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Andreas Exner

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2014-09-30

Land ohne Menschen?

Zur Idee ungenutzten Landes in Afrika am Beispiel Tansanias

von Andreas Exner, ÖIE Kärnten

„Dieses Land ist ungenutzt, ungenutzt, ungenutzt“, hört man den Vertreter der staatlichen Entwicklungsagentur im tansanischen Rufiji-Delta sagen. Nachgerade unwirsch reagiert er auf die Nachfrage der Reporterin von CNN. Im Rufiji-Delta leben doch viele Bäuerinnen und Bauern, sagt diese. Doch die tansanische Entwicklungsbehörde will Investoren holen. Sie sollen die Landwirtschaft entwickeln, den Ertrag steigern. Das alles wäre nur zum Besten, versichert der Vertreter.

Dieser Ausschnitt eines Interviews ist bezeichnend für die gegenwärtige Debatte um Biofuels, offshore-Farming und die afrikanische Landwirtschaft. Das Schlagwort vom „Landraub“ oder des „Land Grabbing“ kennen viele. Doch kaum bekannt sind manche Hintergründe, die dabei eine Rolle spielen. So eben auch die Frage des ungenutzten Landes. Selbst unter Expertinnen und Experten ist das Unwisssen, ist die Unsicherheit dazu momentan noch groß. Doch wird das häufig nicht unbedingt kenntlich gemacht.

Das Interesse am „ungenutzten Land“

Einschlägige Studien hantieren lieber mit präzise wirkenden Zahlen. So behauptet die GTZ, eine Einrichtung der bundesdeutschen Entwicklungshilfe in Hinblick auf Tansania, in einer Studie 2005, dass 44,4 Millionen Hektar potenziell für die landwirtschaftliche Produktion verfügbar seien. Als Schlussfolgerung wird präsentiert: „Die Verfügbarkeit von Land ist wahrscheinlich kein Hindernis für die Produktion von Bioenergie in Tansania“. Bei einer Landfläche von 88,85 Millionen Hektar sind 44,4 Millionen keine kleine Zahl. Zumal, wenn man bedenkt, dass Weltbank, FAO und FAOSTAT in verschiedenen Publikationen der letzten Jahre eine Fläche zwischen ungefähr 35 und 37 Millionen Hektar als „landwirtschaftlich genutztes Land“ veranschlagen.

Dann liegt die Vermutung nahe, dass es genügend Raum geben müsse, um in Tansania zwei potenziell widerstreitende Ansprüche zufrieden zu stellen: Einerseits die Nutzung von Land für den einheimischen Ernährungsbedarf, andererseits die Produktion von Biofuels. Der immer wieder angenommene Widerspruch zwischen Ernährungssicherung und Biosprit wäre damit, so die Argumentation, entschärft: nicht „Tank oder Teller“, sondern „Tank und Teller“ könnte es folglich heißen.

Doch ist es wirklich so einfach?

Der Alltagsverstand glaubt rasch scheinbar präzisen Zahlen. Und auch nicht wenigen Fachleuten geht es so. Entweder weil der Zauber der präzisen Zahl tief im abendländischen Denken eingeschrieben ist. Oder weil man in den hektischen Diskussionen der Tagespolitik oder für rasche Stellungnahmen keine Zeit zu haben glaubt Unsicherheiten zu benennen und Urteile entsprechend vorsichtig zu fällen.

Vor allem aber drängen machtvolle Profitinteressen nach der Produktion von Biosprit – nicht nur in Tansania. Dass es doch ausreichend „ungenutztes Land“ gäbe, um dem Dilemma „Tank versus Teller“ zu entkommen, wurde und wird gerade für Afrika immer wieder angenommen.

Die unsichtbar Gemachten

Wie aber schaut die Realität eigentlich aus? Wo liegen die Unsicherheiten, was kann sicher ausgesagt werden?

Wenden wir unseren Blick erneut auf Tansania.

Sogar die Weltbank stellt in ihrem Bericht aus dem Jahr 2010, der sich um das von ihr so genannte landwirtschaftliche Investment dreht, eine Problematik fest. Zwar sind der Weltbank zufolge 8,7 Millionen Hektar für Biosprit-Projekte verfügbar. Allerdings „wird nur sehr wenig dieses Landes, wenn überhaupt, von Ansprüchen frei sein, die seitens eines potenziellen Investments zu berücksichtigen sein werden, und zwar sogar dann, wenn diese Ansprüche nicht formalisiert sind.“ Die Weltbank definiert die soeben genannten 8,7 Millionen Hektar als jenes Land in Tansania, das „nicht kultiviert, nicht unter Naturschutz stehend und nicht bewaldet“ sei und zudem „eine Bevölkerungsdichte von weniger als 25 Personen pro Quadratkilometer“ aufweise.

