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Stephan Jank

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2007-02-28

Industrie macht Schule

Was draufsteht ist drin

Worum's hier geht:
iv-positionen – Dezember 2006/Jänner 2007
Zukunft der Bildung - Schule 2020

kärnöl-Links zum Thema:
Bildung als Ware?
Denn sie dürfen nicht, was sie sollen
Im Namen der Industrie: Lebenslänglich lernen

"Industrie macht Schule" - ist der Titel eines Artikels in der Dezember/Jänner 2007 Ausgabe der "iv positionen", der Mitgliederzeitschrift der österreichischen Industriellenvereinigung (iv). Die Doppeldeutigkeit des klug gewählten Titels kann dabei wohl nur der unbedarften LehrerInnenschaft den Blick auf das wahre Ausmaß des ideologischen Programms verstellen, das hinter dieser Ansage verborgen werden soll.

Denn die ungemein soziale Industriellenvereinigung mit all ihrer "Verantwortung für Gesellschaft und Standort" konstatiert mit diesem Titel nicht etwa, dass Industrie Schule machen würde, im Sinne von "sich als vorteilhaft und daher als nachahmenswert erweisen". Nein! Ganz im Gegenteil zeigt (nicht nur) die Lektüre dieses Artikels, das man sich seitens der iv an das Reinheitsgebot hält. Dort, wo MACHT draufsteht, ist in der Tat MACHT drinnen. Die iv will nämlich mit ihrer aktuellen Bildungsinitiative nichts weniger, als unsere Schule MACHEN. Genaugenommen sollte der Titel daher lauten "Industrie - Macht - Schule". Und das hat seinen Grund.

Denn wie man Schule bei der iv wahrnimmt bzw. was man dort insbesondere über LehrerInnen so denkt, lässt man sich von Christian Ortner auf Seite 4 dieser Publikation kommentieren: "Jemanden [die aktuelle Lehrerschaft], der so [globalisierungskritisch] denkt, auf unschuldige kleine Kinder loszulassen, ist in hohem Maße fahrlässig. (Wobei der Schaden des astronomischen Irrglaubens noch gering ist im Vergleich zu jenem, den das wirtschaftspolitische Irresein des Lehrkörpers anrichtet)". Und deshalb, liebe LehrerInnen, die ihr "... derartigen Nonsens ungehindert an [den Euch] anvertrauten und [Euch] ja hilflos ausgelieferten Nachwuchs weitergeben [dürft]" (ebd.), wird sich das jetzt ändern:

"Grundlegendes Ziel des neuen iv-BILDUNGSPROGRAMMS ist die Heranbildung von wert-orientierten, ganzheitlichen Persönlichkeiten mit individuell geförderten Talenten und Potenzialen."

Wer das fordert, ist nicht etwa gewählter Volksvertreter mit irgendeinem bildungspolitischen Mandat. Nein. Hier maßt sich offensichtlich ein Verein mit nicht einmal 3000 Mitgliedern und bar jeglicher demokratischen Legitimation an, einen der zentralen Bereiche unserer Gesellschaft programmatisch NEU (soll natürlich heißen: in seinem Sinne UM) zu gestalten. Und wie diese Umgestaltung aussehen soll, steht gleich mit oben auf der wehenden Fahne. Wo nämlich WERT-Orientierung draufsteht, liebe (Religions)LehrerInnen, ist genau der WERT drinnen, der gemeint ist. Denn nichts anderes will die iv von den "ganzheitlichen Persönlichkeiten" als dass sich diese selbst die bornierte Konzeption des leistungsorientierten, "international standardisierten" und "gebenchmarkten" "life long learnings" (soll heißen: der lebenslänglichen VerWERTbarkeit des "Humankapitals" am "Standort" Österreich) zum Gesetz machen.

