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Hans Haider

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2020-11-11

Erinnerung an das Novemberpogrom 1938

SPRECHER A

Der moderne Antisemitismus ist eine Denkform, die in Europa im späten 19. Jahrhundert auftrat. Sein Auftreten setzt frühere Formen des Antisemitismus im Mittelalter voraus. Antisemitismus ist über die Jahrhunderte hinweg immer ein Bestandteil der christlich-westlichen Zivilisation gewesen. Allen Formen des Antisemitismus ist eine Vorstellung von jüdischer Macht gemeinsam: im Mittelalter die Macht, Gott zu töten oder die Pest loszulassen und in der Neuzeit, Kapitalismus und Kommunismus herbeizuführen. Ein allgemein bekanntes Naziplakat bietet ein plastisches Beispiel für diese Wahrnehmung: Es zeigt Deutschland - dargestellt als starken, ehrlichen Arbeiter -, das in Westen durch einen fetten, plutokratischen Kapitalisten bedroht ist und im Osten durch einen brutalen, barbarischen, bolschewistischen Kommissar. Jedoch sind diese beiden feindlichen Kräfte bloße Marionetten. Über den Rand des Globus, die Marionetten fest in der Hand, schaut der Jude. Von einem Antisemiten wird das „internationale Judentum“ als das wahrgenommen, was hinter den Kräften steht, die zum Niedergang althergebrachter Werte und Institutionen führen. Die Juden stellen demnach eine fremde, gefährliche und destruktive Macht dar, die die soziale Gesundheit der Nation untergräbt. Ein Beispiel für diesen antisemitischen Wahn können wir heute beim ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban beobachten. In einer Wahlkampfrede am 15. März 2018 sagte er: "Wir bekämpfen einen Feind, der von uns verschieden ist. Nicht offen, sondern verborgen. Nicht geradeheraus, sondern schlau. Nicht ehrlich, sondern niederträchtig; er glaubt nicht ans Arbeiten, sondern ans Spekulieren; er hat kein eigenes Heimatland, er glaubt, dass ihm die ganze Welt gehört."

SPRECHER B

So hatten die Nationalsozialisten für alle drängenden Tagesfragen, wie Kriegsschuldfrage, Versailler Friedensvertrag, Untergang der Monarchie in Deutschland und in Österreich, Arbeitslosigkeit, Inflation und so weiter eine Antwort bereit: Die Hauptschuldigen an der allgemeinen Not waren für sie die „jüdisch-marxistischen Novemberverbrecher“; der Weltkrieg war nach der Propaganda der Nazis das Werk „imperialistisch-jüdischer Mächte“; die Niederlage war verursacht worden durch „jüdisch-marxistische Kräfte“; der Versailler Friedensvertrag war das Ergebnis der Arbeit „jüdisch-kapitalistischer Regierungen“. Durch alle Argumente, mit denen die Nationalsozialisten die damaligen Zustände bekämpften, zog sich wie ein roter Faden der Antisemitismus. Im Judentum sahen die Nazis den eigentlichen „Weltfeind“, der an allem Unglück des deutschen Volkes Schuld habe.