Diese Schätzung wirkt transparent und auf sicherem Boden stehend. Doch auch hier ist die wissenschaftliche Grundlage durchaus nebulos. Genau bekannt sind zwar die unter Naturschutz stehenden Flächen. Mit etwa 25 Millionen Hektar, das sind 27% der tansanischen Landfläche, sind diese Gebiete ein wesentliches Konfliktfeld zwischen dem Interesse des tansanischen Staates, Devisen zu erwirtschaften, und den Erfordernissen der lokalen Bevölkerung, genug Lebensmittel für sich zu produzieren. Dieses Konfliktfeld wird umso heftiger umkämpft, als die Naturschutzgebiete Tansanias sich zuerst der Kolonialverwaltung, späterhin der Vertreibungs- und Ausschlusspolitik der unabhängigen tansanischen Regierungen verdanken. Zudem ist nicht einmal klar, ob sich der Wildtierreichtum nicht gerade der verfemten menschlichen Nutzung verdankt.

Die Grenze zum bewaldeten Gebiet könnte freilich einigermaßen objektiv und auf Grundlage aktueller Geodaten gezogen werden. Doch abgesehen davon besteht eine große Unsicherheit, und zwar gerade in punkto des entscheidenden Wörtchens „kultiviert“. Wenn man als „kultivierte Fläche“ nur die nach westlichem Vorbild angelegten Felder der industriellen Landwirtschaft gelten lassen will, oder jedenfalls die auf Luftbildern klar erkennbaren landwirtschaftlichen Flächen in einem Jahr, so wird ein großer Teil der tatsächlichen Nutzungsformen damit ausgeschlossen.

Und dieser Ausschluss betrifft dann jene Flächen, die für das Überleben breiter Bevölkerungsgruppen ausschlaggebend sind.

Kehren wir zurück zu der Zahl von rund 37 Millionen Hektar, die von FAO und Weltbank als das „landwirtschaftlich genutzte Land“ betrachtet werden. Hier wird zunächst einmal jener Teil nicht berücksichtigt, der für den Rotations- oder Wanderfeldbau benötigt wird. Diese traditionelle Wirtschaftsweise lässt sich auf Luftbildern nicht gut erkennen. Für jedes sichtbare Feld müsste man ein Mehrfaches zählen, das für Brache notwendig ist. Bracheflächen wechseln sich mit dem Anbau ab, sodass sich Nährstoffe ansammeln und der Boden erholen kann. Weiters werden eine Reihe anderer Nutzungen damit unter den Tisch gekehrt, das Sammeln von Wildpflanzen ebenso wie von Heilpflanzen oder von Feuerholz und Honig. Diese Nutzungen sind jedoch alle überlebensnotwendig.

So hat etwa eine Studie der FAO für ihre Fallstudien in Tansania ergeben, dass in Zeiten von Nahrungsmittelknappheit das Sammeln von Wildpflanzen bis zu 80% des Lebensmittelbedarfes stellen kann. Gerade die Ärmsten der Armen sind auf die scheinbar „ungenutzten“ Flächen angewiesen. Und die Weltbank selbst stellt für Tansania fest, dass 75% aller Baumaterialien, 95% aller Energieträger und 100% aller traditionellen Medizin aus Wäldern stammen.

In den Veröffentlichungen zu angenommenen Flächen „ungenutzten Landes“ wird noch eine weitere Gruppe regelmäßig ausgeschlossen. Das sind die teilweise nomadisierenden viehzüchtenden Gruppen. Rund 4 Millionen Menschen, das sind etwa 10% der tansanischen Bevölkerung, hängen von Viehzucht ab. Genaue Zahlen zu dem von ihnen genutzten Land fehlen bis heute. Grundsätzlich sind rund 30 bis 60% der tansanischen Landfläche so trocken, dass sie hauptsächlich nur für die Viehzucht genutzt werden können. Auf Basis einer Schätzung von Stückzahlen Vieh kann man die heute dafür in Anspruch genommene Fläche auf etwa 43 Millionen Hektor beziffern.

Dieser kleine Einblick in die Untiefen von Landstatistiken in Afrika soll deutlich gemacht haben: Wer heute mit Zahlen zu „ungenutztem Land“ zugunsten von Biosprit-Produktion argumentiert, sollte auch klarlegen können, wie diese Zahlen zustande kamen.

Eine kleine aber instruktive Rechnung

Gibt es nun in Tansania tatsächlich keinerlei „ungenutztes Land“?

Momentan weiß das niemand. Und das wird auf absehbare Zeit wahrscheinlich auch so bleiben. Denn allein schon um die Nutzung durch viehzüchtende Gruppen zu erheben, müsste man diese konkret fragen, welche Flächen sie in Anspruch nehmen und welche nicht. Auf Luftbildern ist dies immer nur sehr unzureichend oder überhaupt nicht zu erkennen. Eine Befragung der Menschen vor Ort aber ist für die großangelegten Zahlenspiele, die Investoren im Biosprit-Bereich als Argumentationshilfe für ihre Projekte interessieren, regelrecht unbezahlbar.

Eine Forschungsgruppe der IIASA in Laxemburg kommt in einer noch unveröffentlichen Studie jedoch zum Schluss, dass selbst auf Basis einer Auswertung von Luftbildern kaum mit „ungenutztem Land“ in Tansania zu rechnen sein dürfte – jedenfalls nicht in der Größenordnung, die sich bestimmte Interessensgruppen häufig wünschen.

