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Werner Koroschitz

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2004-12-06

Dobrač oder Villacher Alpe I

In den sechziger und siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts organisierte sich das bergbegeisterte (städtische) Bürgertum in diversen Alpenvereinen, die es fortan als eine ihrer dringlichsten Aufgaben ansahen, nicht nur für gehobene Geselligkeit in der ,wilden Natur‘ zu sorgen, sondern auch dem „noch vielfach auf tiefer Culturstufe stehenden Landvolke […] Bildung und Aufklärung“ zuteil werden zu lassen (so im Jahrbuch des ÖAV, 1873). Hinter diesem missionarischen „Auftrag“ in der Höhe sollte aber sehr bald schon eine andere Intention zutage treten: die verstärkte Pflege des deutschen Volkstums mit dem angestrebten Ziel einer territorialen Vorherrschaft der deutschen Kultur. Bei der im August 1872 in Villach abgehaltenen Generalversammlung des Deutschen Alpenvereins hob dessen erster Präsident Dr. Barth in seiner Rede die „den Deutschen obliegende culturhistorische Mission“ hervor und erinnerte dabei, „dass der Zweck des Deutschen Alpenvereins nicht nur die Erklimmung der Höhen, sondern auch die Verbreitung deutschen Geistes, deutscher Bildung und Gesittung sei“.

Das ging sogar so weit, dass der deutschnational gesinnte Exponent der Kärntner Geschichtsschreibung, Martin Wutte, 1906 in der Carinthia nachzuweisen versuchte, dass der deutsche Name „Villacher Alpe“ älteren Ursprungs sei als die slowenische Bezeichnung „Dobraˇc“. Dieserart ethnopolitische Beweisführung führt sich jedoch rasch ad absurdum, wenn man bedenkt, dass entlang einer Sprachgrenze derselbe Berg oft zweierlei Namen führen kann, je nachdem, von wo aus man ihn betrachtet. Unter dem Deckmantel der Wissenschaftlichkeit wurde seit dem späten 19. Jahrhundert vieles aufgeboten, um eine Entslowenisierung per Landkarte‘ vorzunehmen.

Ein Leserbrief aus der Kleinen Zeitung vom 1. 1. 1965

„Die kürzliche Inbetriebnahme der neuen Villacher Alpenstraße als Sehenswürdigkeit sondergleichen hat die Augen weitester Kreise auf jenen bekannten Berg hingelenkt, welchen die Straße nun emporführt und von dem sie ihren Namen erhalten hat, wie man es auf den betreffenden Wegtafeln im Villacher Stadtgebiet lesen kann, nämlich auf die ,Villacher Alpe‘. Dieser Name wurde von zuständigen Behörden und Vereinen seit jeher verwendet, jeder Bergwanderer kann ihn dort von Wegweisern lesen. Man möchte also glauben, dass dieser Name auch in der breiten Öffentlichkeit, soweit sie deutscher Zunge ist, allgemein gebraucht wird. Aber weit gefehlt! Aus Bequemlichkeit und Gedankenlosigkeit gibt Alt und Jung diesem schönsten der Villacher ,Hausberge‘ den slawischen Namen ,Dobratsch‘. Gedankenlosigkeit deshalb, weil man nicht nachdenkt, welche Folgerungen man jenseits der Karawanken daraus zieht, um diese im gegeben Falle zum Nachteile der Kärntner Einheit auszuwerten. Mögen unsere Landsleute slawischer Abstammung diesen weithin sichtbaren Berg nur ruhig immer ,Dobratsch‘ nennen, was ihnen stets unbenommen bleiben wird, für uns deutsche Kärntner aber besteht kein Anlass, ihn anders als Villacher Alpe zu nennen.“

Die nationalistische Ausrichtung der bürgerlichen Bergfaszination manifestierte sich auf besondere Weise in der Vorstellung des heroischen Kampfes Mensch–Natur. Schon 1910 rückte die Kärntner Reise-Zeitung diese Auseinandersetzung in die Nähe soldatischer Tugenden: „Der Wintersport bedeutet ein gesundheitliche Förderung seiner Anhänger, die der dumpfen Stadt und Stubenluft entfliehen, in dem reinen Äther der winterlichen Berge den Körper stählen und die Seele erheben. Kraft, Entschlossenheit und Gewandtheit sind notwendig, um den Kampf mit der herben Winterzeit und ihren Elementen – Eis und Schnee – aufzunehmen.“

