2004-05-11

Das Naheliegendste

I
In der Beschreibung des Naheliegendsten denke ich an meine eigenen Fingernägel an die leise Verstümmelung beinahe unmerklich für die Umgebung mein Kleinkrieg an Nägeln nagen

II
Besser noch nicht an die Liebe heranwagen als Anfängerin zu erwähnen wären in der nächsten Umgebung die in schrägem Sonnenlichteinfall orangebraun leuchtenden Blätter eines Ahornbaumes vor dem Fenster im Kontrast zum kräftig blauen von leichten Wolkennetzen durchzogenen Himmel

III
Mein Vater und Nachbar ist dabei die Heizkörper in meinem Haus zu entlüften dabei wird er im Schlafzimmer die beiden aufgeschlagenen Bettdecken sehen die zwei Pölster das Leintuch fein säuberlich glattgestrichen zwei dunkelrote Zierpölster mit Rosenmuster

IV
Eine Tochter kann einem Vater eine Mutter geworden sein oder ein Gespenst aus der Vergangenheit mit hohlen Augen in die er sich gewünscht hätte zu schauen vor langer Zeit so vermeide ich heute manches Mal den Blickkontakt verschwinde hinter meiner eigenen Haustür

V
Mein Vater sucht in mir eine vergangene Gestalt die verlorengegangen war an die er sich hätte klammern wollen wie sich jedes Kind hätte klammern wollen doch sie war verschwunden gewesen von einem Tag auf den Anderen so wie ich jetzt hinter meiner Tür verschwinde um nicht als die gesehen zu werden die ich nicht bin

VI
Im Müllcontainer ist Einiges zu finden von meinem Vater Zigarettenstummel es riecht nach altem Rauch ich verpacke sorgfältig Binden und gebrauchte Kondome sowie aus dem Kamm gestreifte lange Haare aus dem Abfallkübel im Badezimmer in einem Plastiksack den mein Vater aus dem Container nimmt wenn ich fort bin habe ich etwas unnötigerweise weggeworfen seine Teilhabe an meinem Leben

VII
Wieviel ich schuldig geblieben bin mein Leben gekommen ohne zu fragen nicht willkommen geheissen was ich mir nehme wird immer zu viel sein obwohl es diesmal nur ein Platz im Müllcontainer ist für einen weißen Plastiksack zusammengeschnürt sorgfältig und wieder geöffnet