2003-05-31
Was mir von Dir blieb
Spinnweben in einem Winkel
neben dem Eingang.
zwei leere Zigarettenschachteln
neben dem Telefon
ein Zettel mit einer Telefonnummer
eine Daunenjacke am Kleiderständer
ein kleiner Tisch
gebastelt aus einem rohen Holzgestell
mit einem Bilderrahmen
als Tischplatte
zwei Geschirrtücher als Tischtuch
darauf zwei leere Tassen
mit vertrockneten Teebeuteln
ein zerbeulter Polster
mit dem Duft von B.
ein Stoffsack mit Karton gefüllt
auf dem ich oft gesessen hatte
auf den zu kalten Stufen zur Küche hin
während Du noch döstest
zusammengekauert
und später
nachdem ich Dir Kaffee
ans Bett gebracht hatte
du aufrecht dagesessen warst
mit dem Aschenbecher
auf der Bettdecke
der ersten Morgenzigarette
Jacobs Capuccino Vanille
in deiner Tasse
zwei Löffel Zucker zusätzlich
denn du magst es gern süß
so dein Morgen
der mein Mittag gewesen war.
Die gelbe Bettdecke nun
nachlässig aufgeschlagen
einige Stufen höher der Ofen
die blasse Asche
auf dem Tisch
das Kofferradio
ein halbes Weißbrot trocken
einige schmutzige Gläser
das offene Fenster
in Richtung Berge
ein Notizblock mit Schriftzeichen
einige Blätter A4
unbeschrieben
eine Schüssel mit Resten von Mehl
ein hartes Stück
von deinem selbstgebackenen Brot
eingewickelt in ein Tuch
im Brotkorb
ein halber Osterkuchen
ein Schokoladenhase
frisch gewaschene Handtücher
drei rohe Kartoffeln am Boden
im Kunststoffnetz
ein voller Abfalleimer
unter der Spüle
die Texte die ich für dich
geschrieben hatte
ein Blatt mit der Adresse
und Telefonnummer von I.
im Kühlschrank zwei offene Flaschen Wein
eine Tomate
ein kleines Stück ungarische Salami
eine Schüssel mit marinierten Kirschtomaten
ein Joghurtbecher halb voll
am Herd ein Topf mit Kartoffelpurree
eine Pfanne mit angebranntem Fett
ein Päckchen Instantkaffee
im Schrank Mehlreste
griffig und glatt
Paprika edelsüß
mit einer Wäscheklammer verschlossen
vier leere Flaschen Bier
schmutzige Teller in der Abwasch
Besteck zwei scharfe Messer
auf der hölzernen Tischplatte
Mehlspuren
ich wische sie
mit einem feuchten Tuch ab
im Bad eine Tasse
mit Kamillentee, alt.
An der Wand
die fleischfarbene Frau
in ihrer Hängematte
sorglos und unbewegt.
Die Bettdecke
nehme ich in die Hand
die Pölster
rieche nochmals das Parfum von B.
sie war also wirklich geblieben
über Nacht.
Ich wasche das Geschirr ab
zuerst das Besteck
dann die Teller die Töpfe
trockne ab
ordne ein
nehme frisches Wasser zuletzt
für die Gläser.
Die alte Schreibmaschine
am Sofa
im Kunststoffbehälter
das Radio die dicke Daunenjacke
Ich putze den Herd
auf den Kochplatten
hattest Du Brot gebacken
mit schwarzen Rändern
dazu hatten wir Würste
gebraten gehabt
während im Ofen
das Feuer prasselte
weißt du noch?
Still ist es nun
ich denke an die Mumien von Venzone
starr mit halboffenen Mündern.
so dieses Haus ohne dich
es ist dunkel geworden inzwischen
ich schließe das Fenster
schalte das Licht aus.
Gmünd, nach der Abreise von Simo aus Zagreb.