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2010-06-21 Formen der Unterwerfung Was sich am Beispiel der Kleinen Zeitung über das bürgerliche (Un)Bewusstsein lernen lässt . Hans Dichand, Verleger der „Kronen Zeitung“, ist tot. Und Hubert Patterer widmet ihm einen kritischen Nachruf ( „Letzte Unterwerfung“, Kleine Zeitung, Sonntag, 20. Juni 2010, S.12). Gekonnt zeichnet der Autor in diesem Beitrag die vordergründige Macht der größten, sehr oft rechtspopulistisch agierenden Tageszeitung Österreichs nach und wie die formelle Politik auf deren jeweilige Blattlinie Rücksicht nimmt. Diese „Unterwerfung“, die Hubert Patterer hier beschreibt, ist ein Stück sozialer Realität. WIE jedoch Patterer den Unterschied zwischen „Krone“ und seiner „Kleinen“ herausarbeitet, geht weit über eine Beschreibung des Boulevardblattes hinaus. [Im Nahsein am Leser] ... „war Dichand Meister. Er erroch die Schwingungen, fragte nicht nach dem Geruch und verstärkte sie. Die Krone ist eine monströse Rückkoppelungsmaschine. Den besseren, ressentimentfreien Menschen hatte Dichand nie im Sinn. Er ließ die Leser lesen, was sie immer dachten, und die Leser freuten sich über die Übereinstimmung. Hans Dichand wollte nichts, das aber sehr erfolgreich.“ Der pädagogische Auftrag der Kleinen Zeitung Patterer gibt so zugleich einen tiefen Einblick in das Selbstbild der „Kleinen Zeitung“. Denn indem Patterer sich mit seiner korrekten (!) Beschreibung des Grundcharakters der „Krone“ mit seiner „Kleinen Zeitung“ abgrenzt, benennt er den Auftrag, den er sich selbst verpasst hat und was auch die dominante Linie innerhalb der Redaktion der „Kleinen Zeitung“ ist: Quasi als Pädagoge geht es ihm um die Schaffung des „besseren, ressentimentfreien Menschen“. Interessant. Denn wie sieht diese Freiheit von Ressentiments aus? Zwei Wochen davor hat Hubert Patterer im Rahmen des allgemeinen Trommelfeuers der Kleinen Zeitung für das „Gürtel-enger-schnallen“ gefordert, dass Politik wie seinerzeit Bundeskanzler Figl den Menschen reinen Wein einschenken und ungeschminkt massive Einsparungen bei den Sozialleistungen durchsetzen sollte. Im Sinne des großen Ganzen, versteht sich. (Hubert Patterer, Figls Klassiker als Vorbild. Kleine Zeitung, Sonntag, 6.6.2010, S.8): „Die Sätze müssen auch nicht die Gefühlsdichte des legendären Entsagungsklassikers [des Bundeskanzlers Figl] aus dem Jahr 1945 haben: „Ich kann Euch für den Christbaum, wenn Ihr überhaupt einen habt, keine Kerzen geben. Kein Stück Brot, keine Kohle zum Heizen, kein Glas zum Einschneiden.“ ... Klingt ja im ersten Moment fast plausibel: Man habe über den Verhältnissen gelebt und müsse daher sparen. Was hinter dieser Scheinplausibilität steckt, ist aber etwas ganz anderes: Auf einer stofflichen Ebene – also wenn man sich ansieht, was an Produktionspotenzial vorhanden ist, an Wissen, an Produktivität, ... – könnte es uns so gut gehen wie noch nie. Ein gutes Leben für alle wäre möglich! Allerdings müsste man sich fragen, vorausgesetzt, es bestehen die Bedingungen für einen herrschaftsfreien Diskurs, was denn nun das gute Leben ausmacht - vor allem in Hinblick auf ökologische Grenzen des Planeten etc. So gesehen ist der „Gürtel-enger-schnallen-Diskurs“ weder gerechtfertigt noch verständlich, ja er ist vielmehr blanker Hohn. Und das sehen in einem gewissen Ausmaß die Menschen, das ist eine – z.T. verschüttete – Seite der Alltagserfahrungen. (Teilweise) verschüttet ist diese Erfahrung, weil die FORM, in der dieses Potenzial an „gutem Leben“ bereitgestellt wird, immer mehr selbst zur