Und wenn die Industriellenvereinigung in Österreich etwas (machen) will, dann hat sie es immer noch bekommen. Was sie diesmal genau will, hat sie sich von einer etwa 150köpfigen, sogenannten "Steuerungsgruppe" unter der Leitung von Magistra Monika Kircher-Kohl in ein Papier mit dem kreideweichen Titel "Zukunft der Bildung - Schule 2020" schreiben lassen. Welcher Teufel auch immer die Villacher Grünen dabei geritten haben mag; sie jedenfalls waren es, die diesem Sammelsurium von Zumutungen und Anmaßungen an unsere Kinder zu einem lauten Sprachrohr verhalfen. So geschehen am Montag, dem 26. Feber 2007, im Villacher Congress-Center bei der Diskussionsveranstaltung "Bildung und Schule 2020" mit Monika Kircher-Kohl und Konrad Paul Liesmann am Podium. Auch der Titel dieser Veranstaltung ist ein glänzendes Beispiel für den Erfolg der iv im ideologischen Kampf um Themenführerschaft. Worüber diskutiert wird (werden darf), das formuliert (fast bis zum letzten i-Punkt) die iv. Oder klarer gesagt: das schreibt sie vor.

So gesehen war es dann doch überraschend, wie sich dieser Abend zu einem kleinen Highlight in der ansonsten eher ruhigen Villacher Diskussionslandschaft entwickelte. Um die 300 Besucherinnen und Besucher erlebten eine kreideweiche Monika Kircher-Kohl und einen esprit-geladenen Konrad Paul Liesmann, der mit der "Theorie der Unbildung" in Gefolgschaft zu Adornos "Theorie der Halbbildung" gerade sein neues Buch zu Markte trägt. Beginnen lies man aber nicht Liesmann sondern Kircher-Kohl. Und es kam, was kommen musste. Ein wunderschön vorgetragener Sermon, der uns von den humanistischen und auf die ganze Persönlichkeit des jungen, sich bildenden Menschen abzielenden Intentionen berichtete, von denen sich die "Steuerungsgruppe" der iv bei der Entwicklung ihrer Vorschläge (es gibt übrigens auch Hämmer gleichen Namens) leiten lies. Solcherart geleitet entwickelte man dann etwa die folgende "VISION 1)":

DIE „SCHULE 2020“ ERKENNT UND ENTWICKELT POTENZIALE, FORDERT UND FÖRDERT UNTERSCHIEDLICHE BEGABUNGEN UND BEREITET UNSERE JUGEND AUF DIE NEUEN ANFORDERUNGEN VON LEBEN UND BERUF VOR.

Diese geradezu unheimlich visionäre Vorstellung einer Schule 2020, die manchem vielleicht schon länger unter dem Schlagwort vom "Non scholae, sed vitae discimus" bekannt sein mag, wird in ihrem neuen Gewande hier natürlich nicht postuliert, um sie argumentativ zu untermauern oder gar in irgendeiner Weise kritisch zu hinterfragen. Wer will (und könnte) schon Visionen argumentieren oder hinterfragen? Nein! Diese, wie alle weiteren sogenannten "VISIONEN" im referierten Papier bleiben (ohne jede Argumentation) genau jene Ideologeme, als die sie gedacht sind. Einleitungstexte zum eigentlichen Inhalt dieses Papiers: Zu zumutenden und anmaßenden, endlosen Maßnahmenkatalogen. Beispiel gefällig?

"Massnahme 1: Einführung von Orientierungsverfahren um Talente und Potenziale zu erkennen und zu fördern und Schwachpunkte zu beheben."

