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2006-05-12

Der gerechte Zorn einer Mutter

„Ich verstehe nicht, warum du soviel Wind machst", sagte Rut Bram zu ihrem Sohn, während sie im Zimmer auf und ab ging. „Die ganze Geschlechtsdiskriminierung ist aufgehoben, Männer können genau die gleichen Dinge tun wie Frauen, wenn sie sich nur bemühen." Im Prinzip stand dem nichts im Wege, daß in Egalia alle alles werden konnten. Die Gründermütter hatten auf dem Demokraberg ein streng egalitäres Grundgesetz verabschiedet, in welchem das Recht aller auf alles unabhängig von allem für immer festgelegt worden war. Welches seien denn die Rechte, die Männern angeblich nicht zugestanden würden, wenn sie mal fragen dürfe? Ein Mann könne doch zur Luzia noch mal werden, was er wolle, wenn er nur Einsatzbereitschaft zeige. Und eben daran mangele es. „Die Männer wollen ja nicht!" Rut Bram machte eine Kunstpause, als werde sie einige Zeit bei dem Gedanken verweilen, daß Männer nicht wollten. „Die Männer wollen am liebsten zu Hause sein. Laß sie doch." So sollten er und seine Männerbewegung doch nicht agitieren. Die Männer bekämen nur ein schlechtes Gewissen und empfänden ihre Arbeit als wertlos. Eigentlich sei sie aber tausendmal wertvoller — „tausendmal, Petronius" —als die, die Frauen wie sie selber verrichteten, wenn sie in irgendwelchen Papieren herumwühlten, zu Besprechungen gingen und wichtige Beschlüsse im Interesse des Landes faßten. Ungleich wertvoller und grundlegend. Außerdem würden Männer viel eher zum Kinderaufpassen passen. Um ihren Mund spielte ein Lächeln. Das mußte sie sich merken: Die Männer passen zum Kinderaufpassen. Lustiges Wortspiel.
„Wenn aber die Arbeit der Männer so wertvoll ist, wie du sagst, warum bekommen sie dann dafür keinen Lohn?" Dieser Gedanke war Petronius plötzlich durch den Kopf gegangen, ohne daß er früher darüber nachgedacht hatte.
Seine Mutter verstummte für einen Augenblick. Doch während sie schwieg, feilte sie bereits an mehreren brauchbaren Gegenargumenten. Entlohnung!? Nein, jetzt schien ihr Sohn völlig durchzudrehen. Wo solle denn das Geld herkommen, wenn die Frage erlaubt sei? Und außerdem bekämen Männer doch eine Entlohnung. Aßen sie vielleicht nicht? Konnten sie sich ausruhen? Schliefen sie in einem weichen Bett? Oder etwa nicht? Und außerdem würden sie ja in doppelter Hinsicht entlohnt, nämlich in Form von Sicherheit, Liebe und Wärme. Und außerdem sei es völlig absurd und phantastisch, daß gerade er, der doch die Befreiung der Hausmänner anstrebe, für eine Entlohnung der Männer eintrete. Die würden ja einfach an ihren heimischen Herden weiterkleben, von denen er sie unter allen Umständen weghaben wolle. Entlohnung für Männer? Nein, wirklich, nun begann ihr Sohn ganz den Verstand zu verlieren. Petronius sah ein, daß er gerade im Begriff war, den Verstand zu verlieren. Er war ja auf diesen Gedanken - eigentlich mehr eine Schnapsidee - nur verfallen, um den Redefluß seiner Mutter zu bremsen. Er zögerte leicht. „Ja, aber ... was ist mit den Arbeitstrupps?" sagte er, glücklich, daß die ihm noch rechtzeitig eingefallen waren. Sie redete ja so, als bestehe die ganze Gesellschaft nur aus Angehörigen der Oberschicht. Die Männer in den Elendsvierteln gingen doch jeden Tag zur Arbeit und versorgten außerdem die Kinder, wenn sie abends nach Hause kamen. Wie verhalte es sich mit denen? Das sei doch die große Mehrheit. Was würde passieren, wenn die alle aus dem, was sie gesagt habe, die Konsequenz zögen und eines schönen Tages ihre Arbeit niederlegten etwa nach dem Motto: ,Nee, ich geh' nicht mehr arbeiten, denn es ist viel wertvoller und grundlegender, zu Hause zu sein und die Kinder zu versorgen'? So würden sie freilich kein Geld zum Leben bekommen. Und warum nicht? Vor allem, fuhr Petronius mit nicht zu überhörender Ironie fort, weil es tausendfache Gegenargumente dafür gebe, daß sie keins in die Finger bekommen sollten. Sie würden eben sterben, natürlich, weil sie nichts zu essen kriegten. Aber was würde das schon ausmachen? Hauptsache, sie taten etwas, was grundlegend und wertvoll war. Bram überhörte den spitzen Unterton. Selbstverständlich sei es bedauerlich, sehr bedauerlich sogar, daß die Unterschicht so hart arbeiten müsse. Darin seien sie sich doch völlig einig. Das sollte er doch wissen. „Und wer kommandiert sie herum?" trumpfte Petronius auf. „Wer sind denn bei den Reinigungs- und Renovierungskolonnen die Chefs, die Aufseher, Inspekteure, Kontrolleure und...?".
„Ja, ja, ja und nochmals ja!" rief Rut Bram erregt. Als ob sie nicht wisse, daß die Führung ausschließlich aus Frauen bestehe. Er brauche sie nicht zu belehren. Doch solange seine Männerbewegung den grundlegenden Unterschied zwischen dem Wesen des Mannes und dem der Frau nicht aufgezeigt habe, könne sie nicht darauf hoffen, eine sozial gerechte Arbeitsverteilung zwischen den Geschlechtern zu erreichen. „Aber wer hat denn gesagt, daß eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung notwendig ist?" Petronius ließ nicht locker. Hier wurde Rut fast spöttisch und erklärte geduldig, dies werde doch durch die Geschichte zur Genüge bewiesen, so daß dam es doch nicht sonderlich bezweifeln könne ... So wünschenswert das auch sei, fügte sie hinzu. Und als Petronius ihr nicht antwortete, faßte sie es als ein Zeichen auf, daß er vor ihren Argumenten endlich kapituliert hatte.
Sie wurde ein wenig milder gestimmt. Eigentlich war er ja süß. In seinem Innersten wußte er doch, daß sie recht hatte. Denn dumm war er ja nicht, ihr Sohn. Und eigentlich war es auch nicht weiter verwunderlich, daß er ein bißchen Aufstand machte. Mit irgend etwas mußte er sich ja beschäftigen. Sie ging zu ihm und legte ihre Hand auf seine Schulter. „Ich muß schon sagen, es imponiert mir, Petronius", meinte sie anerkennend und sah ihm zärtlich und aufrichtig in die Augen. „Es imponiert mir wirklich, daß du dir so viele Gedanken machst und dir eine eigene Meinung über die Dinge gebildet hast..."

Aus:
Gerd Barntenberg: „Die Töchter Egalias“, Seite 172 -173, Olle & Wolter, 1980
ISBN 3 88395 404 7

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