2007-11-07
Länger lernen, besser bilden?
Redaktionelle Vorbemerkung: Eher ungewohnt sind derzeit die Fronten in der sogenannten Bildungsdiskussion – es mauern die schwarze Gewerkschaft und Teile der ÖVP, während Sozialdemokratie in trauter Eintracht mit anderen Teilen der ÖVP und dem Wirtschaftsflügel auf „Reformen" setzt. Die Grünen wollen noch mehr Reform. Irgendwas scheint da nicht zu stimmen, ein Verdacht, den Christian Felber mit seinem Beitrag bestätigt.
W.Schütz
„Die entscheidende Frage in Europa ist, dass wir möglichst viele Menschen mit jenen Qualifikationen ausstatten, die uns im internationalen Wettbewerb bestehen lassen", befand Alfred Gusenbauer beim Gipfel in Lissabon. Der scheinbar selbstverständliche Satz hat Potenzial: Inhaltlich fördert er die Verwandlung von Bildung (Erkenntnis!, Mündigwerdung!, Humanismus!) in eine Funktion der globalen Konkurrenzfähigkeit. Strategisch klingt er, als hätten die 190 anderen Staaten nicht auch die Möglichkeit, ihre Wettbewerbsfähigkeit über bessere Bildung, lebenslanges Lernen und höhere Forschungsinvestitionen zu steigern. Und als täten sie dies nicht.
Das Mehr-Bildung-mehr-Forschung-Mantra eint die Politik von rinks nach lechts, es wird auf immer penetrantere Weise zum Ceterum censeo aller, die wissen, was dem Standort fehlt. Denn dass ein Hochlohn- und Hochabgabenland wie Österreich den Standortwettbewerb mit Lohndumping, Sozialabbau oder steuerlicher Schonung der Schwerreichen nicht gewinnen kann, dämmert schön langsam. „Wir sollen nicht billiger, sondern besser sein", gibt Franz Voves die neue Devise aus. Also länger lernen, besser bilden und forscher forschen – als die anderen. Genau das ist das Absurde am globalen Bildungs-, Forschungs- und Lernwettbewerb. Maßgabe ist nicht die Mündigkeit der Menschen, nicht die Lebensqualität, noch ein anderes humanistisches Ziel, sondern das Übertreffen anderer.
Der Versuch, die anderen beim Bilden zu übertrumpfen, ist genauso nationalistisch, wie sie bei den Steuern oder den Sozialabgaben zu unterbieten. Wenn alle Standortkonkurrenten dieselbe Strategie verfolgen – China baut verbissen auf Bildung, lebenslang gelernt wird in Laos schon lange – ist der Erfolg dieses österreichischen Geheimrezeptes fraglich. Preisfrage: Wenn die Österreicher/innen um zehn Prozent länger lernen, desgleichen die Mexikaner/innen und die Chines/innen: sind dann alle um zehn Prozent wettbewerbsfähiger? Eben. Wenn alle Standorte die Löhne um zehn Prozent senken oder die Steuern für Schwerreiche, dann ist kein Standort konkurrenzfähiger, sondern die Gewinne der Konzerne explodieren.
Mir scheint, das Wesen und die Wirkung des Standortwettbewerbs sind noch nicht so richtig verstanden worden. Traurigerweise ist nicht globale Solidarität, sondern globale Konkurrenzfähigkeit zum obersten Ziel der EU geworden, zur Speerspitze der Lissabon-Strategie.
Gerade im Bildungs- und Forschungsbereich sollte die Devise lauten: Kooperation. Wir rennen nicht blind und global um die Wette, sonst sind am Ende alle siebenmal höher qualifiziert und kein bisschen weise. Im Global Village sollten wir uns den Luxus umfassender Menschenbildung leisten, in der Forschung gemeinsame Sache machen und nachhaltiges Wissen teilen.
Christian Felber ist Autor und Attac-Mitbegründer. Zuletzt erschienen „50 Vorschläge für eine gerechtere Welt" bei Deuticke.
Sein Beitrag ist zuerst erschienen am 24. Oktober 2007 in der Wiener Zeitung.
Nachsatz der Redaktion: Dass eine gute Schuldirektorin noch lange keinen Einblick in problematische gesellschaftliche Weichenstellungen haben muss, zeigt das Beispiel der deutschen Reformpädagogin Enja Riegel, die vor kurzem in die österr. Reformkommission berufen wurde. Auch sie hinterfragt nicht im geringsten die Umwandlung von Bildung in eine Waffe im Standortwettkampf:
„Die Schulentwicklung in Österreich und in Deutschland ... entspricht nicht mehr dem, was man heutzutage braucht in Ländern, die keine Rohstoffe
haben, sondern in denen es um Kinder geht, die gut ausgebildet werden
müssen – und zwar alle."
„Der Standard" vom 30.10.07, S. 7
Erich Ribolits hat diese Bezüge der Bildungsdiskussion zum Konkurrenzwahn bereits seit langem analysiert, so z.B. nachzulesen unter Welche Bildung braucht der Mensch, Teil 1 und Teil 2.
Mimenda, 2007-11-07, Nr. 3980
zum nachsatz:
nachdem ich die "vorzeige-enja" unlängst in einer fernsehdiskussion erlebt habe, glaube ich überhaupt nicht, dass sie eine gute direktorin war. denn sie geht ebenso wie die direktoren der schulen, die nicht wie die von ihr geleitete schule beim pisa-test gut abschnitten (viele gymnasiasten seien nach meinung des deutschen lehrerverbandes übrigens deutlich besser), von der machbarkeit und zielorientierung von bildung aus. man müsse nur das richtige tut (statt vielleicht erst einmal das falsche zu lassen).
der titel ihres buchs "schule kann gelingen! wie kinder wirklich fürs leben lernen. die helene-lange-schule in wiesbaden" spricht bände. schule hat nicht zu gelingen, denn hätte sie das, stünde sie unter einem diktat (was sie faktisch und bedauerlicherweise tut, und in der reformpädagogik riegelscher prägung sogar weitaus stärker als in der herkömmlichen).
"fürs leben lernen" ist ein ebenso verräterischer zungenschlag, der nur deshalb nicht auffällt, weil er durch diesen unsäglichen spruch jedem unserer urahnen so effektiv eingebleut wurde, dass wir uns noch als enkel an ihn erinnern.
natürlich muss man auch etwas lernen, was man ihm leben anwenden kann. aber das hat mit bildung im humanistischen sinne (der selbsterziehung zur mündigkeit) kaum etwas zu tun.
schön, dass österreich jetzt die enja hat. kann sie wenigsten in deutschland nicht noch mehr schaden anrichten :-)
Anfang der Woche war, 2014-05-25, Nr. 6209
Anfang der Woche war es bei uns auch schon Frfchling, gestern lag daffcr schon wedier Schnee und jetzt wechselt es zwischen Schneeregen und Fisselregen - nicht gerade einladend, aber ganz passend ffcr Ende Februar. ;)
you make some valid, 2015-09-26, Nr. 6353
you make some valid points, but the laregr issue is not an attack on their socio-economic position in life. I think the point of the thread was their craziness in purchasing guns for their thug boyfriends. Hell, who does not know that some people have dysfunctional people in their families. Yet, for the most part there has to be a come up at some point when your shit stank. I do not care how poor you are there used to exist such a thing as doing the right thing. So, trying to critique me point by point is a little silly when the premise is that buying guns for your thug is bs. I was attempting to say a little love would be more appropriate than the glock. Hell we all know these baby daddys are not shit and it takes two to make little one. I am not about to let the baby daddys off the hook no more than the baby mamas.