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Walther Schütz

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2005-11-18

Vom Leben im Schnellkochtopf

Es war einmal eine Menge Gemüse, Kartoffeln, Pilze, Kräuter, … und was man halt so alles für einen Eintopf braucht – ja und da gab es einen Topf, in dem all diese guten Dinge regelmäßig verkocht wurden. Und weil dieser Topf keinen Deckel hatte, dauerte es ziemlich lange bis die Kochtemperatur erreicht wurde. Das allmähliche Ansteigen der Temperatur verhinderte, dass all die Erdäpfel, Karotten …. merkten, dass es an ihr Ende ging: Ganz im Gegenteil, eine Weile fühlten sie sich sogar bei der Wärme lauschig wohl.

Nun begab es sich aber, dass der Eintopf schneller fertig werden sollte. Die verschienenen Zutaten wurden in einen Schnellkochtopf geworfen. Jetzt wurde es rasch ungemütlich, es begann ein heftiges Zappeln, und je mehr gezappelt wurde, desto schlimmer wurden die Stöße, die man sich gegenseitig verabreichte. Und der Druck stieg und stieg, damit die Bestandteile nur ja schnell verkocht würden.

Auf den steigenden Druck und die Hitze reagierten die Bestandteile des zukünftigen Eintopfes meist sehr aggressiv, die Erdäpfel z.B. gaben den anderen Gemüsearten die Schuld, dass es so ungemütlich wurde. Sie schrieen Parolen gegen die bunte Schar an Gemüse um sie herum und stampfte auf diese ein; Und manche meinten gar, dass die Pfefferkörner schuld seien, die seien ja genetisch schon zum Scharfsein veranlagt, und wenn es die Pfefferkörner nicht gäbe, dann sei wieder alles in Ordnung. Wieder andere glaubten in ihrer Verzweiflung, dass sie selbst an ihrem Unheil schuld seien, und dass die Betreiber des Schnellkochtopfes es ja nur gut mit ihnen meinten.

Dann waren da die Gruppe der Zwiebel, die meinten, man müsse nur den Schnellkochtopf in die Luft sprengen, dann würden die Köche vernichtet. Auf den Einwand der anderen, dass sie ja dann selbst auch vernichtet seien, antworteten sie mit dem Verweis auf das Paradies, in das alle Märtyrer eingingen.

Und dann gab es Fettaugen, die schwammen oben auf und versuchten die anderen zu beruhigen, jeder Bestandteil solle sich nur mit den Ellbogen seinen Raum um sich sichern und sich nach oben treiben lassen. Die alle beratenden Fettaugen bekamen viel Zuspruch, der Lieblingsspruch, mit dem sie ihre Ratschläge unter das Gemüse brachten, lautete: „Wenn der Wind der Veränderung weht, dann bauen die einen Mauern und die anderen Segelschiffe!“

Wieder andere setzen auf Toleranz zwischen den Gemüsesorten, wenn man nur nicht aufeinander los ginge, würde der Platz schon reichen.

Und dann waren da diejenige, die riefen: „Seien wir fair zueinander, das ist die Lösung!“ Und von denen, die unten am Boden des Kochtopfes, wo die Hitze besonders rasch stieg, ging die Forderung aus, dass man das Gemenge an Gemüse nur immer gerecht durchmischen müsse.

Ja, so ging es bei rasch steigendem Druck und Hitze dahin im Schnellkochtopf. War das alles, das Ende vorbestimmt? Nein, da gab es noch ein paar kleine Pilze, die betrachteten die Wände, die sahen, dass der Boden schon zu glühen begann, die sahen hoch zum Deckel und riefen: „Wir sind ja in einem Schnellkochtopf!“

Das wollten die andere zunächst nicht glauben, ja als es ihnen im Hinterstübchen die Realität zu dämmern begann, sperrten sie sich gegen diese Erkenntnis: So hoffnungslos sollte die Lage sein?

Geht die Geschichte wirklich so hoffnungslos aus? Wir wissen es nicht, zum Schluss geschah nämlich folgendes:
Ein paar ganz Naseweise unter den Pilzen entdeckten, dass es ganz oben am Deckel ein Druckventil gab. Sie hatten die Idee, eine Art Räuberleiter zu machen, das Ventil hoch zu drücken, aus dem Kochtopf herauszuquellen und dann einen Kurzschluss im Ofen zu erzeugen. Dann könnten sie gemeinsam bei Normaldruck den Deckel abwerfen, rauskrabbeln und und und

Wie geht die Geschichte aus? Schreiben sie uns!