Klingt gut, was da steht. Klingt ganz gut, wenn sich unsere Kinder, diese kleinen Menschenwesen mit all ihren Wünschen, Träumen und Hoffnungen, mit ihren Unarten und Verletzlichkeiten zuerst einmal orientieren sollen, bevor sie selbstbestimmt jene Entscheidungen treffen, die ihren weiteren Lebensweg bestimmen werden. Oder? Aber die Orientierung, die hier gemeint ist, das ist eine Orientierung, wie die iv sie meint. Diese Orientierung hat jede Reflexivität verloren. Hier sollen nicht die Kinder SICH orientieren, SICH umschauen, SICH ausrichten. Nein! Das genaue Gegenteil ist in dieser euphemistischen Forderung verpackt. Hier werden Verfahren verlangt, mit denen unsere Kinder ganz ordentlich orientiert und tüchtig ausgerichtet werden sollen. Nicht sie sollen SICH orientieren, sie sollen orientiert WERDEN. Und zwar auf den einzigen WERT orientiert, um den es hier geht: Auf den Wert nämlich, der durch ihrer Hände und Gehirne Arbeit mehr werden soll. Und wie das geht, steht gleich dabei: "VERFAHREN" soll mit unseren Kindern werden. Die mechanische Prozesshaftigkeit, die in einer solchen Sprache zum Ausdruck kommt, ist dieselbe wie sie in den Fabriken den Rhythmus allen Tuns bestimmt. Möglichst früh sollen unsere Kinder das VERFAHREN kennen lernen, indem mit ihnen verfahren wird. Möglichst früh will man Zugriff auf Talente und Potentiale erlangen, um sie am monotonen Wert zu orientieren. Will Schwachpunkte beheben. Was dabei aber als Talent und Potential, was als Schwachpunkt zu gelten hat, bleibt freilich völlig ausgespart. Reflexionsfähigkeit jedenfalls scheint nicht zu ersteren zu gehören. Was aber meinen sie dann, wenn sie von "Talent" und "Potential" sprechen, wenn sie "Schwachpunkt" sagen?

Irgendwann am Ende der Diskussion rutschte es Monika Kircher-Kohl heraus. Sie hoffe, das Publikum hätte das referierte Papier gelesen - zumindest jene Version, die im Internet veröffentlicht sei. Also die "kürzere", denn die "lange" - und 150 Experten (wofür eigentlich?) der iv produzieren sicher mehr als lumpige 8 Seiten Papier - wolle sie der geneigten Zuhörerschaft gar nicht zumuten. Wie gut sie doch weiss, worum es sich handelt: Eine Zumutung. Und deshalb muss diese 8seitige, frei zugängliche Schlagwortsammlung, mit der man die Öffentlichkeit zur "qualifizierten Bildungsdiskussion" kommandiert, völlig inhaltsleer bleiben. Die grauslichen Details jener Gesetzesnovellen und Reformen, die ohne prinzipielle Zustimmung der iv in Österreich noch nie ein Parlament passiert haben, die stehen dann im "langen", dem Publikum nicht zumutbaren Text. Was zumutbar ist, bestimmt (wie immer) die iv. Wer's nicht glaubt, lese die gleichnamigen Bestimmungen des AMS.

Es ist zum Speiben. Und das bereits nach der ersten VISION und nach der ersten daraus abgeleiteten Forderung. Deshalb soll jeder selbst dieses "Papier" lesen oder sonst damit machen was er will. Wenden wir uns lieber dem erfreulichen Teil des Abends zu: "Als diese Gesellschaft in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts das letzte Mal in großem Stil um einen adäquaten Bildungsbegriff gerungen hat,", sagte ein ungewöhnlich oppositioneller Konrad Paul Liesmann sinngemäß, "entwickelte sich die Debatte entlang eines zentralen begrifflichen Spaliers: EMANZIPATION." Wenn sich heute (nach Kirche, Staat, reformpädagogischen Bewegungen, etc...) mit der Wirtschaft wieder einmal jemand anschickt, unsere Bildung "unter seine Kandarre" (Adorno) zu bringen, ersäuft Kreativität im Brackwasser des BENCHMARKS und erfriert menschliches Potential in den Eiswüsten von EVALUATION, internationaler STANDARDISIERUNG und und bewusstloser LEISTUNGSORIENTIERUNG.

