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2008-11-18

Arbeit und andere gefährliche Drohungen

ZUR NORMALITÄT UND KRISE DES ARBEITSWAHNS

Einfach erschreckend das folgende Zeugnis eines System in der Krise und den darin herrschenden tiefen sozialen und psychologischen Ängsten, Nöten, Frustrationen und Zerrüttungen:

Leserbrief

Ich verstehe die Aufregung bei Post, Telekom & Co. nicht. Dort gibt es hunderte Mitarbeiter, die nur herumsitzen und den ganzen Tag nichts oder wenig zu tun haben. Und dafür bekommen diese laut Post-Geschäftsbericht 2007 über 2800 Euro monatlich. Würde man diese Sesselpicker entfernen und ihnen wieder zeigen, was Arbeit bedeutet, dann würden wir jungen Leute, die zum Beispiel wie ich studieren, gleichzeitig arbeiten und dabei Pensionsbeiträge bezahlen, später auch eine Pension bekommen. Raus mit den Leuten, die nichts arbeiten, sonst wird es die Post – die zu 51 Prozent im Besitz von uns Steuerzahlern ist – bald nicht mehr geben, sondern nur mehr Anbieter wie Hermes, DPD, DHL usw. Dann sind aber alle 25.764 Mitarbeiter auf der Straße – wohl die einzige Möglichkeit, um diese verrückten Gewerkschafter loszuwerden.

XXX, Angestellte, Studentin, Mutter von zwei Kindern, Klagenfurt

Quelle: Kleine Zeitung, 12.11.08 S. 38, Autorin von kärnöl anonymisiert

Da davon auszugehen ist, dass die im Leserbrief zum Ausdruck gebrachten Aggressionen kein Einzelfall sind, sondern für einen gesellschaftlichen Gesamtzustand stehen, haben wir uns entschlossen, dies im Rahmen einer Lesung zu thematisieren.

r Arbeit und andere gefährliche Drohungen. Textkollage.
Mit Texten von Stephan Jank, Robert V. Kravanja, Walther Schütz u.v.a.m..
Freitag, 21. November 2008, 19:15
Evang. Pfarrgemeinde Villach, Hohenheimstraße 3

.

Thesen

Die Krise begleitet das kapitalistische System von seinen frühesten Anfängen an. Und genauso wie das kapitalistische System vom aufgeklärten bürgerlichen Denken als reines Ökonomiemodell verstanden wird (besser: werden muss), genauso erscheint ihm seine Krise auch regelmäßig als rein ökonomische Krise. Das Kapital indes als ein gesamtgesellschaftliches Verhältnis zu begreifen, welches alle Facetten menschlichen Zusammenlebens erfasst und kontrolliert, ist dem bürgerlichen ökonomistischen Denken unmöglich.

Die verheerenden sozialen aber auch (tiefen)psychologischen Auswirkungen nicht nur der (aktuellen) Krise sondern insbesondere auch der kapitalistischen Normalität müssen einem solchen Denken folgerichtig verborgen bleiben. Das heißt aber noch lange nicht, dass man sie deshalb übersehen könnte: Mit der Präzision eines Uhrwerks wandelt sich nämlich in der kapitalistischen Krise das "normale" gesellschaftliche Koma zum brandgefährlichen Amok. Wie groß die aufgebauten und angehäuften Ängste und Nöte tatsächlich sind und wie leicht sich daher die abgrundtiefen Frustrationen und Zerrüttungen der vernutzten Menschen in haßerfüllte Aggression gegen ihresgleichen wandeln, dafür ist ja der eingangs dokumentierte Leserbrief beredtes Zeugnis.