Dabei wurde die Idee des alpinen Naturschutzes zumeist mit den Inhalten der nationalen Heimatschutzbewegung verknüpft: „Der Gedanke des Heimatschutzes kämpft sohin gegen die Profanation des Hochgebirgs, […] nicht nur mit naturästhetischen, sondern vor allem mit ethischen Gründen. Das Hochgebirge ist die hohe Schule der Willenskraft und des Kameradschaftsgeistes, seelischer und körperlicher Tüchtigkeit. Es erzieht jene Manneseigenschaften, die uns sonst nur der blutige Krieg zu schenken vermag und deren die Menschheit bedarf, wenn sie nicht degenerieren soll.“ (DÖAV, 1913) Wen wundert es, dass die erbitterten Kämpfe entlang der österreichisch-italienischen Gebirgsfront im Verlauf des Ersten Weltkrieges in bürgerlich-idealistischem Pathos zur wahren Bewährungsprobe hochstilisiert wurden. Grabenkameradschaft und aufopfernder Heldentod entwickelten sich zu Metaphern eines Kampfalpinismus, der auf militärischer Ebene die wissenschaftliche, kulturelle und sportliche territorale Eroberung fortsetzte. Sehr bald erkannten denn auch die Offiziere den kriegstechnischen Wert einer alpinen Skiausbildung und ließen in den Gletscherregionen der Hohen Tauern k.u.k. Truppen im Skilaufen unterweisen – als Kursleiter wirkte unter anderen der Obmann der Sektion Villach des Alpenvereins, Josef Aichinger, mit. In seiner Publikation Die Julischen und Karnischen Alpen im Kriege umriss Aichinger 1918 die enge Zusammenarbeit zwischen Alpenverein und Militärkommando:

„Das Kommando würdigte von allem Anfang an die Erfahrungen, die sich die Mitglieder unseres Vereines als Bergsteiger in den vom Kriege heimgesuchten Berggebieten erworben hatten. Alles was von ihnen seit Jahren in den Veröffentlichungen unseres Vereines über die Julischen und Karnischen Alpen niedergelegt worden war, wurde einer genauen Durchsicht unterzogen und für die Kriegführung zu verwerten gesucht. Um tüchtige für den Gebirgskrieg verwendbare Mannschaften zur Verfügung zu haben, wurden Hochgebirgskurse errichtet, namentlich Schneeschuhkurse. Die Hütten unseres Vereines dienten hiebei als höchst wertvolle Stützpunkte.“

Indem der Gebirgssoldat gleichzeitig einem „heimtückischen Feind“ und „übermächtigen Naturgewalten“ (ZDÖAV, 1918) gegenüberstand, erhielt das Blutvergießen in den Bergen eine nahezu mystische Verklärung. „Durchkommen oder Umkommen“ lautete die heroisch tönende Parole, wobei das alpine Kampffeld zur spektakulären Naturkulisse eines in der Realität brutalen und opferreichen Stellungskrieges stilisiert wurde. „In keinem Abschnitte der karnisch-julischen Front findet man einen so großartigen alpinen Hintergrund für das Kriegsdrama, das sich hier abgespielt hat, eine so innige Anpassung der Kriegführung an das Hochgebirge wie hier. Bis zu den höchsten Gipfeln, bis in die entlegensten Felswildnisse reichen die Stellungen und schmiegen sich den Zinnen und Graten an, als hätte sie die Natur selbst zur Verteidigung aufgerichtet.“ (ZDÖAV, 1918)

Villach war durch seine exponierte Lage selbst in unmittelbare Frontnähe gerückt und vom Dobratsch aus konnte man die anfliegenden italienischen Kriegsflugzeuge beobachten. Die Schulchronik von Heiligengeist berichtet von „lebhaften Artillerieduellen“, die man vom „ersten Tage des italienischen Krieges an, als mehr oder minder starkes Dröhnen“ im Orte vernahm und an das sich die Dorfbewohner bald gewöhnten. Allerorts sammelten sich in den ersten Jahren des Krieges freiwillige Schützenkorps, um gegen den Feind ins Feld zu ziehen. Enthusiastisch stimmten auch die Kärntner Heimatdichter in den allgemeinen Kriegstaumel ein. In fragwürdiger literarischer Qualität beschwor Josef Friedrich Perkonig das „heldenhafte Sterben auf heimatlicher Erde, begleitet von Kanonenmusik.“ (Karnisch-Julische Kriegszeitung, 1916) Guido Zernatto bemühte hingegen die alpine Symbolik, wenn es um das Sterben an der Gebirgsfront ging: „Wie Alpenglut auf Gletschereis, wie Schützenblut auf Edelweiß!“. Ähnlich delirierte der Villacher Hugo Moro in der literarischen Weihnachtsausgabe der Karnisch-Julischen Kriegszeitung: „Ja, Siegeskränze aus Edelweiß, dem Kärntner Schützen als Ehrenpreis.“ (KJK, 1915) Der Alpenverein erließ Spenden- und Kampfaufrufe und in seinen Nachrichten ersuchte er um die „Herabschaffung von Decken, Polstern und Betten aus den Hütten des Vereines“. (MDÖAV 1914) Von Kriegsbeginn an veröffentlichte er Listen von den im Kriege gefallenen Mitgliedern, die den „Heldentod auf dem Feld der Ehre“ gestorben sind. (MDÖAV 1914)

In der Festschrift anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Villacher Alpenvereinssektion lesen wir über diese Jahre zwischen Kriegstaumel und Katastrophenstimmung: „Zu Pickel und Seil kommen Gewehr und Handgranate und bei den Gebirgsschützen stehen viele unserer Bergsteiger. Hier in den Bergen schlägt der Tod doppelt und dreifach zu. Ist´s nicht der Gegner, so ist es der weiße Tod, der Blitz oder die eisige Kälte, die sich ihre Opfer holt.“ (ÖAV 1970). Nach dem Zerfall der Monarchie blieb von dem einst mächtigen Österreich nur ein kleiner Staat mit republikanischer Verfassung über, und die Sektion Villach des Alpenvereines trauerte um die verlustig gegangenen Schutzhütten in den Julischen Alpen. War schon die Entdeckung der Alpen nicht frei von Nationalismus, so erfolgte nach dem Ersten Weltkrieg die eigentliche Politisierung der Natur.

