2011-12-03
Rechte statt Almosen
Rund um den 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, führt das Kärntner Netzwerk gegen Armut und soziale Ausgrenzung an verschiedenen Orten in Kärnten Straßenaktionen und Veranstaltungen im Rahmen der Kampagne „Für Soziale Rechtsansprüche, statt mittelalterlicher Gnadenpolitik!“ durch.
Dabei geht es uns um Folgendes:
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Almosen sind mildtätige, materielle Gaben, die ohne Erwartung einer Gegenleistung an bedürftige Empfänger vergeben werden. Es sind zeitlich begrenzte Abfederungen, bis sich der Empfänger selbst weiter versorgen kann, sei es durch den fairen Lohn einer Arbeit oder – sofern dies dem Menschen (noch) nicht möglich ist – durch eine dauerhafte, vorhersehbare und kalkulierbare soziale Unterstützung.
Mildtätige Zuwendungen wurden Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg gewährt und als „Interimshilfeabkommen“ betitelt. Dabei wurden Lebensmittelspenden aus den USA nach Österreich geliefert, um eine Überbrückungshilfe zu gewährleisten.
Zweifelsohne waren jene Hilfslieferungen überlebenswichtig für die österreichische Bevölkerung. Nicht zu übersehen ist jedoch die grundlegende Idee einer befristeten Hilfe, bis sich die Bevölkerung im neu gebildeten Staat wieder selbst ernähren konnte. Eine Abhängigkeit bestand zwar, jedoch nur über einen gewissen Zeitraum und dies für die breite Bevölkerung nach einem lange dauernden Krieg.
Das Verteilen von Almosen ist nicht nur wenig hilfreich für die alltäglichen Sorgen von armutsgefährdeten Menschen. Es ist auch ein klares Bekenntnis zu einer Zweiklassengesellschaft. Eine Seite, die generös gibt, die andere Seite, die demutsvoll nimmt. Wesentlich zielführender wäre es, die Bevölkerung auf ihre rechtlichen Ansprüche, die ihnen im Sozialstaat Österreich zustehen, aufmerksam zu machen.
Staatlich garantierte Sozialansprüche wurden im Lauf der Geschichte immer durch langwierige Prozesse erkämpft und über jahrzehntelange Prozesse entwickelt. Einmalige oder mildtätige Aktivitäten können eine nachhaltige, gesetzlich garantierte Sozialpolitik, die der Armutsbekämpfung dient, nicht ersetzen. Sozialpolitische Errungenschaften sind ein Abbild der gesellschaftlichen und politischen Kräfteverhältnisse, die maßgeblich von wirtschaftspolitischen Einflussfaktoren bestimmt werden. Einmalige Verteilungsaktionen sind auf verteilungswirksame Effekte zu hinterfragen. Eine „Gnadenpolitik“ der Einmalzahlung an Bedürftige erzielt keine nachhaltige Verbesserung der sozialen Lage und kann gesetzlich garantierte Preisanpassungen nur unzureichend ergänzen.
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Wir fordern daher
- Chancengerechtigkeit durch Bildung –
Bessere Bildungsmöglichkeiten für ALLE!
Bildung muss im Sinne von Chancengleichheit für jeden Menschen unabhängig von Geschlecht, Alter, sozialer Herkunft oder ethnischem Hintergrund frei wählbar und kostenlos zugänglich sein! Dies bedarf einer unmittelbaren Reform des österreichischen Bildungssystems.
Dennoch sind nicht Bildungsdefizite allein die Ursache für individuelle Armutsrisiken, weshalb Bildung keine Patentlösung zur Armutsbekämpfung und –vermeidung darstellen kann.
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- Recht auf Gesundheit
Im Krankheitsfall muss ein qualitativ hochwertiges, öffentliches Gesundheitssystem allen kostenlos zur Verfügung stehen. Solidarisch erbracht aus dem der Gesellschaft zur Verfügung stehenden Reichtum. Mit Arbeitsbedingungen, die auch für die im Gesundheitsbereich Tätigen bekömmlich sind.
Recht auf Gesundheit heißt aber auch, dass die Lebens- und Arbeitsverhältnisse so gestaltet werden (können), dass ein gesundes, erfülltes Leben für Alle möglich ist.
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- Gerechte Verteilung durch Einführung von Vermögenssteuern
Die weitere Zunahme der Vermögenskonzentration führt zu einer sozialen Schieflage. Ein Prozent der ÖsterrREICHer besitzt ein Dritte des Finanzvermögens. Bei der Vermögenssteuer belegt Österreich innerhalb der EU einen der letzten Plätze. Die Einführung einer Vermögenssteuer auf Privatvermögen über einer Million Euro ist dringend erforderlich!
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- Recht auf faire Beschäftigungsverhältnisse
Armut trotz Erwerbstätigkeit (working-poor) ist ein Armutszeichen für das achtreichste Land der Welt. Das Recht auf ein existenzsicherndes Einkommen für jeden Mann und jede Frau muss garantiert sein! Eine eigenständige existenzielle Absicherung muss in jedem Lebensalter gewährleistet sein und darf nicht von staatlichen Zuschüssen abhängen.
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Zum Weiterinformieren
Sozialstaatliche Sicherung und Almosen. Mit Emmerich Talos. Di, 6.12., 09:00 - 12:00 in Klagenfurt
Engagieren
Mithilfe bei Infoständen wird dringend gebraucht. Es wäre wichtig, wenn uns möglichst viele Engagierte beim Verteilen unserer Folder unterstützen. Geplant sind folgende Aktionen:
♦ Mi, 7.12., 10:00 - 12:00 in Feldkirchen am Schillerplatz
♦ Mi, 7.12., 09:00 - 11:00 in Spittal am Hauptplatz
♦ Mi, 7.12., 09:00 - 11:00 in St. Veit am Hauptplatz
♦ Do, 8.12., 10:20 - 12:30 in Wolfsberg in der Fußgängerzone
♦ Fr, 9.12., vormittags in Villach am Hauptplatz
♦ Sa, 10.12., 10:00 - 12:00 in Klagenfurt am Neuen Platz und in der Durchlassstraße.
Interessierte mögen sich bitte bei Karoline Dertschei, Telefon: 0676 / 34 29 448 • E-Mail: office@armutsnetzwerk.at melden!
Die Kampagne wird unterstützt vom Frauenreferat des Landes Kärnten und Landesrätin Dr.in Beate Prettner
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