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Tina Leisch

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2012-02-02

Kunst und Käse

Innovative und experimentelle Kunst will Fragen stellen, gesellschaftliche Strukturen durchleuchten, eingeübte Seh- und Hör- und Denkgewohnheiten in Frage stellen, unerhörte sinnliche Erfahrungen vermitteln und Rechte für die Entrechteten einfordern. Rechthaberei ist eher selten ihre Sache.

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Insofern weckt die Behauptung: „Kunst hat Recht“ (r www.kunsthatrecht.at) Aufmerksamkeit. Worum geht es?

Künstler/innen gegen Sozialpartnerlobby

Damit der Einnahmeverlust der Künstler/innen durch das private Weiterkopieren ihrer Werke ausgeglichen wird, gibt’s eine Leerkassettenabgabe, die von den Verwertungsgesellschaften kassiert und an ihre Mitglieder ausgeschüttet wird. Da der Verkauf von CDs, DVDs und Kassetten aber zurückgeht, schrumpft diese Summe dramatisch. Der Versuch diese Abgabe auf heutige Speicher- und Kopiermedien – sprich auf Festplatten, Server und Computer – auszuweiten, biss auf den Granit eines sozialpartnerschaftlichen Lobbyings von Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer.

Um hier Druck zu machen, starteten die Verwertungsgesellschaften für Musik, AustroMechana und AKM, und die Verwertungsgesellschaft für Texte, LiterarMechana, die Kampagne „Kunst hat Recht“, die aber leider die Diskussion über die Speichermedienabgabe mit einer Forderung nach strengerem Urheberrechtsschutz fürs geistige Eigentum im Internet verknüpfte, und damit viele der jüngeren, mit den Konzepten der Tausch- und Geschenkökonomie im Internet sozialisierten Kulturmacher/innen verärgerte. Vielleicht ist es ja auch kein Zufall, dass die Verwertungsgesellschaften ihre Antipirateriekampagne ausgerechnet am Tag vor der Unterzeichnung des heftig umstrittenen ACTA-Geheimabkommens präsentierten. (dazu r http://stopp-acta.info/)

Geschenkökonomie vs Piratenjagd

Netzidealist/innen begrüßten einst das www mit euphorischen Erwartungen als einen von den Verwertungsinteressen der Kulturindustrie befreiten Raum demokratischen Austauschs. Und wirklich: Produzent/innen von Informationen und Kultur können ohne Filterung durch Sendeanstalten, Vertriebsfirmen, Galerien, Labels etc. ihre Werke verbreiten, und in direkten Austausch mit den NutzerInnen treten. Die einst steile Hierarchie zwischen den wenigen, sehr elitären Sendern dort oben und den vielen stimmlosen Empfänger/innen ist tendenziell in ein horizontales Netz umgewandelt oder umwandelbar, in dem alle als Sender und Empfänger/innen gleichermaßen auftreten können.

Gerade aus einer Perspektive, die nicht die von mitteleuropäischen Wohlstandsbürger/innen ist, hat das Internet dazu beigetragen, dass Wissen, Informationen, Kunstwerke, die früher nur Menschen zugänglich waren, die Zugang zu den Bibliotheken und Museen der reicheren Teile der Welt hatten, nun weltweit für jede/n verfügbar sind. Während die ökonomische Chancenungleichheit zwischen Erster und Letzter Welt in den letzten zwanzig Jahren eher noch schlimmer wurde, hat sich die Teilhabe an Kultur und Kommunikationen weltweit egalisiert.

Diese egalitären Ideale vor Augen, lehnen die Netzcommunities und Pirat/innen alle Versuche ab, das freie Fließen der Informationsströme im Sinne des alten Urheberrechts zu reglementieren – wie die Gesetzesvorhaben SOPA oder PIPA in den USA oder das ACTA-Geheim-Abkommen (http://stopp-acta.info/), das gerade dem EU-Parlament zur Ratifizierung vorliegt. Diese Gesetzesvorstöße werden allerortens von den großen Medienmogulen und ihren Lobbyisten betrieben. Dass österreichische Künstler/innen sich da vor den Karren der Industrie spannen lassen, mutet seltsam an. Denn um durchzusetzen, dass keiner meiner Texte, meiner Filme im Internet weitergereicht wird, ohne dass man mir etwas dafür bezahlt, muss ich weitreichende Überwachungsinstrumente wollen. Es ist reichlich naiv, wenn Ursula Sedlacek, Mercedes Echerer und Sandra Csillag von der Initiative „Kunst hat Recht“ freundlich beteuern, man wolle eh niemanden wegen Gratisdownloads hinter Gitter bringen, nur Ordnungsstrafen sollen ausgesprochen werden. Um die praktizierenden Anhänger/innen der Geschenkökonomie abstrafen zu können, und das ist wohl inzwischen der größere Teil des jüngeren Publikums, muss man sie ermitteln. Das wird ohne die Vorratsdatenspeicherung, ohne Onlinedurchsuchungen, ohne umfassende Beobachtung, wer wann mit wem welche Daten tauscht, nicht funktionieren.