SPRECHER A

Schon in den ersten Tagen, nach dem „Anschluss an das Deutsche Reich“ im März 1938, brach über die österreichischen Juden eine Welle der Gewalt herein. Jüdinnen und Juden wurden gedemütigt, verspottet, geschlagen, verhaftet und in Konzentrationslager deportiert. Dies alles geschah unter den Augen der Bevölkerung, die in ihrer Mehrheit dem nicht widersprach. Einen dramatischen Höhepunkt erreichte dieser Prozess in der Nacht vom 9. auf den 10. Nov. 1938, während der sogenannten „Reichskristallnacht“. Der 17jährige Jude Herschel Grynszpan, dessen Eltern Ende Oktober 1938, zusammen mit 12000 Jüdinnen und Juden, nach Polen deportiert worden waren, verübte am 7. November 1938 in Paris ein Schussattentat auf den deutschen Diplomaten Ernst vom Rath. In einer Abschiedskarte an seine Eltern schreibt er:
„Meine lieben Eltern!
Ich konnte nicht anders tun, soll Gott mir verzeihen, das Herz blutet mir wenn ich von eurer Tragödie und 12000 anderen Juden hören muss. Ich muss protestieren, dass die ganze Welt meinen Protest hört, und das werde ich tun, entschuldigt mir“.
Am 9. Novembers stirbt Ernst von Rath und noch am selben Abend hält Propaganda Minister Göbbels eine antijüdische Hetzrede in der er die Bevölkerung zu Aktionen gegen Jüdinnen und Juden anstachelt. Anschließend gaben die SA-Führer entsprechende Anweisungen an ihre Mannschaften und in der Folge kam es im gesamten Deutschen Reich, organisiert von den Nationalsozialisten, zu einer ungeheuren Welle der Gewalt gegen Jüdinnen und Juden. Die gesamte jüdische Bevölkerung wurde einem beispiellosen Terror ausgesetzt. Beinahe alle Synagogen wurden zerstört und niedergebrannt, die Schaufenster jüdischer Geschäfte wurden eingeschlagen, die Geschäfte und Wohnungen wurden geplündert. Jüdinnen und Juden wurden gedemütigt, verspottet, geschlagen, verhaftet und in Konzentrationslager deportiert.
In Österreich begannen die Ausschreitungen einen Tag später am Morgen des 10. November. 4600 Wiener Juden wurden nach Dachau deportiert. Auch in Kärnten, vor allem in Klagenfurt und Villach, kam es am 10. und 11. November 1938 zu gewaltsamen Ausschreitungen gegen Jüdinnen und Juden und deren Eigentum. Zerstörung von Besitz, Enteignung und tätliche Attacken prägten auch in Villach das Bild dieser Tage. Erstmals wurde der Bevölkerung die Verfolgungspolitik und Brutalität des NS-Regimes direkt vor Augen geführt. Das Ausmaß der Barbarei übertraf alles Bisherige.

SPRECHER B

Aber schon vor dem Anschluss an Nazi-Deutschland im März 1938 gab es einen weitverbreiteten und hasserfüllten Antisemitismus in Kärnten.
Im Jahre 1922 hat der Villacher Alpenverein auf dem Gipfelhaus am Dobratsch eine Tafel angebracht mit der Inschrift : „Für Juden Eintritt verboten“.
Im Jahre 1933 beging der jüdische Mathematiklehrer Ernst Singer des Villacher Peraugymnasiums Selbstmord, weil er die andauernden rassistischen Beschimpfungen seitens einiger Kollegen nicht mehr ertragen konnte. Mit einer Pistole erschoss er sich im Konferenzzimmer.
Dem Villacher Leopold Fischbach gelang 1938 die Flucht in die USA. Von 1923 bis 1927 besuchte er die Unterstufe des Peraugymnasiums. In seinen Erinnerungen schilderte er sehr eindringlich die täglichen Schikanen, denen ein jüdischer Schüler in Villach damals ausgesetzt war. Der tägliche Weg von der Klagenfurterstraße über den Hauptplatz zur Schule war für den 11-jährigen Leopold ein einziger Spießrutenlauf. Von seinen Mitschülern wurde er andauernd verspottet: „ Jüdchen Jüdchen hed hed hed Schweinefleisch macht dick und fett“. In der Folge mied er den Hauptplatz und benützte Seitengassen um in die Schule zu kommen.
Im Jahre 1933 forderte der Villacher Turnverein seine Mitglieder dazu auf nicht bei Juden zu kaufen: „Jeder Groschen, der zu einem Juden getragen wird, hilft mit die jüdische Macht zu stärken. Deutsches Geld, durch Arbeit deutscher Hände, gehört wieder in deutsche Hände“.

