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Ludwig Roman Fleischer

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2012-12-24

SAGRADA FAMILIA

Dr. Pater Bernhard Fels war ein Pfarrer von barocker Heiterkeit. Als Gesandter Gottes leitete er die Pfarre zum Heiligen Franz von Assisi mit Umsicht, Milde und großem Verständnis für die menschlichen Schwächen seiner Schäfchen. Auch mit fast sechzig Lebensjahren noch ein stattlicher, dunkelhaariger Mann von bärenhafter Statur, besaß er eine dröhnende, aber modulationsreiche Bassstimme, die dem Herrn im Himmel selber alle Ehre gemacht hätte. Pfarrer Fels nützte dieses mächtige Predigerorgan nicht, um polternd und donnernd seinen Schäfchen ob ihrer Laschheit und Saumseligkeit in Glaubensdingen die Leviten zu lesen. Solches überließ er dem Starprediger Pater Albert, der - in Baritonlage stimmlich ähnlich beeindruckend wie sein Pfarrer, jedoch von unbeeindruckenderem Äußeren – Salz und Pfeffer auf die Gemeinde niederprasseln ließ. Der schlug mit den Fäusten auf die Kanzel (und später, nach den Reformen es Zweiten Vatikanischen Konzils) auf das Rednerpult, nannte das Gros der Gläubigen Kleingläubige, geißelte Kleinmut, Heuchelei, Neid, Geiz, Feigheit und Verlogenheit und stellte für derlei die intensivsten jenseitigen Strafen in Aussicht. In meiner katholischen Knabenphase haben mich beide Gottesmänner stark beeindruckt: Pater Albert durch seine Strenge, Pater Bernhard durch seine Güte.
In kirchlichen Fragen war Pfarrer Fels eher konservativ, dies aber auf gemütliche, milde und ermunternde Weise. Er muss auch Verständnis für freisinnige, ja geradezu rebellische Glaubensideen gehabt haben, ansonsten hätte er den blonden, hübschen und temperamentvollen holländischen Kaplan Frans van der Bruggen nicht gewähren lassen. In seinem drolligen holländischen Akzent lobte Kaplan van der Bruggen bei Predigten und bei Veranstaltungen der katholischen Pfarrjugend die großen humanistischen Ideen des Marxismus, verlangte von jungen Christen, dass sie Sozialrevolutionäre und Querdenker sein müssten, pries das große Gottesgeschenk der geschlechtlichen Liebe und behauptete, er würde die Muttergottes auch dann für die verehrungswürdigste Frau aller Zeiten halten, wenn sie eine Hure wie Magdalena gewesen wäre. Pater Albert, der Donnerer, und Pater Frans van der Bruggen, der Rebell, waren Rivalen. Jeder hatte seine eigene Anhängerschar in der Pfarre: der eine die alternden Spießbürger, der andere die Jugend. Den Pfarrer aber liebten alle.
Zu Beginn der Fastenzeit dröhnte Pfarrer Fels milde die Fastengebote auf die Gemeinde hernieder. Man möge sich ein wenig zurückhalten, vielleicht ein bisschen weniger rauchen und trinken. Am Karfreitag sei das Fleisch essen untersagt, der Genuss von Schmalz und Grammeln hingegen erlaubt. „Schmalz und Grammeln“ betonte er so genussvoll, dass man – Fastenzeit hin, Fastenzeit her – Appetit bekommen konnte. Gerne erschien Pfarrer Fels bei Veranstaltungen der Pfarrjugend im Pfarrheim. Dann pflegte er zwei Doppelliter Messwein in seinen Armen zu halten und zu brummen: „Wart´s amoi, ihr habt´s garantiert z´wenig zum trinken.“
Und dann ließ er sich – wohlig ächzend – auf seinem Stuhl nieder und gab den einen oder anderen Witz zum Besten. Zum Beispiel jenen von den Glocken der kleinen Ruprechtskirche, der etwas größeren Minoritenkirche, der noch mächtigeren Votivkirche und der gewaltigen Pummerin des riesigen Stephansdoms.