Die Freiheit ist immer die Freiheit der Konzerne

Doch auch die Netzidealist/innen verteidigen ein Reich der Freiheit, das zu weiten Teilen schon längst kommerzialisiert und monopolisiert wurde. Den Werbekunden ist ein Webbanner umso mehr wert, je gezielter es an potentiell Interessierte gerät. Userdaten wurden zum Geschäftskapital, BigBrother spioniert uns nicht im Dienste totalitärer Staaten aus, sondern um die Datensätze der Webmultis aufzufetten. Eventuell politisch opportune staatliche Nebennutzungen nicht ausgeschlossen. Wir Nutzer/innen verhalten uns im Netz genauso unmündig wie im analogen Leben. Wir googlen weiter, obwohl die neuen Datenschutzregeln z.B. ankündigen, dass Google zukünftig jeden Kontakt einer/s User/in mit andren abspeichern wird. Den freien Austausch von Mensch zu Mensch wickeln die Leute ganz freiwillig über eine als SuperBigBrother agierende Firma ab, die durch die Daten ihrer Kunden Milliarden wert wurde und die minimalsten Datenschutzregeln dreist missachtet.

Fair use? Eine Minderheitenmoral. Viele laden alles gratis herunter was gratis zu haben ist.. Gesaugt werden nicht nur die Bigseller der Kulturindustrie, sondern auch Nischenprodukte, deren Urheber/innen ihre sowieso prekäre Existenz auf den Verkauf einiger hunderter CDs stützen. Die Verhaftung von Megauploadbetreiber Kim Schmitz in Neuseeland hat dem freien Datenfluß ein hässliches Gesicht verliehen: Wenn Leute mit der Verbreitung von Werken reich und dick werden, ohne deren Produzent/innen etwas abzugeben, schafft die Piraterie nicht egalitären Zugang, sondern kapitalistische Überausbeutung.

Die dicken Gewinne im Internet bleiben sowieso bei denjenigen hängen, die Technik zur Verfügung stellen. Inhalte sind nichts wert.

Die Frage, wovon Künstler/innen denn leben sollen, wenn sie ihre Werke frei im Netz zirkulieren lassen, ohne daran maßgeblich zu verdienen, sollte also tatsächlich einmal ausführlich diskutiert werden. Die Antworten werden aber einfallsreicher, zukunftsweisender und origineller sein müssen, als ein Pochen auf das Urheberrecht, das im Internet, wenn überhaupt, dann nur um den Preis einschneidender Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen zu haben wäre und die egalitären Ansätze geteilten Wissens ebenso bedrohte, wie den gesamten Sektor der Remix- und Samplekultur.

Unterm Regenschirm im Dachkammerl

Laut Studie des BMUKK (http://www.bmukk.gv.at/kunst/bm/studie_soz_lage_kuenstler.xml) beträgt unser Durchschnittsverdienst als österreichische Kunstschaffende 4500 Euro im Jahr, mehr als die Hälfte verdient weniger als 1000 Euro im Monat. 76% müssen mit Tätigkeiten jenseits der Kunstausübung dazu verdienen. Uns armen Kulturarbeiter/innen wäre mit einem bedingungslosen Grundeinkommen mit Zuverdienstmöglichkeiten besser gedient als mit Urheberrechtsverschärfungen, zu deren juristischer Durchsetzung wir eh nie die Mittel haben werden.

Viele Hüte

Hier ein Vortrag, dort einen Workshop leiten, da ein Auftritt, hier einen Textbeitrag abgeben, manches unbezahlt, manchmal gut entlohnt. Die wenigsten Künstler/innen haben ein festes Engagement, eine dauerhafte Anstellung. Fast alle leben wir von einem Einnahmemix aus Honoraren, Förderungen, Preisgeldern, Eintrittsgeldern, Sponsoring. In manchen Sparten sind Tantiemen und Urheberrechtsvergütungen bedeutsamer, ausschließlich davon leben wird wohl kaum jemand. Wenn mit der Verbreitung der Kopien eines Werkes nicht mehr viel einzulösen ist, muss seine Herstellung, Livepräsentation etc besser entlohnt werden.