Sprecher A

Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Großdeutsche Reich kam es in Kärnten zu weiteren massiven Diskriminierungen und Einschränkungen gegenüber den jüdischen Bürgerinnen und Bürgern. Der Besuch von höheren Schulen wurde ihnen verboten, in bestimmten Berufen durften sie nicht mehr arbeiten.
Dem Villacher Rechtsanwalt Marzell Glesinger wurde unmittelbar nach dem Anschluss die Ausübung seines Berufes verboten. Seine Kanzlei der 10. Oktoberstraße musste er schließen. Mit seiner Frau Sophie, seiner fünfjährigen Tochter Sascha und seinem zweijährigen Sohn Eduard emigrierte er nach Palästina, wo er als Nachtportier und Gelegenheitsarbeiter seinen Lebensunterhalt verdiente. Er kehrte nie mehr nach Villach zurück.
In der folgenden Zeit gehörten Verhaftungen, Beschlagnahmungen jüdischen Eigentums, Sperrungen jüdischer Geschäfte und die Auflösungen jüdischer Vereine zum Alltag. Sogar Freunde und Bekannte bemühten sich fortan, den Kontakt mit ihren jüdischen Mitbürgern zu meiden. Die Ausgrenzungen nahmen ihren Lauf.
Der Villacher Otto Friessner war damals 15 Jahre alt. Er erinnert sich: Bald nach dem Anschluss sind alle jüdischen Geschäfte gekennzeichnet worden, indem man JUDE auf das Geschäft hinaufschrieb. Leute, die es trotzdem wagten bei Juden einzukaufen wurden zur Rede gestellt. Einmal habe ich beobachtet wie man drei oder vier Leute den Hauptplatz hinunter führte. Sie hatten alle eine Tafel umgehängt auf der geschrieben stand: „Dieses arische Schwein kauft bei einem Juden ein“.

SPRECHER B

Berichte aus Gendarmerie-Protokollen im Jahr 1946 über das Novemberpogrom 1938 im Bezirk Villach.
Obere Fellach bei Villach:
Der Papierfabrikant Josef Sternschuss “Jude“, Inhaber der Pappenfabrik Albeko in Obere Fellach wurde im Jahre 1938 durch das Stadtkommando Villach in Schutzhaft genommen und sein Eigentum arisiert. Die Fabrik wurde durch den Wiener Fabrikant August Ahlborn sodann käuflich erworben. Sternschuss befindet sich derzeit in Haifa in Ägypten. Näheres über sein Schicksal ist unbekannt.
Heiligen-Gestade:
Nach dem Umbruch im März 1938 wurden von Nazis aus Villach sämtliche Einrichtungen des Juden Dr. Erich Loewe, in Berghof in Heiligen-Gestade am Gutsbesitz, zertrümmert und zerschlagen. Später wurde der Besitz arisiert und von der Deutschen Arbeitsfront übernommen.
Stöckelweingarten:
Die Einrichtungen des Juden Kaufmann Glesinger aus Villach, im Wochenendheim in Stöckelweingarten, wurden von jugendlichen Nazis aus Villach nach dem Umbruch zertrümmert. Das Heim wurde dann vom Glesinger verkauft. Sattendorf:
Das Wochenendheim des Juden Rogar in Sattendorf mit ca. 1000 Quadratmeter Grund wurde arisiert und später vom Radischnig, Hauptamtsleiter der NSDAP erstanden. Letzterer derzeit in amerikanischer Kriegsgefangenschaft. Gattin in Stöckelweingarten wohnhaft.
Velden:
Am 10. November 1938 wurde wegen der Ermordung des deutschen Gesandten von Rath in Paris durch die SA Velden die Einrichtung der Judenhäuser Arnstein, Mayer, Löbenfeld-Russ, Kern, Weisshut und Edihaus in Velden demoliert und zum Grossteile vernichtet.