„Da läutet die Glocken von der Minoritenkirchen: Äbtissin hot a Kind kriagt, Äbtissin hot a Kind kriagt!“
Pfarrer Fels sang die Botschaft mit für ihn ungewöhnlich heller und klarer Tenorstimme.
„Drauf fragt die Glocken von der Votivkirchen: Von wem denn? Von wem denn?“
Hier hatte er zu einem fülligen Bariton gewechselt und er setzte mit dröhnendem Stephansdom-Bass fort:
„Vom Domherrn, vom Domherrn“,
worauf er in Mezzosopranhöhen emporschrillte, um das Glöcklein der kleinen Ruprechtskirche zu impersonieren:
„Hob ma´s eh glei denkt, hob ma´s eh glei denkt!“
Den eigenen Witz kommentierte Pfarrer Fels mit dröhnendem Lachen: „Hwaaa, hwaaa, hwaaa, hwaaa!“
Ein anderer Witz, den er gerne erzählte, war jener von den Medizinern, den Benediktinern und den Bernhardinern:
„Der Mediziner hat ein Heilserum, der Benediktiner hat ein Seil herum und der Bernhardiner hat den Rum herum, hwaaa, hwaaa, hwaaa.“
Keinerlei Probleme hatte der im Allgemeinen konservativ und traditionalistisch auftretende Pfarrer Fels damit, pfarrbekannten Ehebrechern oder in zweiter Ehe konkubinierenden Gläubigen das Sakrament der Eucharistie zu spenden, denn, so er: „Das müssen sich die schon mit dem Herrgott höchstsöhba ausmachen.“ Einen depressiven Volksschullehrer, der sich am Dachboden aufgehängt hatte, gewährte er ein christliches Begräbnis, denn „nur der Herrgott im Himmel weiß, ob unser Glaubensbruder seine Tat nicht in letzter Sekund´ doch noch bereut hat.“
Ja, vielleicht war Pfarrer Bernhard Fels nur deshalb so milde, verständnisvoll und barmherzig, weil er seinerzeit als Jungpriester selber einen kapitalen Fehltritt begangen hatte: In der Pfarre war es ein halboffenes Geheimnis, dass der Pfarrsekretär Imre Györi des Pfarrers leiblicher Sohn war: Ein ähnlich benevolent dröhnender Menschenfreund wie sein Vater, gemütlich rührig und verlässlich, barmherzig, hilfsbereit und lauter, und im übrigen dem Vater auf eine beinahe parodistische Weise aus dem Gesicht und vom Leib geschnitten. Nur, dass er seine Philanthropie in pfarrbürokratischer Art auslebte und nicht in seelsorgerischer wie der Pfarrer. Imres Mutter war 1956 aus Ungarn geflüchtet. Mittellos, heimatlos und ohne berufliche Ausbildung wie sie war, hatte man ihr im Pfarrhaus Quartier gewährt und der junge Pater Bernhard Fels kümmerte sich besonders um sie. Einen Posten als Haushälterin in seiner weitverzweigten Verwandtschaft hat er ihr besorgt und er ist ihr menschlich, allzu menschlich, so nahe gekommen, dass Imre Györi geboren wurde. Die Liebesbeziehung Pater Bernhards mit der schönen Magyarin Erzèbeth Györi habe, so erzählte man es sich, noch einige Jahre weiterbestanden, bis die Geliebte einem frühen Tod durch Leukämie erlegen sei. Pater Bernhard habe sich um den Buben in rührender und rühriger Manier gekümmert und ihm – nun bereits Pfarrer – den gerade frei gewordenen Posten des Pfarrsekretärs übertragen. Inwieweit Pfarrer Fels in dieser Sache seine Vorgesetzten angeflunkert oder mit ihnen Tacheles geredet hat, konnte niemand sagen.
