2007-02-23
Lustversuch, der:
Auszüge aus dem Lexikon der Lust
In meinem Waschbecken lag eine Nachricht von ihr. Sie hatte sich unter einem Vorwand Zugang zu meiner Wohnung verschafft. Dass ich vor dem Weggehen noch in den Spiegel im Badezimmer schauen würde, das wusste sie von Frau zu Frau. Und im Waschbecken würde ich den Zettel finden. Ich erschrak freudig und begann zu lesen. Die Nachricht sagte, dass sie mich schätzte als warme, runde, liebesfähige und liebenswerte Frau, und dass sie mich anziehend fand. Dort, wo er innig wurde, sprach der Zettel Englisch, die Sprache, die meine Gefühle gelernt haben von klein auf mit den ersten Beatlesliedern. Und ich wusste, ich würde sie sehen am selben Abend noch, und der Zettel wusste es auch, aber nicht nur von Sehen sprach er ... Wir trafen zusammen in einer Gruppe freundlicher Frauen. Sie streichelte meinen Rücken. Ich nahm sie mit nachhause. Im Bett zog sie dann Vergleiche zu der jungen Frau, die sie knapp vor mir kennen gelernt hatte, und ich schnitt dabei in ihren Augen schlechter ab. Aber warum sie dann weinte, bevor sie einschlief, verstand ich nicht. Ich konnte jedenfalls nicht schlafen.
Mit freundlicher Genehmigung der Autorinnen:
grauenfruppe (Daniela Beuer, Elke Papp, Karin Seidner, Martina Sinowatz)
„Das Lexikon derLust“, Verlag publication PN1, Bibliothek der Provinz, 2005
ISBN 3 8525 666 3
ISBN 987-3-85252-666-9