unüberwindlichen Schranke wird: Kapitalistisches Wirtschaften bedeutet, dass es Profit abwerfen muss (!), dass es im Gegeneinander der Konkurrenz erfolgt, dass Bedürfnisse nur dann befriedigt werden, wenn der / die Bedürftige Geld hat, dass immer neue Bedürfnisse geschaffen werden müssen, damit die Wachstumsspirale aufrecht erhalten bleibt ... Hubert Patterers Vision vom „besseren, ressentimentfreien Menschen“, der durch die Medien zu schaffen wäre, ist nun eine, in der die Menschen die eine Seite der kapitalistischen Form als gegeben UND DAMIT als unveränderbar sehen. Denn diese ist ja da, die ist spürbar, die ist von Volkswirtschaften erforschbar, mit mathematischen Modellen prognostizierbar ... Ein solches – wissenschaftstheoretisch gesprochen: positivistisches – Weltbild kennt nur die „vernünftige" Einsicht in die Notwendigkeit. „Freiheit" als Anpassung des solchermaßen aufgeklärten Individuums an die gegebenen Verhältnisse. Der stumme Zwang der (gesellschaftlichen / menschgemachten / und damit veränderbaren) Verhältnisse, die sich hinter dem Rücken der Beteiligten durchsetzen, verklärt sich zum Naturgesetz: Das in den Dingen zur Ware geronnene gesellschaftliche Verhältnis tritt uns als SACH-Zwang gegenüber. Kopf und Bauch: zwei Seiten bürgerlichen (Un)Bewusstseins Patterers bzw. der „Kleinen Zeitung“ „besserer, ressentimentfreier Menschen“ ist eine böse und gleichzeitig hundsnormale liberale Vision: Der / die Einzelne ist nichts vor der Notwendigkeit der Verwertung des Kapitals und dem so erst handlungsfähigen Staat. Das ist das große Ganze, dem man sich zu unterwerfen hat, ein „fairer“ Verlierer im großen globalen Mensch-ärgere-dich-nicht. Das heißt „SACH-lich" sein. Die andere Seite bürgerlichen Bewusstseins ist die der Verlierer/innen, nicht bereit, die Drangsal zu akzeptieren, sondern auf der Suche nach Schuldigen, die überall zu finden sein können, nur nicht in den gesellschaftlichen Verhältnissen, die man doch für so richtig hält und denen man als „Opfer" doch alles bereits geopfert hat und dem nun alle andern geopfert werden sollen. Das ist die Gruppe, die die „Krone" in Österreich abdeckt. Bei beiden Varianten handelt es sich um idealtypische Pole auf einem Bewusstseins-Kontinuum, das vielfältige Zwischenstufen kennt und auch ineinander übergehen kann. Im Zweifelsfall, wenn die Widerstände gegen diverse Zumutungen und Sparpakete zu groß werden, befürwortet der Volksbildner aus der Kleinen Zeitung schon mal den Pakt mit dem sonst so verächtlich betrachteten rechten Populismus: Etwa in der Unterstützung der ÖVP-FPÖ-Koalition im Jahre 2000. Oder auch jetzt schon wieder, wenn inmitten einer Flut von Budgetsanierungsphantasien Hans Winkler einen Beitrag „Ein Kanzler als Künstler der Politik. Wolfgang Schüssel, 65: Der Wille zur Macht als Wille zur Veränderung.“ (Kleine Zeitung, Montag, 7.6.2010, S.7) platziert und diesen „Tabubruch“ des Jahres 2000 zur „historischen Tat“ hochstilisiert. . Von der „Einsicht in die Notwendigkeit“ und anderen Vernünfteleien .
Stephan Jank, 2010-06-21, Nr. 4848 Lieber Walther,
Herwig, 2010-06-22, Nr. 4849 Gut gebrüllt Löwe, aber ruhe Dich nicht aus.
Hans Peter Pirker, 2010-06-26, Nr. 4855 Wenn ich die "Krone" in der Hand halte, habe ich das Gefühl, die Polizei informiert mich, schaue ich mir dann den wöchentlichen "Hofer" an, so denk ich mir, der ist billiger.
apple southern, 2010-06-28, Nr. 4856 cupcake issues contends areas references cost frozen emission, 2010-09-23, Nr. 4960 depends term cosmic |
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