"INNOVATION statt IMITATION" beschreibe am besten was gemeint ist, zitierte die INFINEON-Monika Kircher-Kohl die vom Alois Mock geküsste SIEMENS-Gitti Ederer. Und bei Gott: "Welche VISIONEN!" haben die beiden Powerfrauen. Aber Konrad Paul Liesmann fragte einfach nur: Was ist denn das eigentlich für eine Innovation, die ihr von einer ganzen Gesellschaft einfordert? Doch nicht etwa jene Innovation, die seit mehr als 100 Jahren auf unsereren Straßen herumgurkt und seit damals von der Schlüsselindustrie eurer "innovativen" Wirtschaft nahezu unverandert hergestellt wird? Jenes Automobil, das heute mit seinem Diesel- oder Ottomotor noch immer das gleiche CO2-Volumen in die Atmosphäre bläst wie zur Zeit seiner Erfindung?. Nun ja, die Wege der Innovation scheinen ohne jede Richtung. Oder könnte es sein, dass die INFINEON-AG recht hat mit ihrem Leitspruch: NEVER STOP SINKING?

Jedenfalls gilt: Wer mit einem solchen Innovationsbegriff antritt, der hat in der Tat ein Problem. Nämlich mit der Frage "Warum eigentlich?". Warum sollen Aussenspiegel, die ohnehin gut funktionieren, auch noch elektrisch beheizt werden? Oder anders gefragt: Warum sollen "Talent" und "Potential" von jungen Menschen (unseren Kindern) darauf vernutzt werden, das Strömungsverhalten von Außenspiegeln aerodynamisch so zu gestalten, dass dem Kunden im Fahrgastraum das Fahrgeräusch möglichst wenig stört bei der tägliche Fahrt zu seinem (meist prekären) Arbeitsplatz? Dieser bornierte Begriff von Innovation (genauso wie eure sogenannte Bildungsdebatte) ist unerträglich!

Es ist zum Speiben.

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Walther Schütz, 2007-02-28, Nr. 3434

Danke für den ausgezeichneten Abriss!

An einem Punkt allerdings möchte ich dir widersprechen: Du schreibst von einem Teufel, der die Grünen geritten habe, die iv einzuladen ... Dazu:

Ich denke, das Besondere am IV-Bildungspapier ist, dass es eben nichts besonderes, sondern nur Mainstream ist. Wer nicht fähig ist, die Grundkategorien der Gesellschaft Konkurrenz, Wachstum, Arbeit, Geld ... zu hinterfragen, ist dazu verurteilt, auch bei solchen Bildungspositionen zu landen. Insofern sind die Positionen in der Gesellschaft allgegenwärtig. Und da ist es besser, sich dem Mainstream-Denken offensiv zu stellen und auf ihre Haltbarkeit abzuklopfen.

Walther

Mimenda, 2007-02-28, Nr. 3436

beim lesen deines beitrags musste ich an ein buch des deutschen romanisten victor klemperers denken: lti (lingua tertii imperii, sprache des dritten reichs). wir haben es hier und heute mit der sprache des fünften reichs zu tun, die du in deinem beitrag nur zu gut beleuchtest. so könnte man statt "orientierungsverfahren" auch "gleichschaltung" schreiben. wir werden durch diese newspeak, deren propaganda keine lautsprecher auf den straßen benötigt, um sich in die köpfe einzunisten, derart auf eine einheitlichkeit des sprechens und deshalb des denkens vergattert, dass jeder, der abweicht, sich kaum mehr verständlich machen kann.
was sich in der propagandasprache des marketings - aber nicht nur hier - anbahnte, hat offenbar die gesamte westliche welt ergriffen. und alle tun so, als hätten diese phrasen einen sinn. fragt man einmal nach, stößt man sehr oft auf ratlosigkeit.
mir kommt es in schwachen momenten so vor, als sei ich zum begreifen nicht flexibel genug, zu alt, aber in wahrheit ist es wohl so, dass es da nichts zu verstehen gibt als die strategie, die hinter dem allen steckt, nämlich den menschen vollends zur ware zu machen, der als human resource noch nie so "wertvoll" war wie heute.