SPRECHER A

Der Villacher Engelhart Anton erinnert sich an das Novemberpogrom:
Im Jahre 1938 bin ich in die 2. Klasse Hauptschule gegangen. An jenem Tag haben wir Nachmittagsunterricht gehabt. Als wir in die Schule gekommen sind hat der Schulwart zu uns gesagt: „Heut ist kein Unterricht, heute ist Judenverfolgung.“ Wir sind also gleich in die Stadt gegangen. Beim Fischbach in der Italienerstraße, gegenüber dem Buchmarkt „Libro“, haben wir zugeschaut wie Sachen aus dem Fenster im 1. Stock herausgeflogen sind. Es waren SA-Leute in Uniform, die das gemacht haben. die SA-Männer sind von hinten über den Hof mit einer Leiter eingedrungen. Alles wurde auf die Straße hinuntergeschmissen: Bücher, Geschirr, Silberbesteck, Bettwäsche, Lebensmittel, auch die Vorhänge wurden heruntergerissen. Was nicht durch das Fenster gepasst hat, ist zuerst zertrümmert worden. Zum Schluss sind große Stoffballen heruntergeschmissen worden. Öfter habe ich Frau Fischbach beim Fenster gesehen. Eine zweite Frau ist auch oben gewesen. Die ist ihr beigestanden und hat sie getröstet.
Dann bin ich weitergegangen. Beim Glesinger, Ecke 10. Oktoberstraße - Oberer Kirchenplatz, sind auch die Sachen auf der Straße gelegen. Neben der Buchhandlung Pfanzelt, am unteren Kirchenplatz, war ein kleines Geschäft. Dort wurde eine Frau herausgeschliffen und zur Gestapo hinuntergeführt. Warum das weiß ich bis heute nicht. Der Hauptplatz war voller Menschen. Ein unglaublicher Tumult. Auf dem Sockel der „Pestsäule“ sind Jugendliche gestanden, die immer wieder geschrien haben: „Hoch hänge der Jude am Laternenpfahl.“ und „Jude verrecke im eigenen Drecke“. Daran kann ich mich ganz genau erinnern.

SPRECHER B

Die Villacherin Edith Schnattler kann sich an die „Kristallnacht“ in Villach noch erinnern:
Ich war damals 11 Jahre alt und bin die Hauptschule gegangen. Wir hatten Nachmittag-Unterricht, der um 13 Uhr begann. Nach der Schule bin ich bis nach Oberwollanig zu Fuß nach Hause gegangen. Im Herbst und im Winter war schon finster, wenn ich heimgekommen bin.
An jenem Tag – nach der Schule – sind in der Italienerstraße – Ecke Technischer Hof, beim Fischbachgeschäft – sehr viele Leute herumgestanden. Ich bin näher hingegangen und dort war ein riesiger Haufen mit verschiedenen Sachen – Geschirr, aufgeschlitzte Mehlsäcke, zertrümmerte Möbel- auf dem Gehsteig. Rundherum lagen viele Postkarten verstreut. Eine davon hab ich aufgehoben. Ich konnte das Wort Gallizien lesen. Ein Wort, dass ich nie mehr vergessen habe. Aus dem offenen Fenster im ersten Stock hat Frau Fischbach herausgeschaut. Sie war in Trauer, weil kurz vorher jemand gestorben ist. Ich habe sie gekannt, weil meine Mutter dort öfter eingekauft hat. Sie hat die Hände über den Kopf zusammengeschlagen und geschrien: „Mein Gott, mein Gott, so hört doch endlich auf.“ Zwei Männer haben sie an der Schulter gepackt und zurückgerissen.
Ich war erschrocken und habe Angst gehabt. Ich habe das alles nicht verstanden.- Ich wusste nicht was Juden sind. Mein Empfinden war: „Erwachsene sind gewalttätig.“. Als ich endlich daheim war, war es schon ziemlich finster. Ich habe alles meiner Mutter erzählt. Ich wollte, dass sie mir das alles erklärt. Meine Mutter sagte nur: “Mein Gott, was die da treiben, auch für die wird noch die Stunde kommen.“
Später, als ich schon in die Lehrerbildungsanstalt gegangen bin, habe ich in Villach öfter einen Mann mit einer gelben Armbinde und einem schwarzen Judenstern gesehen. Er hat immer auf den Boden geschaut. Nach dem Krieg bin ich draufgekommen, dass das der Herr Zwerling gewesen ist.

