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Hans Kandler

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2010-07-17

Leonardo Boff über „die Logik der Ökologie“

Leonardo Boff, den ich vor vielen Jahren in Brasilien kennen gelernt habe, ist unter anderem Mitautor der „Erdcharta“, war bei der Weltkonferenz in Cochabamba dabei und referierte Ende April in der UNO-Vollversammlung zum Thema. Vor kurzem habe ich ihn in Innsbruck wieder getroffen und unser Gespräch für den Klimabündnis-Rundbrief 2/2010 zusammengefasst.

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Hans Kandler: Nach dem Scheitern in Kopenhagen hat Boliviens Präsident Evo Morales zur Weltkonferenz in Cochabamba geladen. Was war dort anders?

Leonardo Boff: Die Konferenz von Kopenhagen ist gescheitert, weil sie von der Logik des Kapitals statt einer Logik der Ökologie beherrscht wurde. Die Delegierten und die Staatschefs haben die Interessen der Wirtschaft und nicht die ihrer Völker vertreten. Sie waren unfähig, das Ganze zu sehen – das Leben und die Erde! Seither sind weltweit immer mehr Menschen der Überzeugung, dass wir die Zukunft unserer Erde nicht den Staatschefs anvertrauen können, die Geiseln ihrer kapitalistischen Dogmen sind.

In Cochabamba (siehe dazu auch r Klima-GEGEN-Gipfel in Cochabamba) hingegen herrschte die Logik der Ökologie. Im Mittelpunkt stand die Erde, die Pacha Mama, mit ihrer Würde und ihren Rechten, das Leben mit seiner immensen Vielfalt und unsere gemeinsame Verantwortung für den Erhalt der ökologischen, sozialen und spirituellen Bedingungen für ein erfülltes Leben. Dabei ist das Ziel das Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur, zwischen Produktion, Konsum und dem Erhalt der Regenerierungsfähigkeit der Ressourcen und der Dienstleistungen der Erde. Die Zerstörung des Gleichgewichts durch die kapitalistische Produktionsweise verursachte die Umweltprobleme, die sozialen Ungerechtigkeiten, die Missachtung der Bedürfnisse zukünftiger Generationen und die irreversible Erderwärmung, die ab einem bestimmten Punkt alles vernichtet.

Hans Kandler: Die Regierungen – selbst der armen Länder – und große Umweltorganisationen haben die Konferenz boykottiert. Warum?

Leonardo Boff: Dafür gibt es hauptsächlich 2 Gründe: erstens gab es starken Druck auf die Regierungen seitens mächtiger Mitglieder der G 20, keine Vertreter nach Cochabamba zu entsenden, wie ich von einem der engsten Mitarbeiter des Präsidenten Lula erfahren habe, und auch auf große Medien, damit sie nicht berichten. Zweitens gibt es große Vorurteile gegenüber Bolivien und seinen indigenen Präsidenten, der sich an einem anderen Weltbild orientiert, das in der jahrtausende alten Kosmovision der Andenvölker gründet. Danach bilden Mensch und Erde eine Einheit und das widerspricht diametral dem Weltbild der Beherrschung und Unterwerfung, das seit über 400 Jahren sowohl in kapitalistischen wie auch sozialistischen Systemen dominiert. Diese Weltsicht missachtet die natürlichen Grenzen und darin liegt die Ursache der aktuellen Krise, die die Armen im Süden ungerechterweise besonders stark trifft.

Hans Kandler: Ist es nicht naive Romantik angesichts moderner Technik und Wissenschaft auf die Weltsicht von Urvölkern zurück zu greifen?

Leonardo Boff: Das erscheint nur aus der herrschenden Weltsicht so. Tatsächlich beweist uns die Wissenschaft das, was indigene Völker vor langer Zeit intuitiv erkannt haben – nämlich, dass die Erde ein lebendiger Superorganismus ist, in dem alles mit allem zusammenhängt. Wir entdecken die Komplexität und die vielfältigen Zusammenhänge. Wir erkennen, dass das Prinzip der Kooperation die Vielfalt des Lebens entstehen ließ und nicht das Gesetz des Stärkeren bestimmend ist! Wir sind Menschen, weil wir Wesen der Kooperation und der Solidarität sind. Das Konzept des „vivir bien“ (Gut leben) der Andenvölker hat daher die Erde, alles Leben und die Menschheit zum Mittelpunkt. Das weist den Weg in Richtung einer planetarischen Demokratie, wie es der portugiesische Soziologe Boaventura de Sousa Santos nennt, in der die Rechte der Erde und aller Lebewesen, inklusive der Menschen, respektiert werden.

Hans Kandler: In deinem letzten Buch „Die Erde ist uns anvertraut“ zeigst du auf, wie wir die drohenden Katastrophen vermeiden können?

Leonardo Boff: Wir müssen uns über die Gefahren klar werden und mit Vernunft das Modell der Beherrschung überwinden! Der Mensch als denkendes und ethisches Wesen trägt die Verantwortung für die Erde und wir müssen eine neue Haltung, eine neue Beziehung zu ihr entwickeln, die geprägt ist von der Liebe, der Fürsorge und der Achtung. Da können wir von den indigenen Völkern lernen. Im Kapitalismus wird alles zur Ware und das verursacht sowohl die ökologische wie auch die soziale Krise. Gerechtigkeit, Frieden, Liebe usw. zählen nicht, sie sind aber ein wesentlicher Teil des Menschseins. Sich dafür einzusetzen führt zu einer Spiritualität, die neue Horizonte eröffnet und dem Leben einen Sinn gibt. Das spirituelle Kapital ist im Unterschied zum materiellen unbegrenzt und muss nur entdeckt werden. Die Wissenschaft hat bei all dem einen großen Beitrag zu leisten.

Hans Kandler: Das klingt nach einem Paradigmenwechsel?

Leonardo Boff: Richtig – das herrschende perverse Paradigma der Produktion und Verteilung führt in eine ökologische und soziale Tragödie, wie wissenschaftliche Daten und Prognosen zeigen. Daher sind Maßnahmen, die nur Symptome bekämpfen, unzureichend für die Lösung der aktuellen zivilisatorischen Krise. Das neue Modell, das auf Kooperation und Solidarität basiert, wird bereits weltweit von vielen Jugendlichen, Künstlern, Wissenschaftlern, alternativen Gruppen, sozialen Bewegungen, indigenen Völkern, Produktionsgenossenschaften (Fair Trade) u.v.a.m. umgesetzt. Und nachdem, auch der Quantentheorie zufolge, alles mit allem verbunden ist, hat jede einzelne gute Aktion ein positives Veränderungspotenzial im Gesamtsystem. Die Erde ist dann nicht mehr Objekt unersättlicher Begierde, sondern unser gemeinsames Haus, in dem wir Menschen wie eine Familie zusammen sitzen und gemeinsam das Mahl genießen, das uns die Natur bietet.

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 Leonardo Boff, 2003
 Foto: Hermínio Oliveira

Prof. Dr. DDr.hc Leonardo BOFF, Mitbegründer und einer der wichtigsten Proponenten der Theologie der Befreiung, emeritierter Professor für Ethik und Religionsphilosophie an der UERJ (Universidade do Estado do Rio de Janeiro), Träger des Alternativen Nobelpreises und mehrerer Ehrendoktorate, Autor von über 70 Büchern, die teilweise auch in die deutsche Sprache übersetzt wurden (und sehr empfehlenswert sind).

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Sabine Jakosch, 2010-08-06, Nr. 4906

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