2003-03-31
Eine Lageeinschätzung
Wo stehen wir in der Auseinandersetzung um die öffentliche Daseinsvorsorge?
a) Zum Stand der Dinge
Auf der ganzen Welt hat sich eine breite Bewegung gegen das Abkommen zu dem, was "Liberalisierung" des Dienstleistungsbereiches genannt wird, entfaltet. Dabei umfasst der harmlos klingende Begriff "Liberalisierung" LETZTLICH folgende Merkmale:
- Durchsetzung einer einzigen Form des Wirtschaftens, nämlich
- profit- und konkurrenzorientiert
- allumfassend zwangsweise (einmal beschlossen steht das WTO-Recht über allen Verfassungen!)
- weltweit
- unumkehrbar
Auch bei uns in Kärnten haben sich verschiedenste Initiativen gebildet, sie informieren, geben Protesterklärungen ab ... Die Kärntner Presse indes ist mit Berichten sehr "zurückhaltend", es gib aber auch positive Beispiele - namentlich zu erwähnen ist vor allem die Kärntner Tageszeitung und die Kärntner Kirchenzeitung.
Wie breit die Skepsis in Österreich und Europa mittlerweile ist, zeigen ein paar Highlights der letzten Zeit:
- Ein vom deutschen Bundestag am 13. März verabschiedeter Antrag schliesst sich weitgehend der Kritik von ATTAC-Deutschland an: mangelnde Transparenz, zu knapper Zeitrahmen für den Verhandlungsprozess, Aushöhlung der Demokratie, ... Die Politik der EU-Kommission wird scharf kritisiert.
- Auch das EU-Parlament verabschiedet eine Resolution, in der Bedenken angemeldet werden ...
- Immer mehr Gemeinden in Österreich verabschieden Resolutionen zur Aufrechterhaltung einer öffentlichen kommunalen Daseinsvorsorge (Wasser, Müll, ...)
- Zu den SkeptikerInnen dazugestoßen sind Josef Riegler vom Ökosozialen Forum, der Österreichische Gemeindebund ....
b) Wie geht's weiter - worauf ist zu achten?
Ende März werden nun die "Liberalisierungs"-Angebote der einzelnen Länder auf dem Tisch liegen, bis Ende 2004 geht es dann an das große Feilschen. Es ist dies wohl die gefährlichste Phase in der derzeitigen Liberalisierungsrunde und das weltweite Kartell der Dienstleistungskonzerne rechnet sicher damit, dass Elan und Kräfte derjenigen nachlassen werden, die sich für einen Erhalt und Ausbau der öffentlichen Daseinsvorsorge einsetzen. Trotzdem - oder besser: "deswegen" - gilt:
1) Die KritikerInnen der neoliberalen Globalisierung müssen den Druck weiter aufrecht erhalten, die Basis der Bewegung muss weiter verbreitert werden!
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EINE (kurzfristige) Möglichkeit dazu ist, dass die einzelnen Gemeinden eine entsprechende Resolution zum Schutz einer öffentlichen kommunalen Daseinsvorsorge verabschieden - wir senden gerne Informationsmaterial zu ...
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Eine weitere aktuelle Möglichkeit ist die Arbeit mit Forderungskarten an den zuständigen Minister Bartenstein (die 3 Forderungen sind am Ende des Artikels angeführt, wir senden die Karten gerne zu!)
2) Wir dürfen die jeweilige einzelstaatliche Dimension des Problems nicht außer Acht lassen!
Unter den Bedingungen geöffneter Märkte versucht jeder Staat, für die AnlegerInnen so attraktiv wie möglich zu sein. Lohn-"NEBEN"-Kosten runter, möglichst keine Steuern auf Kapital .... das sind die Voraussetzungen dafür, dass die öffentliche Daseinsvorsorge nicht mehr finanzierbar ist. Leere Kassen sind die Voraussetzungen für Einsparungen, diese wiederum ziehen Einschränkungen im Konsum, steigende Unterbeschäftigung, stagnierende Abgaben und Steuern nach sich ... fertig ist ein Teufelskreis der gesellschaftlichen MAGERSUCHT! Der potentiell vorhandene gesellschaftliche Reichtum entgleitet, das eine Sparpaket ist die Voraussetzung für das nächste.
Ganz klar sprach diesen Zusammenhang von "Liberalisierung" und Finanzierung am 14. März der ÖGB-Vorsitzende Adam Unterrieder mit Blick auf die kommunalen Bereiche der Daseinsvorsorge aus: "Wenn die Gemeinden nicht mit den nötigen Mitteln ausgestattet werden, wird ihnen gar nichts anderes übrig bleiben als zu versuchen, diese Dienste los zu werden!"
Ein Jahr nach der "heißen" Phase des Volksbegehrens Sozialstaat Östereich läuft die heiße Phase der Stopp-GATS-Kampagne - das ist kein Zufall! Es handelt sich bei diesen weitreichenden gesellschaftlichen Themen um 2 Seiten einer Medaille. Eine humane Lösung ist nur möglich, wenn die beiden Dimensionen zusammen gedacht werden!
Aus diesem Grund halte ich die 3 Kernforderungen von ATTAC zum Thema GATS für einen wirklich guten Ansatz, sie lauten:
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Verhandlungsstopp: Die schleichende Preisgabe der öffentlichen Dienste, die Aushöhlung der demokratischen Gestaltungsfähigkeit von Nationalstaaten, die Übervorteilung der Entwicklungsländer sowie der geheime Charakter der Verhandlungen machen eine Weiterverhandlung unzumutbar.
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Umfassende Überprüfung der Auswirkung der Dienstleistungsliberalisierung auf die armen Länder, auf Umwelt, KonsumentInnen und ArbeitnehmerInnen sowie auf die Regulierungsfähigkeit von Nationalstaaten.
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Verfassungsmäßige Garantie des Rechts auf Wasser, Bildung, Gesundheitsversorgung, Pension, öffentlicher Verkehr, Postdienste, Energie und Kommunikationsanschluss sowie die Sicherung der dafür notwendigen öffentlichen Mittel.