Sprecher A

Der Villacher Jude Leon Zwerling war zur Zeit des Novemberpogroms 72 Jahre alt. Der pensionierte Eisenbahner besaß ein Haus am Oberen Heidenweg Nr. 34. Um Kärnten judenfrei zu machen, musste er 1942 nach Wien gehen. Von Wien aus organisierte Adolf Eichmann die Deportationen in die Konzentrationslager. Leon Zwerling war nicht darunter, er hatte Glück und kehrte im Oktober 1945 nach Villach zurück.
Nach dem Krieg schildert Leon Zwerling die Ereignisse des Novemberpogroms:
Am Nachmittag des 10. November 1938 erschien bei mir im Garten der Kaufmann Franz Wutte, der Malermeister Friedrich Meyer, der Arbeiter Hubert Latterer, und ein gewisser Hans Triebelnig. Ich war damals gerade im Garten beschäftigt. Der Malermeister Friedrich Meier forderte mich mit den Worten „Jude gib die Waffen heraus“ zur Waffenabgabe auf. Ich erwiderte, dass ich keine Waffen habe und dass sie beruhigt meine Wohnung nach solchen durchsuchen können. Es begaben sich dann alle in meine Wohnung im ersten Stock. Auf die neuerliche Aufforderung zur Herausgabe von Waffen, beteuerte ich keine zu besitzen, worauf Friedrich Meier das Kommando los gab. Alle vier Personen machten sich dann daran, meine Wohnungseinrichtung zu zerstören. Es dauerte kaum eine halbe Stunde und die gesamte Wohnungseinrichtung war demoliert. Sie haben nicht nur Einrichtungsgegenstände, sondern auch Geschirr, Lebensmittel und dergleichen vernichtet. Außerdem wurden Gläser mit Eingekochtem vernichtet. Nach diesem Zerstörungswerk sind sie wieder fort und haben hinter sich die Wohnungstür abgesperrt, sodass ich mit meiner Frau genötigt war, die Wohnung über den Balkon zu verlassen. Meine Frau ist 66 Jahre alt und ich bin schon 75 Jahre. In der Folge musste ich mit meiner Frau, da wir gar keine Betten hatten, mehrere Tage auf dem Boden liegen. Später erhielten wir von Verwandten Betten und Geschirr.

SPRECHER B

Aus einem Interview mit der Villacherin Frau Mathilde Wassertheurer betreffend Maria Gornik:
Eines Tages im Jahre 1942 wurde Frau Maria Gornik vor ihrer eigenen Greißlerei in meiner Anwesenheit verhaftet. Frau Maria Gornik hatte schon längere Zeit davor Angst, weil sie eine Jüdin war. Die Verhaftung erfolgte durch einen zivilen Gestapobeamten und einen uniformierten Polizisten. Frau Maria Gornik wurde in den Gestapo-Arrest, Ankershofengasse in Villach gebracht. Laut Aussage eines Villacher Polizisten wurde sie während der Haft an den Haaren gerissen und geohrfeigt. Auf Bitten von Herrn Wilhelm Gornik fasste Frau Wassertheurer ihren ganzen Mut zusammen und ging in Begleitung ihres zehnjährigen Sohnes und ihrer dreijährigen Tochter, die sie zu ihrem eigenen Schutze mitnahm, zur Inhaftierten. sie brachte ihr RIF-Seife, Kreidezahnpasta, von Herrn Wilhelm Gornik selbst gebackene Kekse und andere Utensilien.
Herr Wilhelm Gornik fuhr in die Reichskanzlei nach Berlin, um eine Enthaftung seiner Frau zu erwirken. Aber er konnte nichts erreichen. Frau Maria Gornik kam ins KZ Auschwitz. Eines Tages erhielt Herr Wilhelm Gornik den Totenschein. Frau Maria Gornik war im KZ verstorben, angebliche Sterbeursache war Lungenentzündung.

SPRECHER A

Jene Kärntner Jüdinnen und Juden, denen die Flucht gelungen war, überlebten das nationalsozialistische Regime in unterschiedlichen Ländern. Nach Kriegsende kamen nur wenige von ihnen nach Österreich zurück. Die Verletzungen waren zu groß. An eine Rückkehr in jenes Land, in dem man ermordet werden sollte und wo oft ein Großteil der Familienangehörigen getötet worden war, war nicht zu denken. In Kärnten wurde keine neue jüdische Kultusgemeinde eingerichtet Das jüdische Leben war vollkommen zerstört worden. Heute erinnern nur mehr der jüdische Friedhof in Klagenfurt und eine Gedenktafel am Ort des früheren Bethauses in Klagenfurt an die Existenz einer jüdischen Gemeinde in Kärnten.

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