Allerdings kann eine einfache Schätzung schon verdeutlichen, dass Land ohne Nutzung in Tansania kaum in großem Umfang zu erwarten ist. Wenn die Landfläche 88,5 Millionen Hektor beträgt und durch eine Bevölkerung von 44,9 Millionen dividiert wird, so ergeben sich im Schnitt weniger als 2 Hektar pro Person. Diese geringe Fläche steht jedoch tatsächlich gar nicht zur Verfügung. Denn man muss 35,2 Millionen Hektar Wald und 4,7 Millionen Hektar andere bewaldete Fläche abziehen. Ein unbekannter Teil der verbleibenden Fläche ist – wie gesagt – der in einem Jahr brach liegende Teil von Systemen des Rotations- und Wanderfeldbaus oder Teil von anderen lebenswichtigen Nutzungen. Wenn man nur die Waldfläche von der gesamten zur Verfügung stehenden Fläche abzieht, reduziert sich die durchschnittliche landwirtschaftliche Nutzfläche pro Kopf in Tansania auf nur 1 Hektar. Und dabei ist immer noch nicht berücksichtigt, dass ein weiterer großer Teil ja in Naturschutzgebieten liegt und für die einheimische Bevölkerung unzugänglich ist.

Wenn 1 Hektar landwirtschaftlich einigermaßen gut nutzbarer Fläche in warmer Lage in Österreich im Schnitt ausreicht, um eine Person ganzjährig vegan zu ernähren, so ist diese Fläche in einem Land wie Tansania dagegen augenscheinlich sehr gering um auch nur die grundlegenden Bedürfnisse des Lebens zu decken. Dabei ist zu bedenken, dass Tansania – im Unterschied zu Österreich – kaum „Fläche importieren“ kann, etwa in Gestalt von Energieträgern, Nahrungsmitteln und Baumaterialien aus anderen Ländern.

Welche Nutzungen zählen für wen?

Die Rede vom „ungenutzten Land“ bedeutet daher in in diesem Sinne, bestimmte Nutzerinnen und Nutzer als irrelevant zu betrachten. Die vpm industriellen System aus gesehen unterproduktive Landwirtschaft gilt dann als quasi nicht vorhanden. Und die vom tansanischen Staat – wie schon vom Kolonialstaat – ungeliebten Hirtengruppen verschwinden überhaupt fast restlos in den wenig transparenten Statistiken.

Diese Situation ist nicht nur betrüblich, sondern potenziell lebensbedrohlich.

Dann nämlich, wenn beispielsweise die EU Beimischungsziele für Biosprit formuliert und unter anderem EU-Firmen darauf mit Profiterwartungen reagieren. Sie suchen Investitionsmöglichkeiten nicht zuletzt in Tansania. Sie gebrauchen Statistiken wie die zuvor genannten als Argumentationshilfe gegenüber NGOs, Medien und der kritischen Öffentlichkeit. Auch der tansanische Staat, der solche Investitionen erleichtern will, stützt sich auf diese Statistiken, mit ähnlichen Zielsetzungen.

Vor Ort treten die landwirtschaftlichen Investitionen dann vielfach als „Landraub“ in Erscheinung. Oder als intransparente, von erheblichen Machtungleichgewichten geprägte Landverkäufe oder -verpachtungen – zum Nachteil der lokalen Bevölkerungen, jedenfalls ihrer ärmsten Schichten. Und so kommt es unter anderem dahin, dass ein Behördenvertreter die Bäuerinnen und Bauern des Rufiji-Deltas quasi für nicht existent erklärt. Sie drohen nicht nur manchen Biosprit-Projekten, sondern auch dem offshore-Farming in die Quere zu kommen.

Eine Lösung dieser Problematiken ist indes nicht durch bessere Statistiken zu erreichen. Notwendig ist zunächst eine Neuorientierung der Landwirtschaftspolitik im Sinn von Ernährungssouveränität – in Europa wie in Afrika. Menschen müssen über ihre Ernährung selbst bestimmen können. Dazu sind kleinbäuerliche Strukturen und deren Unterstützung vonnöten. Ein solcher Wandel müsste Teil einer umfassenderen Veränderung hin zu mehr Teilhabe und Selbstbestimmung aller Menschen sein.

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PLEs can also refer, 2015-09-26, Nr. 6377

PLEs can also refer to Performance Learning Environments equally as well. This has bemcoe evident through discussions & outcomes of many sessions at ICELW 2009 just held in New York. (International Conference for Learning in the Workplace)The increasing need of workers across an assortment of workplaces to aggregate tools & resources to assist with immediate 'just in time'learning & performance support will place greater focus on refining the use of PLE's - whichever definition.

Knarf Nibmar If o, 2015-12-11, Nr. 6404

Knarf Nibmar If offering cotstitunional governance to the electorate as the truly legitimate stance for any candidate for the office of the presidency of our cotstitunional republic is a misappropriation of campaign funds, then viva le misappropriation.

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