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Walther Schütz

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2006-01-26

Als UFO am Hauptplatz in Villach

Gedanken eines teilnehmenden Beobachters zum bürgerlichen Bewusstsein

„Wir sind Präsident!“ – dekretiert die Kleine Zeitung zu Jahresbeginn ganzseitig. Da geht es um die autoritäre Herstellung einer neuen nationalen Identität in der Größenordnung einer Supermacht – und dagegen war im Jänner eine Gruppe von Menschen aus unterschiedlichsten weltanschaulichen Lagern in Villach angetreten (zur r Dokumentation mit etlichen Fotos von Hans Smoliner). Anlass war der informelle Rat der EU-Sozial- und Arbeitsminister.

Die neoliberale Tagesordnung

Im Gegensatz zur massenmedialen Begeisterung ist für uns vom „Personenkomitee für ein soziales Europa“ klar: Der Binnenmarkt ist das Herzstück der EU. Er ist dafür verantwortlich, dass die EU in erster Linie als „Freihandelszone“ funktioniert und nicht als Friedensprojekt oder Sozialunion: Freier Kapital-, Waren- und Dienstleistungsverkehr genießen höchste Priorität in der EU. Umweltschutz gilt als Wettbewerbshindernis, der Sozialstaat als Klotz am Bein des Standorts. Soziale Sicherheit wird zunehmend als Folge von Wettbewerbsfähigkeit und dem daraus erhofften Wachstum gesehen. Öffentliche Güter und Dienstleistungen kommen in der Logik einer Freihandelszone gar nicht vor. Diese sieht darin nur Handelswaren, selbst in so heiklen Bereichen wie Bildung, Gesundheitsversorgung oder Trinkwasser. Diese werden im Binnenmarkt sowohl sektorweise liberalisiert (Bahn, Post, Telekom) als auch in einem Streich – mit der geplanten Dienstleistungsrichtlinie. (mehr zur r Bolkestein-Richtlinie)

Entsprechend sah auch die Tagesordnung der hohen Herren und Damen aus: Laut Minister Bartenstein gehe es um Durchsetzung der oben genannte Dienstleistungsrichtlinie und um Flexicurity (alle Menschen sollen als Arbeitnehmer/innen flexibelst dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, denn – so die neoliberale Heilslehre - wenn sich die Erwerbslosen nur genug nach dem Wind des Marktes richteten, dann würde eine „invisible hand“ schon für die Lösung aller Probleme sorgen. Dass es im Vorbildland Dänemark dazu auch ein bisschen „Security“ gibt – Mindestpensionen für alle – wird da wohlweislich verschwiegen).

Unterwegs als UFO

Das, was da auf uns EU-Bewohner/innen zukommt, ist ja äußerst bedrohlich. Daher sollte man meinen, dass unser Infostand (1 ½ Tage) bzw. unsere Kundgebung am Hauptplatz eigentlich von Menschen nur so überschwemmt worden ist. Noch dazu, wo genau in dieser Zeit relativ milde Jännertemperaturen zu verzeichnen waren. Aber:

Außer Freund/innen und persönlich Bekannten und einem gewissen Interesse von Passant/innen hatten wir Aktivist/innen ein bisschen ein Gefühl, dass wir von den Villacher/innen als „UFOs“ bestaunt wurden. Der Ausdruck in vielen Gesichtern sagte: Was tun die denn da?

Wir haben unter uns relativ viel über diese Erfahrung diskutiert und ich will kurz diese Erfahrungen zusammenfassen, denn sie dürften für Menschen rund um SOL von Interesse sein. Die Distanz der Mitmenschen ist für uns Ausdruck der mangelnden Fähigkeit des „bürgerlichen Bewusstseins“, mit dem „Phänomen EU“ umzugehen:

Für die einen ist die EU das personifizierte Böse: Irgendwelche Lobbys, finstere Mächte hätten sich unseren guten alten Staat unter den Nagel gerissen und würden nun die Menschen auspressen. Daran wahr ist, dass die EU natürlich vor allem einmal den Interessen der großen Global Player dient. Aber die Vertreter/innen einer solchen verschwörungstheoretischen Sichtweise sollten sich einmal überlegen, ob es nicht noch andere Erklärungen für die EU-Politik und ihrer Nationalstaaten in Richtung rasch zunehmender sozialer Kälte gibt: Handelt es sich vielleicht um einen gewissen inneren Entwicklungsschub des kapitalistischen Systems, aus sich selbst heraus und nur umgesetzt von EU [und nationalen Regierungen!], die ja dieses System verwalten müssen? Haben wir vielleicht ein grundlegendes Problem mit einem System, das an seine inneren Grenzen stößt – auf der einen Seite ein großes Potenzial für ein gutes Leben, auf der anderen Seite den Zwang, die ungeheuren Kapitalmassen gewinnbringend anlegen zu müssen. (Genaueres ist nachzulesen im r Interview: Die EU ist halt auch nur so etwas wie ein Staat)