Die Wiener Sektion Austria des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins (DÖAV) unterschied in ihrer 1932 herausgegebenen Festschrift zwischen „deutschbewussten“ und „wesensfremden“ Bergtouristen. Für die Agitatoren dieser rassistisch eingestellten Sektion war es nur allzu verständlich, dass im deutschen Bergsteigerherzen der heilige Zorn entbrennen musste, „wenn er die Schutzhäuser, die er aufsuche wollte, von Schwärmen volksfremder Männer und Frauen bevölkert fand, welche in zügellosem, aufreizendem Treiben Unsummen verprassten und in Gaststube und Schlafraum jeden Platz für sich in Anspruch nahmen“.

Die Anderen, Proletarier und Juden, waren es, die die Berge „entweihten“ und die privilegierte Stellung der bürgerlichen Alpintouristen bedrohten. Bei der im Oktober 1920 abgehaltenen Jahresversammlung des DÖAV in Nürnberg stellte die Sektion Villach den Antrag auf „Einschaltung des so genannten Arierparagraphen in die Satzungen des Gesamtvereines“. Mangels Unterstützung von Seiten der anderen Sektionen musste der Antrag zurückgezogen werden, wobei der Hauptausschuss es der Sektion freistellte, in ihre eigenen Satzungen die Ausschließung der Nichtarier aufzunehmen. (Villacher Zeitung, März 1920) Anlässlich der am 12. Jänner 1922 abgehaltenen Jahresversammlung fasste die Sektion Villach „zur Abwehr der Mitglieder der in Wien gegründeten jüdischen Sektion ,Donauland‘“ den Beschluss, an allen Hütten die Anschrift „Mitglieder der Sektion ,Donauland‘ sind in dieser Hütte nicht willkommen!“ anzubringen. (Villacher Zeitung, Jänner 1922)

Der Antisemitismus innerhalb des DÖAV ging in erster Linie von der Sektion Austria in Wien aus. Deren Vorsitzender Eduard Pichl tat alles, um den Arierparagraphen durchzusetzen und die Sektion Donauland aus dem Gesamtverein auszuschließen. Das gelang schließlich 1924 und die Villacher Zeitung schrieb dazu:

„Der Antrag auf Ausschluss dieser Sektion aus dem Deutschen und Österreichischen Alpenvereine wurde mit 1653 gegen 190 Stimmen zum Beschlusse erhoben. Die Sektion Donauland ist somit aus dem Deutschen und Österreichischen Alpenverein ausgeschlossen. Damit ist aus dem Alpenvereine ein Fremdkörper entfernt, der die bisherige alpine Tätigkeit gehemmt hat.“
(Villacher Zeitung, Dez. 1924)

Zahlreiche Sektionen des DÖAV hatten schon vor dem endgültigen Ausschluss der Sektion Donauland antijüdische Paragraphen in ihre Satzungen aufgenommen. 1923 fasste die Sektion Villach in der „Judenfrage“ den Beschluss, „das Eintrittsverbot für Juden in die Hütten der Sektion weiterhin aufrechtzuerhalten“. (Villacher Zeitung, Jänner 1923) Der Forderung des Hauptauschusses des DÖAV, das Eintrittsverbot für Juden von den Hütten zu entfernen, kam die Sektion Villach insoferne nach, dass sie sich „nach langer Wechselrede und eingehender Erörterung von Für und Wider“ mit 43 gegen 42 Stimmen dazu entschloss, das unbedingte Judenverbot aufzuheben, jedoch sollte an den Hütten der Sektion Villach ein Anschlag angebracht werden, „der jedem Juden sagt, dass er ein unerwünschter Gast ist“. (Villacher Zeitung, Dez. 1923)

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erika, 2004-12-08, Nr. 1517

DOBRATSCH - Dobra`c : Villacher Alpe I
ich schließe die augen, spreche beide namen aus meinem mund und nehme sie in mein ohr auf, in das ohr, das schon bevor ich es ausspreche den klang in mein herz weiterleitet, dabei das wort "dobra`c " sofort den ersten platz einnimmt, mein ort zwischen den beiden ohren keinen platz für das andere wort finden kann und meine zunge geschont, noch ganz von weichen lauten gesättigt in meinem mund liegt, mein ohr den harten konsonanten verschlossen bleibt, erlebe ich mit diesem wort dobra`c, die sehnsucht nach verlorener heimat.
dobra`c - ich liebe dich

erika

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