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Ludwig Roman Fleischer

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2004-08-31

Weihnachten im Entzug - Teil II

Kap. 11

Bisher erschienen:
Weihnachten im Entzug - Teil I

Andreas Kubsch und Sandra Bülllwatsch schmusen unverdrossen, vor weitgehend leeren Blättern. Kubsch scheint ein Verweigerer wie Lagreiner zu sein, freundlicher und ein wenig verblümter vielleicht. Immerhin hält er noch den Kugelschreiber in der Rechten (hinter dem Rücken der Büllwatsch); beide haben drei oder vier Zeilen niedergeschrieben, ehe sie endgültig im Schmuseclinch versunken sind. Kubschens erste Erinnerung an sich hat sich in Harrers erzählerfahrener Phantasie zum Literatur-Rohling verdichtet, den es nur noch – der eigenen Erfahrung, der eigenen Wahrnehmung und den eigenen Klischees gemäß – zu behauen, zu schleifen und zu polieren gilt. Der Sparstrumpf: Klein-Kubsch (hübsches Klein-Kübschchen mit dunklen Lockenringeln und denselben blauen Kugelaugen wie jetzt) hat anläßlich eines Besuchs bei den Großeltern einen grauen Sparstrumpf geschenkt erhalten.

„Warst du mit den Eltern dort?“
„Ja. Nein. Ja. Was weiß ich,“ raunzt Kubsch, Wange an Wange mit der Büllwatsch.
„Mit dem Vater?“
„Eher nein.“
„Also mit der Mutter?“
„Eher ja.“
„Waren es ihre Eltern?“
(theatralisches Seufzen, Achselzucken)
„Ich denke nein.“Also seine?“
„Wohl ja.“
„Und er war nicht dabei?“
„Er wer? Ach ja, eher nein.“

Du hirnentrindeter Lackaffe, denkt Harrer, ehe er bei sich zu einer detaillierten Variation des Kubschischen Themas ausholt. Kübschchen Papi ist, sagen wir, ein Kleinganove, der Stoß spielt und dabei zumeist verliert, der Großpapa ein sparsamer Pedant und Altnazi, der das Enkelchen zu Sparsamkeit und anderen teutonischen Tugenden erziehen will. Kübschchen soll das Gegenteil des Vaters werden, der beispielsweise säuft, die Mutter schlägt, ihr kein Haushaltsgeld gibt, kleine Beträge veruntreut und große verliert. Kubschens Vater, phantasiert Harrer, ist wie er ist, weil Kubschens Großvater ist wie er ist; und Kübschchen soll nach dem Willen des Großvaters wie der Großvater werden. Daher der Sparstrumpf als Falke. Nuovo Realismo in Wiener Vorstadt-Setting.

„Und was noch?“
„Was was noch?“
„Was fällt dir zum Großvater ein, abgesehen von Sparsamkeit und Pedanterie?“
(Ein durch die Last der Büllwatsch erschwertes Achselzucken).
„Wie alt war dein Großvater?“
„Keine Ahnung.“
„Ist er im Krieg gewesen?“

(Nicken, auf die Büllwatschbacke geschnäbeltes Küßchen).Und dann ist eben dieses Großvaterfoto vors Auge der Erinnerung getreten, der Alte in Uniform. Bei der Frage nach Kragenspiegel, Abzeichen, eventuell sich um das Foto gruppierende Redensarten hat Kubsch die Finger bereits wieder am Korpus der Büllwatsch und in Harrer verdichtet sich das Bild des pedantischen Nazigeizkragens, der dem Enkel kleinbürgerliche Triebverzichts-Ideale beibringen will, als Gegenentwurf zum Treiben des missratenen Sohnes, des Säufers, Spielers, Verschwenders und Schürzenjägers.

Die Büllwatsch – das sinnliche Trullchen mit Kinn- und Lächelgrübchen (ein Großelternkind auch sie) – wird von Opapa anlässlich eines Geburtstages auf ein Dreirad gesetzt. Fahr hinaus ins Leben. Schatzi. Denn die Mami hat schon ihre Überdosis weg und der Papi sich mit der Luger des anderen Opapa dem Leben entzogen. Aber die Büllwatsch schreibt es nicht, vielleicht, weil sie zu sich und ihrer Katastrophe nicht die Verbaldistanz eines Herrn Harrer hat, der an ihrer Geschichte bereits Rohmaterielles für seine eigenen Erzählereien ahnt.

Und der rabiate Heimo Sterk: mit der engelsfrommen Mama und dem versoffenen Rock-and-Roll-Papa unterwegs – amoi olle beinaund, woaräh a Ausnauhm – läuft als Klein-Heimi mit einem anderen Fünfjährigen um die Wette, die Schneckentreppe einer Fremdenpension hinab und damit dreimal im Kreis, und als er praktisch gewonnen hat, stolpert er auf der letzten Stufe und bricht sich den Knöchel: doppelter, offener Bruch. Hatschen tuari oft no heit. Immer gewinnen wollen, vor allem gegen den Vater, dem Heimo, so Heimo, beweisen will, dass er der Bessere ist: der bessere Gitarrist, der bessere Hinhauer, der bessere Ficker. Aber das geht nicht so leicht mit einem so schweren Jungen wie dem eigenen Gouverneur. Wer schafft es schneller abwärts? Welch ein Rohmaterial! Und Heimo würgt an sich selber herum und kann seine erste Erfahrung mit sich nicht beschreiben.

Erleichtert vernimmt Harrer das Schlagen des trinitarischen Sechs-Uhr-Glöckchens. Er wird die Geschichten der anderen zu den seinen machen, sie zu sich nehmen und verdauen, in kreative Energie umsetzen und das Unbrauchbare daran ausscheiden.

Ludwig Roman Fleischer: „Weihnachten im Entzug“, SISYPUS, 2004, 14.- €
ISBN: 3-901960-25-2

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