In den Dramen des Welttheaters scheitern große Männer häufig an einem sich schon früh andeutenden tragischen Makel. Doktor Pater Bernhard Fels ist auf seine Weise ein großer Mann gewesen, der gleichwohl nicht für ein großes Drama des Welttheaters getaugt hätte. Er wies nämlich einen eher komischen Makel auf. Dieser bestand schlicht in einer allzu großen Zuneigung zum weiblichen Geschlecht. Dies nicht nur im Sinne der Agape, sondern durchaus auch im Sinn des Eros. Die Geschichte mit der schönen Erzèbeth soll da keineswegs der Anfang und schon gar nicht das Ende gewesen sein. In der Pfarre wurde von pfarrherrlichen Affären mit der reschen Köchin der siebziger Jahre, der vorgeblich jungfräulichen Religionslehrerin Lizzi Maier, einer inbrünstig protestantischen sozialistischen Bezirksrätin und der einen oder anderen untröstlichen Witwe gemunkelt. Im Sprengel nahm man derlei dem Pfarrer Fels nicht krumm. Er war, wie gesagt, auf seine Weise ein großer Mann und als Ehe- und Liebesproblemberater dank seiner einschlägigen Erfahrung mit Sicherheit glaubhafter als ein jungfräulicher geistlicher Herr.
Ich selber habe in meiner katholischen Knaben- und Jünglingsphase meine Sünden gegen die Keuschheit am liebsten bei Pfarrer Fels gebeichtet. Der hat sie mit Verständnis und Sympathie kommentiert – „na ja, solcherne fleischlichen Anfechtungen kenn´ mer ja olle“ – und mir schlimmstenfalls drei Vaterunser, Gegrüßetseistdumaria und Ehreseigottinderhöhe aufgebrummt und von mir „zwar schon a bisserl Reue“ abverlangt, aber mir keineswegs das Versprechen abgenommen, solche Sünden nicht wieder begehen zu wollen. Pater Albert hätte mich durch den Beichtstuhlgrill hindurch faschiert, Pater van der Bruggen nach beschämenden Einzelheiten gefragt. Alle anderen Beichtväter der Kirche zum Heiligen Franz hätten mich mit ihrer Welt- und Sündenfremdheit in Verlegenheit gesetzt. Bei Pfarrer Fels hingegen fühlte ich mich verstanden, begriffen, väterlich angenommen. Von seinen Eskapaden wusste ich damals noch nichts. Ja, ich war gläubig und katholisch aktiv in der Pfarre zum Heiligen Franz von Assisi, der sich angesichts eines Pfarrers wie Bernhard Fels in der Kirche seines, Franzens, Namens im Grab umgedreht haben mag. Ministrant war ich, im Kirchenchor sang ich, der Pfarrjugend gehörte ich an. Bis ich in Anbetracht der Aufregungen des profanen Studentenlebens meinen Glauben einbüßte und Pfarrer Bernhard und die Kirche zum Heiligen Franz von Assisi langsam ein wenig aus den Augen und dem Sinn verlor.
Der Pfarrer war ein Schulkollege meines Vaters gewesen. Gemeinsam hatten sie Knaben- und Jünglingsträume geträumt, Knaben- und Jünglingsabenteuer bestanden. Dann hatte Bernhard Fels Theologie und mein Vater Medizin studiert. Mein Vater hatte – der nicht allzu ausgeprägten Fruchtbarkeit seiner selbst und meiner Mutter – eine Einkind-Kernfamilie gegründet, die er oft seine Sagrada Familia nannte, seine heilige Familie. Pfarrer Fels ist bei unserer Sagrada Familia ein gern gesehener Gast gewesen. Gelegentlich gab er mir Nachhilfe in Latein. Vor allem aber konnte er ein gutes Essen und eine gute Flasche Wein genießen wie kein anderer und seine Pfarranekdoten hätten auch jede größere und sophistikatere Gesellschaft als die Sagrada Familia aufs Beste unterhalten. Meine katholisch aktive Mutter liebte Pfarrer Felsens Besuche und wohl auch ihn selbst. Mit meinem Vater verband ihn eine polternde Kamaraderie, die – meines Vaters katholischer Saumseligkeit ungeachtet – für Freundschaft und Heiterkeit sorgte. Als ich neunzehn Jahre alt war, verließ ich die elterliche Bleibe und zog in eine studentische Wohngemeinschaft wie so viele meiner Alters- und Bildungsgenossen. Ich wollte vor allem der Atem verknappenden Obsorge meiner Mutter entkommen.
