2003-07-04
Restlinke Seelensplitter
Die Villacher Linke hat ein Privatisierungsproblem: Sie ersäuft im Egotrip und wenn nicht
da, dann im Alkohol. Eigentlich haben wir weder Leberwerte noch Zeit dazu. Wir leben auf
keiner Insel und politische Alzheimer verurteilt uns dazu, bereits vorhandene Erfahrungen
und Analysen noch einmal zu machen. Was ich sagen will: Inhaltliche Diskussion und
politische Gestaltungsfähigkeit auch auf Villacher Boden war schon weiter und auch wir
haben falsch oder ungenügend gehandelt.
Vermutlich ist es nichts lokalspezifisches, aber die in den 70iger und 80iger Jahren
außerhalb der Regierungsparteien Politisierten waren eine Bewegung der Kleingärtner -
hauptsächlich damit befasst, Zäune zu errichten - sich abzugrenzen und nicht selten auch
auszugrenzen. Internationalisten mit beschränkter Haftung und stets bereit zu Konzessionen
an kleinbürgerlichen Ressentiments - eine Nachgeburt der bewegten 60iger - kurzum etwas
warmgehaltenes. In so ferne gibt es nichts Neues an Entwicklung zu berichten. Wir sind
unserer Sozialisierung treu geblieben! Nach wie vor bündnisfähig bis zur Selbstverleugnung
und rundherum offen. Wer allerdings rundherum offen ist, kann auch nicht ganz dicht sein.
Wir haben zuwenig um Standpunkte gekämpft und uns der Beliebigkeit ergeben. Die nicht von
den Linken besetzten Themen haben andere besetzt. Im gesellschaftlichen - politischen Leben
verhält sich ein Vakuum ebenfalls physikalisch - es füllt sich auf mit dem was sich
gerade anbietet. Ein Volk setzt sich in politischer Not und Umnachtung die "Nachtschüssel"
auf. Wohl bekommt's!
Apropos politische Sozialisierung: Wer weis denn 2003 noch, das 1981 (damals) Gemeinderat
Manzenreiter gemeinsam mit dem kommunistischen Gemeinderat Raimund gegen eine Subvention
der Stadt für das Bundesturnfest 1982 mit der Begründung auf dessen rechtsextremen
Background gestimmt haben? Bürgermeister Manzenreiter möchte heute sicher nicht mehr
daran erinnert werden.
Wer weis denn, das die Villacher "Grüne Elite" auf eine sehr revolutionäre politische
Metamorphose zurückblicken kann - von der GRM ( Gruppe revolutionärer Marxisten - den
Maoisten) über die Friedensbewegung zur Umfärbung ihres roten- in ein grünes Herz? Wir
sind nicht links, wir sind nicht rechts - wir sind vorne - war ihre Devise. In Nachlese
betrachtet sind die Grünen jetzt wirklich ganz vorne - und am Ende angelangt. Sie haben
ihren Frieden mit den kapitalistischen Verhältnissen gemacht, reduzieren und
entpolitisieren alle halbwegs kritischen Leute auf das Bepinseln kapitalistischer
Korrosionsschäden mit grünem Lack.
Man glaubt es kaum, "Genosse" Pfeiler trat Anfang der 80iger als Funktionär der
Gewerkschaftsjugend dermaßen links und kapitalismuskritisch auf, dass KommunistInnen
zum Thema nur mehr Randnotizen machen konnten. Mag. Monika Kircher - vormals "Dritte-Welt"
Aktivistin mit antiimperialistischer Grundorientierung - heute sagt man dazu politisch
unverbindlicher und weniger polarisierend "globalisierungskritisch"- mag ein besonderes
Beispiel dafür sein das auch "Linke" dem Charme von Macht und Geld unterliegen können.
Sie ist keine Ausnahme und befindet sich in guter Gesellschaft mit Streicher, Androsch,
Vranitzky, Rudas, Grasser, Reichhold, Klima u.s.w. Das tut weh! Aber das gesellschaftliche
(und damit materielle) Sein bestimmt das Bewusstsein und nicht umgekehrt.
Trotzdem: Villach wäre ohne "Restlinke" auswandernswert. Es ist viel geschehen viel gemacht
worden, der Ertrag gibt uns nicht wirklich recht. Wir sind nicht mehr und stärker -
(trotz Ausbau der absoluten Mehrheit der SP im Gemeinderat) sondern nur älter geworden.
Und wenn wir nicht zur Radikalität des Jetzt Notwendigen finden, dann können wir ja so
weiter machen wie bis jetzt.