2009-03-11
Lehrer/innen als Sündenböcke
Wie an einer Berufsgruppe ein Exempel statuiert wird, bei dem wir aber alle gemeint sind
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Ende Februar ließ also Unterrichtsministerin Schmied via Medien den Lehrer/innen ausrichten, dass sie ab kommendem Herbst zwei Stunden mehr zu unterrichten hätten, andernfalls sei die „Aufrechterhaltung des Schulbetriebs" nicht möglich. Sie gab damit ungewollt einen Vorgeschmack darauf, in welcher Weise und auf wessen Kosten sich die Bundesregierung die Sonderausgaben für die Wirtschaftskrise wieder hereinholen will.
Lehrer/innen und Schüler/innen baden seit vielen Jahren die Folgen der restriktiven Bildungspolitik aus. Zeitgleich mit dem Beginn der österreichischen EU-Ambitionen wurden Schulreformen nur mehr kostenneutral durchgeführt, unter lieblichen Worten von der „Entlastung der Schüler/innen“ wurden seit den 90er Jahren Stunden in beinahe allen Fächern gestrichen, das Angebot an kostenlosen Unverbindlichen Übungen und Freifächern wurde eingeschränkt und die Klassen wurden – wo möglich – durch Zusammenlegungen praktisch wieder mit 30 Schüler/innen und mehr geführt. Für die Lehrer/innen bedeuteten bereits diese Maßnahmen, mehr und größere Klassen zu unterrichten.
Der jetzige Übergriff auf die Arbeitszeit der Lehrer/innen entspricht der typischen EU-konformen Taktik, „Angleichungen" zuungunsten der Arbeitnehmer/innen durchzuführen. Angesichts dieser Attacke kann es nicht unser Anliegen sein, einen ganzen Berufsstand unter Rechtfertigungszwang zu setzen. Die Anmaßungen und die Arroganz der Ministerin, geil auf Rankings und Elitenprofilierung (zum Geist hinter den berühmt-berüchtigten PISA-Tests → Strebermann, geh du voran), sprechen von grundlegenden Defiziten in der Beurteilung der Leistung der Lehrer/innen. In Wirklichkeit startet sie einen Angriff auf die Arbeitszeitregelungen aller Lohnabhängigen, beginnend bei einer Berufsgruppe, die man immer wieder dem medialen Beschuss aussetzt, in dem man mit medial geübten Auslesespielen Stimmung macht, um dann zynisch „Volksentscheide" zu provozieren.
Ohne Verhandlungen mit gewerkschaftlichen Interessensvertretern werden in autoritärer Regierungsmanier Probeläufe für eine weitere Entrechtung der arbeitenden Menschen inszeniert, während der „Wirtschaft" (dem Finanzkapital, den Banken und Großunternehmern und deren Management ) Milliarden zugeschoben werden. Statt eines unterstützenden Sozialpaketes werden „Konjunkturpakete" geschnürt, die den Verursachern der Krise zugute kommen. Eine „sozialdemokratische" Ministerin übernimmt dabei – hochgelobt, weil sie ja aus der „Wirtschaft" kommt – die Drecksarbeit mit neoliberaler Zielsetzung. Ihre Vorgängerin war in ihrer konservativen rigiden Art von den Betroffenen leichter zu durchschauen.
Ganz offensichtlich gehen jetzt dabei letzte demokratische Spielregeln verloren und die „Krise" gibt den Ring frei für eine weitere entscheidende Runde der Umverteilung von unten nach oben – auch in der Bildung. Bleibt nur zu hoffen, dass den wortgewaltigen Ankündigungen der Lehrer/innenvertreter diesmal auch wirklich Taten folgen über die am 12. März stattfindenden Dienststellenversammlungen hinaus die ministerielle Zumutung entsprechend beantwortet wird.
- Sa, 28. März: Globaler Protesttag
Hauptdemonstration für Österreich: In Wien, dezentrale Aktionen unter anderem in Villach → Wir zahlen nicht für Eure Krise! am Nikolaiplatz von 09:30-12:30
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- Bildungspolitische Hinter- und Abgründe
→ Bildung als Ware?
→ Wie die Mittel den Zweck heiligen sollen
→ Der Polizist im Inneren. Über die Rennaissance des Jeremy Bentham
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- Neue Broschüre der Werkstatt Frieden & Solidarität:
Finanz-, Wirtschafts-, Demokratiekrise
Bausteine für eine demokratische Wende
Bereits 2. erweiterte Auflage. 56 Seiten Broschüre zum Thema Finanz-, Wirtschafts-, Demokratiekrise, die nicht nur der Krisenanalyse sondern vor allem auch der Ermutigung zum Engagement für einen demokratischen und solidarischen Ausweg aus der Krise dienen. → Inhaltsübersicht
Hrsg.: Werkstatt Frieden & Solidarität, Preis: EUR 3,- (exkl. Versand)
zu bestellen bei Werkstatt Frieden & Solidarität, Waltherstr. 15, 4020 Linz, Tel. 0732/771094, Fax 0732/797391, E-Mail: office[ät]werkstatt.or.at