Kein Unterschied zwischen Kunst und Käse?

Von den Verfechter/innen strengen Urheberrechts ist ständig zu hören, schließlich würde man ja für Wein, Abflussreparaturen und Fahrräder auch bezahlen. Der Vergleich hinkt. Der Käse ist nach dem ersten Mausbiss verspeist, Texte, Musik und Filme werden nicht weniger wert durch häufigen Gebrauch- im Gegenteil: hohe Zugriffszahlen oder Einschaltquoten steigern das symbolische Kapital der KünstlerInnen. Dafür kann man sich heute nichts kaufen, aber man wird vielleicht morgen eingeladen, gefördert, ausgestellt, beauftragt, gekauft.

Vielleicht sollten wir also aufhören uns mit Winzerinnen und Butterstampfern zu vergleichen sondern uns eher an Politiker/innen oder Lehrer/innen orientieren? Die müssen für ihre Dienstleistungen auch nicht bei jedem jeweils Profitierenden kassieren, sondern werden für ihren Dienst an der Allgemeinheit mit Steuergeldern bezahlt. Diese Steuern oder Abgaben könnten ja sehr spezifisch dort eingehoben werden, wo unsere Arbeit zum Tragen kommt. Weit über die Festplattenabgabe hinaus könnten wir verlangen aus Abgaben auf Werbung im Internet, Datenmengen, Netzgebühren o.ä. bezahlt zu werden. Oder wir diskutieren die Einführung einer modernen Variante der guten, alten Vergnügungssteuer mit der seinerzeit die Gemeindebauten bezahlt wurden?

Hätte es nicht viele Vorteile endlich nicht mehr darauf angewiesen zu sein, jedes Zeichen und jede Zeile und jede Minute einzeln jemandem zu verkaufen, sondern stattdessen für den Dienst an der Allgemeinheit entlohnt zu werden und nicht über den Verkauf unserer Werke als Waren?

Solche Modelle hätten vielleicht auch den Vorteil, dass sie die Möglichkeit einer Umverteilung beinhalten: Wenn die Abgabenhöhe sich nach dem Mindesteinkommen im jeweiligen Land richtet, die Ausschüttungen an Kunst- und Informationsarbeiter/innen aber weltweit gleich hoch wären, gäbe es ein gutes Instrument auf dem Sektor der Kunst und Kultur gerechtere terms of trade zu schaffen als in den restlichen Sektoren der Ökonomie.

Es ist einfacher „Haltet den Dieb“ zu schreien, als hier tatsächlich durchdachte Modelle zu entwerfen, die einerseits weltweit die freie nichtkommerzielle Nutzung aller Werke ermöglichen, andererseits die aus diesem freien Fluten lukrierten Gewinne an die verteilen, auf deren Arbeit sie gründen.

Gerade wir angeblich Kreativen sollten doch in der Lage sein, intelligentere Ideen zu entwickeln, als nur das falsche Bild vom Internet als großem Supermarkt in dem unsere Werke verkauft werden und wir nun auf die Jagd nach Ladendieben gehen. Hoffentlich gelingt es uns, bis ACTA im Parlament ratifiziert wird, die Kolleg/innen- und nicht nur die- davon zu überzeugen, dass sie sich vor den falschen Karren spannen lassen, wenn sie für ein paar mehr verkaufte E-books zukünftig ihrem Provider – und nicht nur dem – das Recht einräumen, sich genau anzuschauen, was sie so an Daten senden und empfangen.

Ja, und zum Schluss noch eine Bitte an alle die Künstler/innen, die die Kampagne „Kunst hat Recht“ unterschrieben haben, aber noch ein Che-Guevara- Leiberl im Kasten liegen haben:

Bitte ganz schnell entsorgen, ohne dass es wer sieht. Sonst sind Sie völlig unglaubwürdig! Oder zumindest sofort Lizenzgebühren an die Österreichisch-Kubanische Gesellschaft überweisen. (Erste Bank:BLZ 20111, Kto: 297 238 701 00)

Die Che-Guevara-Ikone ist nämlich ein illegaler Download aus dem analogen Zeitalter. Photograph Alberto Korda erhielt nie einen Groschen dafür, dass kapitalistische T-Shirt-Firmen mit seinem kommunistischen Heldenportrait weltweit Unsummen verdienten. Nur von der Vodkamarke Smirnoff erklagte er schließlich 50.000 Dollar. Und spendete sie für kubanische Kinder.

So geht’s auch.

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