erika, 2007-02-28, Nr. 3438

iv,
zum speiben..

ja das gibt es,
jenen, die die iv-injektionen verabreichen hilft sie
doch denen, die sie bekommen schadet sie.
dringt sie doch in den ganzen menschen ein,
macht dumm,
macht abhängig,
macht krank,
macht machtlos.

da hilft nur: sich auf den körper verlassen und: SPEIBEN

Stephan Jank, 2007-02-28, Nr. 3439

Lieber Walther,

du hast natürlich Recht. Und fast wäre ich geneigt, mich bei den Villacher Grünen zu entschuldigen (Ich glaube aber, dass die auch ohne meine Entschuldigung auskommen werden). Ja, natürlich kann es nicht gegen die iv gehen. Natürlich geht es um die Dekonstruktion des Mainstreams. Aber wo um alles in der Welt soll das gehen, wenn nicht dort, wo dieser Mainstream sprachlich zu sich kommt?

Hans Haider, 2007-02-28, Nr. 3440

1.) Es war völlig richtig, dass die Villacher Grünen diese Veranstaltung organisiert haben. Natürlich besteht immer die Gefahr, weil es die Hegemonie des Podiums gibt, dass man einbricht, aber in diesem Fall war der Hegemon auf dem Podium Konrad Liessmann, der sehr gekonnt das Konzept der Industrieellenvereinigung (iv) bloss stellte. Auch einige Beiträge aus dem Publikum haben Monika Kircher Kohl in Erklärungsnotstand versetzt. Die anwesenden Menschen haben das sehr gut verstanden und das war gut so.
2.) Die iv ist in Österreich in den letzten Jahren auch deshalb bekannt geworden, weil sie unserem letzten Finanzminister Karl Heinz Grasser 80.000 Euro geschenkt hat, damit er seine Kinderbilder ins Netz stellen konnte. An diese abstruse "Schenkung" sollte man sich immer wieder erinnern, damit man weiss mit welcher Achtung bzw. "Nicht-Achtung" man den Vertretren der iv begegnen soll.
3.) Monika Kircher Kohl hat das Konzept der iv sehr geschickt vorgestellt. Die harten Brocken hat sie nicht erwähnt. Vor allem die vorgesehenen andauernden verpflichtenden Kontrollen sowohl der LehrerInnen, als auch der SchülerInnen. Verpflichtende Evaluation, verpflichtende Qualitätskontrollen, verpflichtende Zielvorgaben und anschließende Überprüfung und immer wieder ein Ranking. Ranking unter den LehrerInnen, unter den SchülerInnen, unter den Schulen usw.
Die SchülerInnen Und LehrerInnen sollen nicht zum Atmen kommen, sondern wie die Windhunde durch die Gegend gehetzt werden. Es bleibt keine Zeit für die Muße. Aber wo es keine Muße gibt, gibt es auch keine Kreativität. Dort gibt es bestenfalls die "Innovation" im Sinne der iv. Das ist wohl auch beabsichtigt. Hütet euch vor der iv.