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diana, 2005-11-18, Nr. 2149

zwei zukunftsversionen für das gemüse:

1.die pilze versuchen ein neues gleichmäßiges kochverfahren zu begründen, aufgrund ihrer mutigen idee, sich aus dem schnellkochtopf zu befreien, sind die pilze automatisch die neuen anführer dieses kochverfahrens geworden. aber sind die pilze auch in der lage einen fairen verkochprozess zu führen/leiten?

2. bei der zweiten version stellt sich die frage, will das gemüse überhaupt noch gekocht werden! die zukunft des gemüses liegt in der entwicklung einer neuen erwärmungstheorie, diese theorie beruht auf der kraft der „nicht-erwärmung“. aber das wird noch dauern, bis dahin kommt wohl szenario 1. zum tragen., welches sich immer und immer und immer und immer wiederholt.

herwig, 2005-11-18, Nr. 2150

Da gibt es nur einen Kommentar:

Walther, Walther, Walther!

Walther Schütz, 2005-12-19, Nr. 2206

Ähnliche Bilder


Eine Ergänzung: Ein ganz ähnliches Bild der Situation, in der wir uns alle befinden, habe ich im Buch "Losarbeiten - Arbeitslos" gefunden und das ich allen Leser/innen nochmals herzlich empfehlen kann - näheres siehe Rezension "Losarbeiten - Arbeitslos": In seinem Beitrag "Zwei Risse" zitiert John HOLLOWAY den englischen Autor Edgar Allan Poe: Wir befinden uns in einem Zimmer, dessen Wände immer näher zusammen rücken. Womit sich aber die Insassen des Zimmers abgeben ist eine Diskussion darüber, wie die Möbel zu stellen seien. Dabei übersehen sie, dass sich 2 Risse in den Wänden auftuen, durch die sie eventuell der im wahrsten Sinne des Wortes erdrückenden Situation entkommen könnten. Für Holloway ist der eine Riss die Krise der "Arbeit" (die ja auch die Chance auf ein anderes, emanzipatorischeres Tätigsein enthält), der zweite Riss ist die Krise der sogenannten Demokratie bzw. des Staates (die ja immer nur die Ergänzung zum Markt sein können - siehe dazu "Nur keine falsche Aufregung!").


Walther

katja, 2005-12-23, Nr. 2212

hallo!

Die Geschichte hat eine falsche Prämisse! Sie suggeriert, dass die Hitze von aussen geregelt wird, dass da eine Person ausserhalb des Topfes die Macht hat, den Herd ein- oder auszuschalten. also können selbst die vorwitzigen Pilze nix machen. DAS ABER IST FALSCH!!! die Hitze ist nämlich hausgemacht. das Gemüse im Topf müsste mal zur Ruhe kommen und sich eine Lösung überlegen, wie die Temperatur zu senken wäre.
Im übrigen: Frohe Weihnachten!

Stephan Jank, 2005-12-23, Nr. 2213

Liebe Katja,

ich glaube, der Koch ist der Wert. Und das erste und einzige Gebot kapitalistischer Vergesellschaftung, ihn ständig, willen- und bedingungslos vermehren zu müssen, erzeugt den unerträglichen Druck, der sich in Hitze transformiert. Er ist in jeder Ware als Tauschwert vorhanden, in sie gelegt durch immerwährende abstrakte menschliche Arbeit. Damit ist jener Teil menschlicher Tätigkeit gemeint, der die Arbeit der Putzfrau nicht von jener ihres Managers unterscheidet. Beide vermehren den Wert bewußtlos und unter Vernutzung irrational langer Spannen ihrer eigenen Lebenszeit. Sie, indem sie das Altern von Waren verlangsamt. Er, indem er das Altern von Waren beschleunigt. Ihr Dienst ist ein Priesterdienst am Wert. Da jede Ware in entsprechender Menge gegen jede andere Ware (völlig unabhängig von ihrer konkreten Beschaffenheit = abstrakt) nur vermittels des in ihr gespeicherten Wertes getauscht werden kann, ist der Wert ALL(en Waren)GEMEIN und er ist allgegenWERTig. Er und sein eigenes Gebot zu seiner ständigen Vermehrung bilden das, was Marx das automatische Subjekt (=Schnellkochtop) genannt hat. Und dieses Subjekt ist den Menschen äußerlich, da es ihnen nach einer mehrhundertjährigen Durchsetzungsgeschichte objektiv entgegentritt. Wenn die Menschen aber ihren Priesterdienst nicht mehr tun können, weil mikroelektronische Robotik und effizienzsteigernde Rationalisierung das verhindern, dann werden sie vom Altar verbannt und das Wehklagen sowohl der Priester als auch der nunmehr Nutzlosen ist groß. Alles muss getan werden, um die Menschen wieder um den Altar zu versammeln. Der Druck steigt.

