen, hellgelb und braun marmorierten Kuchen über alles,
vorausgesetzt es ist nichts "Gesundes" von mir hineingeschmuggelt. Alois merkt jede
kleine Abweichung sofort und verweigert mit einer beleidigenden Konsequenz für mich,
jeden weiteren Bissen. Alois liebt diesen Kuchen seit seiner Kindheit als Sonntags -
und Festtagsmehlspeise, gebacken von seiner Mutter in einer runden Backtrommel mit viel
Staubzucker darauf.
Alois isst diesen Kuchen nur zum Frühstück. Nie nimmt er mehr als ein Stück davon. Ehe
Alois seinen letzten Bissen im Mund hat, bekommt sein Hund, der schon mit gläsrigen Augen,
feuchter Schnauze und ständig wedelndem Schwanz auf diesen einen köstlichen Hundebissen
wartet, ein kleines Stück davon. Beide, Alois und der Hund stehen dann, wie nach getaner
Arbeit auf und wenden sich dem neuen Tag zu.
Heute werde ich, um Ordnung in mein Chaos zu bringen, einen Marmorkuchen backen, mich
dabei diszipliniert und konsequent an das Mutterrezept halten und wenn mich meine kreative
Lust überkommt, das Rezept zu ändern, werde ich an meinen Traum denken und wahrscheinlich
mich dabei befragen: "Wie mag der Marmorkuchen wohl ohne Kakao schmecken?"
Ich hab so dass Gefühl, heute werde ich einen chaotischen Tag haben.