Hans Haider, 2007-03-15, Nr. 3477

Im Positionspapier der Industriellenvereinigung "Zukunft der Bildung" gibt es auch eine zaghafte Aussage zur Fächerkombination. Es wird der Vorschlag gemacht ein neues Fach einzuführen: "Technik und Naturwissenschaften". Was damit gemeint ist, wird nicht näher erläutert. Aber man liegt sicher nicht falsch, wenn man dahinter die Absicht vermutet die klassischen Naturwissenschaften Biologie, Physik und Chemie unter den Aspekt der Technik zusammenzufassen. Also unter den Aspekt des "Nutzens". Diese Tendenz wird auch durch die aktuelle Schulpolitik verstärkt und mit verursacht, wo immer wieder gefordert wird im Rahmen des naturwissenschaftlichen Unterrichts auf den alltäglichen "Nutzen" hinzuweisen. Pädagogisch wird argumentiert, dass der weitgehende Verzicht auf Theoriebildung junge Menschen eher für Naturwissenschaften und Technik begeistert und zudem besser geeignet ist für schwächere Schüler. An beiden Aussagen sind Zweifel angebracht und sie widersprechen auch meiner langjährigen Erfahrung als Physik- und Mathematiklehrer. Es ist eher zu vermuten, dass die "Schulpolitik dieser Leute und des Industriellenvereins" im Wesentlichen bestimmt wird von Personen, die selbst der Überzeugung sind, Naturwissenschaft sei grundsätzlich nur praktisch zu motivieren. Aber ein rein pragmatischer Zugang zu den Naturwissenschaften begeistert höchstens infantile Technikfetischisten. Auch das ist meine Erfahrung. In Wahrheit haben die Naturwissenschaften eine philosophische Dimension, die für die Bildung aller Menschen wichtig ist und in den Schulen unbedingt unterrichtet werden muss. Die Naturwissenschaften lassen sich nicht auf Spezialgebiete eingrenzen oder von den Geisteswissenschaften abgrenzen.
Dazu einige Beispiele:
1.) Sicher hat es nichts mit Technik zu tun, aber sehr viel mit Geisteswissenschaft, wenn in der Schule über Kopernikus, Kepler und Galilei diskutiert wird, die eine entscheidende Rolle gespielt haben um die Bewegungsgesetze der Planeten zu begreifen und damit einen wichtigen Beitrag geleistet haben, um die Wissenschaft von der Vorherrschaft der Theologie zu befreien. Ich meine, dass es in der Schule unbedingt notwendig ist über das geozentrische Weltbild des Ptolomäus und über das heliozentrische Weltbild eines Kopernikus zu sprechen.
Ebenso sollte man in diesem Zusammenhang über Erathostenes sprechen, der den Erddurchmesser errechnete und über Aristarch von Samos, der ein heliozentrisches Weltbild vertrat und der die Bewegungen der Gestirne unter der richtigen Annahme der doppelten Bewegung der Erde erklärte. Beide lebten um 300 v.C. Damals versuchten die Menschen erstmals die Welt ohne Mythologie zu deuten. Es war die Geburtsstunde der Wissenschaft.
2.) Natürlich ist es unbedingt notwendig im Biologieunterricht die Evolutionstheorie von Charles Darwin, die nichts mit Technik zu tun hat, zu erörtern. Auch das ist ein Beispiel dafür, wie die Wissenschaft mit der Theologie bzw. Kirche in Widerspruch gerät und wie sie sich aus dieser Bevormundung befreit. Es ist auch ein weltanschauliches, ein philosophisches ein geisteswissenschaftliches Thema.
3.) Die Atomtheorie, eine der wichtigsten Theorien des 20. Jahrhunderts, hat ihren Ursprung im antiken Griechenland. Sie führt uns zurück zum griechischen Naturphilosophen Demokrit, der um 400 v.C. lebte
4.) Die zwei wichtigsten modernen naturwissenschaftlichen Theorien unserer Zeit, die Relativitätstheorie und die Quantentheorie sollten in einem Gymnasium in der Oberstufe nicht übergangen werden.

Mimenda, 2007-03-16, Nr. 3478

ja, herr haider, sie sprechen mir aus der seele.
hätte ich solche lehrer wie sie gehabt, ich wäre wohl den sogenannten naturwissenschaften und der mathematik nicht so feindlich gesonnen wie ich es dank meiner eigenen schulerfahrung wurde. aber in der schule, so muss ich sagen, habe ich eigentlich nur gelernt, dass das, was mich interessiert, dort nicht zu lernen ist. 13 mehr oder weniger vergeudete jahre, wenigstens was das lernen betrifft :-)

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