diana, 2005-12-29, Nr. 2217

ich befürchte dieser druck wird sich in form eines krieges entladen.
wie eine dicke, prallgefüllte gewitterwolke wird er auf unsere kopferln prasseln.

REVOLUTION.

gustav gans, 2006-01-13, Nr. 2241

Hallo Walther!

Gustav hier.

Schau! Um es ehrlich zu sagen und wie Du auch sicher weißt,
ist das alles schon ein wenig spät.
Nicht zu spät ... aber verdammt spät!

Du hast mit Deinen Beiträgen fast immer recht.
Gut recherchiert, gut geschrieben und immer sehr gute Themen.

Aber was sind wir? Walther! Was sind wir wirklich?

Rufer! Das sind wir! Hört uns jemand zu?

Also ganz ehrlich gesagt? Nein.

Die paar die zuhören, waren Menschen die sowieso und immer zuhören.
Und das sind fast immer die gleichen.

Wir sind die Rufer in der Wüste,
während sich Österreich Sorgen um den Gesundheitszustand
von Karl Moik macht.

(lang soll er leben... 100 Jahre soll er werden!)

UND DAS WALTHER, DAS IST DIE WAHRHEIT!

Vielleicht erinnerst Du dich an "ECHELON"?

Großes Trara! Und was ist passiert? NICHTS! GAR NICHTS!

Die Interessierten applaudieren. THATS IT!

Und alles, aber auch alles was damals geschrieben wurde, trifft zu!!!

Wir werden einsehen müssen, daß wir so nicht weiterkommen.

Nicht, daß wir es nicht weiter versuchen müssen

Aber was ist zu tun?

Was ist bloße Wunschvorstellung und was machbar und damit Realität?

Darüber werden wir uns einmal Gedanken machen müssen.

Sonst wird man irgendwann einmal wissen, daß wir Recht hatten.
Was nicht besonders tröstlich, aber fast schon unabwendbar ist.

Aber ändern wird sich durch unser Geschreibsel nichts.
Aber schon gar nichts.

Das muß irgendwie anders gehen, aber wie?

Würden wir unsere Meinungen nackt und mit einem feinen Urinstrahl vom Stadtpfarrturm aus verlesen, danach absolut synchron mit einem dreifachen Salto und Doppelschraube am Pfarrplatz aufschlagen und sich unsere Gehirne am "Parken Verboten"Schild verteilen, nicht ohne daß wir nicht vorher RTL mit einem Kamerateam zu dieser kleinen Abschlußfeier eingeladen haben, dann aber nur dann, ... hätten wir international drei Tage eine Schlagzeile.
National eine Woche.
Regional erzählen die sich unseren Sprung noch in vierzehn Tagen.
Und auch lokal werden wir auch irgendwann aus der Erinnerung "faden".

Und weißt Du Walther, warum sie sich überhaupt so lange erinnern können?

Weil wir eine gute Show geboten haben!

Was wir gesagt haben, und was die Beweggründe waren,
dafür Walther interessiert sich kein Hund.

Klingt zwar sehr resignierend von mir,
aber das mit dem Gemüse ist auch nicht gerade sehr erheiternd.

Walther, der langen Worte kurzer Sinn:

Die alte "Cassandra" sitzt uns schwer in den Knochen.

Wer "Cassandra" war? Wer weiß heute noch von ihr?
Die. die es in der Schule lernen mußten und die Interessierten.

(also verdammt wenige)

Aber frage bitte die Leute in zehn Jahren
wer den Musikantenstadel moderiert hat.

lG und bis bald

Gustav Gans

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