Diese Obsorge lebte noch einmal auf, als ich bei einem Motorradunfall schwer verletzt worden war. Eine Zeitlang schwebte ich, wie es die einschlägige Phrase haben will, zwischen Leben und Tod, tat also das, was wir alle ein Leben lang tun. Pfarrer Fels hat mir damals die Krankensalbung erteilt, die im Volksmund „Letzte Ölung“ heißt. Ich bekam Bluttransfusionen und wurde perfekt wieder zusammengeflickt. Die Ehe meiner Eltern aber hat es im Zuge dieser Ereignisse in unflickbarer Weise zerrissen. Mein Vater machte damals nämlich eine medizinische Entdeckung, die er mir in seinem Testament mitgeteilt hat. Bis zu meinem Unfall hatte sich – eigentlich überraschend beim Sohn eines Arztes – niemand die Mühe gemacht, meine Blutgruppe festzustellen. Angesichts der Bluttransfusionen musste das endlich nachgeholt werden und da gab es ein Ergebnis, das meinem Vater zu seiner medizinischen Entdeckung verhalf. In seinem Testament, das ich jetzt, als Sechsundzwanzigjähriger, in Händen halte, liest sich das folgendermaßen:
„Mein lieber Bernhard, dessen von mir abgesegneten Vornamen ich nicht anders, denn als Ironie empfinden kann. Zumal sich deine Mutter für diesen Namen stark gemacht hat, während ich dich viel lieber Stephan oder Thomas getauft hätte.“ Mein Vater hatte sich bald nach meinem Unfall von meiner Mutter scheiden lassen. Ich hatte dies der üblichen Lebenskrise alternder Paare, die von ihrem Kind verlassen worden sind, insbesondere alternder und ihrer Kraft und Restjugendlichkeit endgültig verloren gegangener Männer zugeschrieben. Vor dem Hintergrund schwindender Geistes- und Körperkräfte und einer nachlassenden männlichen Potenz wollen es die alten Herren noch einmal genau wissen. Mein alter Herr hatte sich – der klischeehaften Peinlichkeit ungeachtet – in eine junge Krankenpflegerin an seiner Klinik verliebt und damit wohl einen letzten, erbärmlichen Sexualfrühling erlebt, dem meine Mutter im Weg stand. So dachte ich, als ich die einleitenden Worte von meines Vaters Sohnestestament gelesen hatte. Und dann hätte ein Bernhard halt schon immer besser Thomas oder Stephan geheißen, der rechthaberischen Gattin zum Trotz.
Meinem Vater hat die Liebschaft mit der Krankenschwester, einer naiv-raffinierten ländlichen Hübschheit, nicht gut getan. Nach einem halben Jahr brannte sie mit einem Turnusarzt durch. Mein Vater pflegte weitere, erbärmliche Liebschaften, was Mutter mit eisiger Bitterkeit kommentierte. Letztlich war Vater, mit Potenzmitteln vollgepumpt, im Bett einer weiteren Krankenschwester den Kavalierstod gestorben. Zwei Wochen nach seinem Tod las ich dann sein „Sohnestestament“, wie er es selber sarkastisch genannt hatte.
