2005-11-10
Ein fast perfekter Kuhhandel
Nachlese zur Metaller-Lohnrunde
Der Beginn der herbstlichen Lohnrunde mit dem optisch guten Ergebnis von 3,1 Prozent auf die Ist-Löhne war für viele überraschend. ArbeitnehmerInnen zeigten sich hoch erfreut und sahen das Thema als weitgehend abgehakt. Immerhin bleibt nach Abzug der Inflationsrate von über 2 Prozent noch immer ein sanftes Plus auf der Kante. Doch der Schein trügt!
Gleichzeitig mit dem Lohnabschluss wurden in den Kollektivverträgen ein neues Beschäftigungsruppenschema und Änderungen bei den Vorrückungen vereinbart, welche mit 1. November wirksam wurden. Diesem Anlass Rechnung tragend, haben in vielen Betrieben die ArbeitnehmerInnen neue Dienstverträge erhalten und zu unterfertigen gehabt. Die Fakten sind ernüchternd: Mit der Verflachung der Vorrückungen (hier wurde quasi eine negative Progression eingeführt) werden die sogenannten Lohnerhöhungen für die nächsten Jahre finanziert.
Die Infamie seitens der Gewerkschaftsvertreter liegt darin, das sie diesen Kuhhandel zur relativieren versuchen und in ihren Veröffentlichungen eine Gegenüberstellung von altem und neuem Modell tunlichst vermeiden. Auf der Webseite der Gewerkschaft Metall-Textil (GMT) wird die Neuregelung so beschrieben: "Das neue System enthält 5 Vorrückungen - 2 "große", 3 "kleine", je eine Vorrückung nach 2, 4, 6, 9, 12 Jahren in einer Beschäftigungsgruppe. Das neue System gilt für alle Beschäftigten - nicht nur für neu eintretende!"
Rechenbeispiel gefällig?
Laut altem System betrug eine Vorrückung in der Verwendungsgruppe III z. B. knapp 90 Euro. Bei fünf Vorrückungen in dieser Verwendungsgruppe ergab das bisher 450 Euro Lohnsteigerung zusätzlich zu den jährlichen Lohnerhöhungen innerhalb von 10 Jahren. Im neuen System (Laufzeit 12 Jahre) ergeben die Vorrückungen für die Verwendungsgruppe E,F gerade mal um die 50 Prozent des alten Systems!
Die zukünftigen Lohnabschlüsse werden jenseits der 5-Prozent-Marke liegen müssen, um diese Verschlechterungen bei den Biennalsprüngen auffangen zu können.