Und dann ist da die große Masse der EU-Befürworter/innen: Nicht, dass diese Menschen all das, was da kommt, für gut halten, aber eine Alternative, eine andere Form des Wirtschaftens ist für sie nicht denkbar. Vor allem, weil aus dieser Sicht eine Pro-EU-Haltung ein Bollwerk gegen bornierten Nationalismus sei. Wer gegen die EU sei, sei der nützliche Idiot des Rechtspopulismus. Was im Lager dieser „Liberalen“ übersehen wird, ist: Geschickte Populist/innen gehen - weil sie ja erfolgreich sein wollen - von den realen Nöten der Menschen aus. So sind Konkurrenz-Ängste durchaus reale Erfahrungen innerhalb eines sich überhitzenden Kapitalismus – nur dass halt die Rechtspopulist/innen die Ängste auf die Konkurrent/innen hin personalisieren. Wer aber wie die „Liberalen“ zu den unerträglichen Zumutungen von „gemeinsamem Markt", Bolkestein-Richtlinie, EU-Verfassung bis hin zur Militarisierung der EU... schweigt – aus Angst, dass die Menschen zu den Rattenfängern liefen oder aus der Überzeugung, dass die Menschen die Konkurrenz-Peitsche brauchen – erreicht genau dieses!

Für eine nicht immer einfache, aber unumgängliche dritte Position

Es gilt, eine dritte Position jenseits der Scheinalternative „liberale“ EU-Befürwortung und des Nationalismus zu finden. Denn um eine Scheinalternative handelt es sich aus einem ganz einfachen Grund: Alle Fürsprecher/innen der „Leistungspeitsche Markt" sind auch dafür, dass es Verlierer/ innen gibt (die dann, bei mangelndem Bewusstsein, eben die Abschaffung der Konkurrent/innen, aber nicht des Konkurrenzverhältnisses fordern!). Der Witz ist der: Sowohl Rechtspopulist/innen als auch ihre „liberalen“ Kritiker/innen verlassen NICHT die „Konkurrenz–Profit–Bedürfnisweckungs–Wachstums-logik“! Vielmehr sind sie beide je eine Seite ein und derselben Medaille.

Demgegenüber muss eine emanzipatorische Kritik das Konkurrenz-Verhältnis prinzipiell in Frage stellen. Und da ist das Engagement gegen die Zumutungen von EU, WTO … unabdingbar. Denn einerseits geht es da ganz einfach um die Abwehr von sozialen Katastrophen, andererseits sind diese Auseinandersetzungen potenziell wichtige Ansatzpunkte für eine Welt jenseits des „Geld –Ware – noch-mehr-Geld“-Kreislaufes. Gesellschaftskritisch und emanzipatorisch sind sie aber nur dann, wenn man immer den Bezug zum Kapitalismus und seinen inneren Gesetzen herstellt: Einfacher ist’s leider nicht zu haben!

Reaktionen Auf den Beitrag reagieren

Stephan Jank, 2006-01-27, Nr. 2277

Lieber Walther,

Dein Beitrag bedarf außer des Dankes für seine Präzision in der Darstellung der realen (Nicht)Verfasstheit innerhalb der EU eigentlich keiner weiteren Kommentierung. Würde man denken. Denn ich komme nicht umhin, meiner Freude Ausdruck zu verleihen, dass auch Du mittlerweile das "bürgerliche Bewusstsein" und damit wohl auch alle mit ihm und der bürgerlichen Subjektform verbundenen Probleme nicht nur explizit ansprichst, sondern geradezu in den Mittelpunkt Deiner Überlegungen stellst. Die damit verbundenen Möglichkeiten, unsere Debatte weit über einen rein politökonomischen Ansatz hinaus zu verbreitern, stellen für mich einen wahren Quell der Freude dar. (Schmäh am Rande: Vielleicht könnte man die Konstruktion einer Auffangrinne ins Auge fassen, in die das bürgerliche Subjekt tropfen kann, wenn es wieder einmal an der kristallklaren und eiskalten Glasscheibe zwischen gesellschaftlicher Allmachtsphantasie und privater Ohnmachtsrealität kondensiert) Vielleicht aber ermöglicht auch nur die Metaphysikkritik dieses bürgerlichen Subjekts (wie sie in der nächsten Ausgabe der krisis vorgetragen wird) tiefere Einsichten in die fetischisierte Wertvergesellschaftung des Kapitalismus. Das von Kant mitten aus der Welt hinaus zum "freiwilligen" Bürger-Gott abstrahierte Individuum jedenfalls ist allein schon auf Grund seiner unfreiwilligen Komik ein interessanter Untersuchungsgegenstand.

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