„Ich bin nicht gewesen, der ich war und du bist nicht, wer du bist. Wir müssen unsere Existenzverträge abändern. Grund dafür ist eine simple Blutgruppenanalyse, die bei Gott schon viel früher hätte vorgenommen werden sollen, und mein und dein Leben wäre völlig anders verlaufen, ehrlicher und auf einer festeren Basis.
Um alles zu verstehen, musst du wissen, dass ich deine Mutter einst über alles liebte und mir nichts sehnlicher wünschte, als diese Liebe mit einem gemeinsamen Kind zu besiegeln. Allein, es wollte nicht klappen. Wir haben alles versucht, auf natürliche wie künstliche Art und, obwohl uns die Zeit davonzulaufen begann, die Hoffnung auf ein Kind nie aufgegeben. Und dann, als deine Mutter vierzig Jahre alt war, ist dieses Wunder geschehen. Dieses Wunder warst du. Wir haben es, denke ich, ganz gut miteinander gehabt, allerdings auf der Basis falscher Voraussetzungen. Bis zu deinem Motorradunfall und der Feststellung deiner Blutgruppe dachte ich zu sein, wer ich war. Du hast nicht mehr bei uns gewohnt und hätte dich dieser Unfall nicht noch einmal zu uns zurück geholt und dich noch einmal zu unserem Kind gemacht, es wäre alles beim Alten, Falschen, Verlogenen geblieben und vielleicht wäre das ja auch gut gewesen. Einerlei. Ich erspare dir die Einzelheiten der Blutgruppenlehre und sage dir bloß: Du bist nicht mein Sohn, ich bin nicht dein Vater.“
Ich hielt im Lesen inne und fragte mich, warum er mir jetzt, aus dem Grab heraus, die Illusion rauben wollte. Er war eine durchaus angenehme Vatersperson gewesen, die mit mir Fußball gespielt, mir Klavier spielen und Arithmetik beigebracht hatte und im Grund immer ein Freund gewesen war, auf den ich mich verlassen konnte. Widerstrebend las ich weiter.
„Deine Mutter war über ihre Kinderlosigkeit so unglücklich, dass sie sich an meinen vermeintlichen Freund Pfarrer Bernhard wandte. Er hat sie ausgiebig getröstet. Aufgrund der beiliegenden Befunde habe ich sie zu einem Geständnis zwingen können: Pfarrer Fels ist dein Vater. Ich wünsche dir viel Glück in deinem Leben, und dass du bessere Freunde und aufrichtigere Partnerinnen finden mögest als ich.“
Nach dem Lesen dieses „Sohnestestaments“ fühlte ich mich irgendwie leer. Was sollte ich tun? Meiner Mutter Vorwürfe machen? Eine Mutter bleibt die Mutter, egal, wer der Vater ist. Ich begab mich also in die Kirche zum Heiligen Franz von Assisi. Lange stand ich unschlüssig vor dem Portal der neuromanischen Backsteinbasilika, schließlich trat ich doch ein, ging die wohlvertrauten Seitenschiffe entlang, las die Namen an den Beichtstühlen. Den Namen meines neuen Vaters fand ich nicht. In der Pfarrkanzlei informierte mich dann Imre Györi – mehr denn je Ebenbild seines Vaters – dass Pfarrer Fels im Vorjahr gestorben war. Irgendwie war ich erleichtert.
„Weißt du etwas von unehelichen Kindern deines Vaters?“,
fragte ich, „ich meine natürlich...abgesehen von dir selber...“
Imre sah mich mit seinen blauen Pfarrer-Bernhard-Augen an, überrascht, unwissend, unschuldig. Ich verabschiedete mich, ohne ihn als Bruder zu reklamieren. Die Sagrada Familia ist Geschichte. Es soll keine Ersatzillusion für sie geben.

Mit freundlicher Genehmigung des Autors:
Ludwig Roman Fleischer, 2012

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