Es lässt sich nur als Resultat der warenförmigen, kapitalistischen Denkform begreifen, dass es vor dem Hintergrund realer Ängste immer die Arbeit ist, deren Bedeutung zu allererst den anderen gezeigt werden muss. Denen, die nicht arbeiten. Denen, die auf ihren Sesseln picken. Denen, die "den ganzen Tag nichts oder wenig zu tun haben." Denen, die "raus" müssen, weil sie überflüssig sind. Denen, die so ganz anders sind als ich. Denen, die nicht meinesgleichen sondern Teil einer mir nicht (mehr) zugänglichen objektiv(iert)en Welt sind. Einer Welt, die ich als (Arbeits)Subjekt durch meine Arbeit beherrsche, wie ich die Weltmärkte beherrsche mit meinen Kaufentscheidungen für Biojoghurt und Fair-Trade-Kaffee. Nicht Cogito, sondern Laboro, ergo sum. Nicht durch Denken sondern durch Arbeit definiere ich mich. Und daher gilt: Subjekt - also meinesgleichen - ist nur, wer sich über Arbeit definiert. Der Rest - also die Anderen - ist objektivierte Verfügungsmasse und Kraft meiner (arbeits)subjektiven Autorität freigegeben zur beliebigen Vernutzung in meiner Welt. Der einzig möglichen Welt. Der Welt der täglichen und harten Arbeit.

In der Tat: „Arbeit macht frei!" - und zwar das bürgerliche (Arbeits)Subjekt von jeglichem Skrupel.

Stephan Jank

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mimenda, 2008-11-18, Nr. 4253

Ja, sie macht offenbar frei von Skrupel, setzt aber an dessen Stelle unverholene Ranküne und Häme. Und alles das in schlecht cachiertem Brustton der Überzeugung, man/frau sei die Speerspitze der Leistungsgesellschaft.

In diesem Fall ist das Wasser auf die Mühlen jener, welche die Frau ebenso - vollends und darüber hinaus - als nützliche Idiotin ausbeuten wie den Mann - halbwegs - immer schon: Angestellte, Studentin, Mutter. Ob sie noch irgendeines Mannes Freundin oder Frau ist? Wir wissen es nicht. Aber es ist schon so bedauerlich genug. Die großspurige Flexibilität solcher Existenzen demaskiert sich als Willenlosigkeit, wenn sie anderen die Muße neidet, der sie selbst - vermeintlich aus freien Stücken - entsagt.

Das immer lauter werdende, allenthalben zu vernehmende Getzeter über die Schmarotzer dieser Gesellschaft passt sich aufs Schönste in den bedrohlich wirkenden Lamento-Choral ein.

Da geht vielen der Arsch auf Grundeis. Und, verblendet wie sie sind, suchen sie den Schuldigen in ihrer eigenen Mitte.

Statt Denken ist Fühlen angesagt. Der gefühlte Schuldige ist gerade so gut wie die gefühlte Temperatur. Alles ist relativ, nur das Auge des unbedarten Betrachters ist absolut genug, um sich als Richter aufzuspielen.

golden handshake, 2008-11-18, Nr. 4258

dann soll sich mal die 2fach mutti dorthin setzen und sie wird im galopp, nein in windeseile oder besser in überschallgeschwindigkeit zur sesselfurzerIn mutieren, weil diese arbeit nur automatisierte arbeitsschritte abverlangt, ich würde eher die art der arbeit/den inhalt bemängeln (erinnern wir uns doch, wie banken und postämter schwammerlartig aus der erde sprießten) und ja früher war alles besser – man war bis in alle ewigkeit
p r a g m a t i s i e r t, hoppala dieser dienstgrad wurde ja des amtes enthoben also titel außer dienst.
das individuum muss sich eben (ver)ändern (oder doch nur anpassen?) heißt der neue leitsatz.
stellenabbau bei der telekom, ein verdienstvoller mitarbeiter erhält den „golden handshake“, d.h. ein sehr sehr großzügiges abfertigungsmodell - bis zur pension 65% oder mehr als das derzeitige gehalt, der 0/8/15 angestellte tja bei dem sieht die lage bitter aus.
(als besserverdiener bekommt man 4 oder 5 Jahre sein gehalt bezahlt- geht einem 2job nach, sodass man sich nicht vor langeweile ein kugel in die birne schließt – weil bei zuviel freizeit sind mache doch glatt überfordert usw. usf.)
9.000 postbeamte geht es an den kragen.
bis ende 09 geht es 2.000 oder 3.000 TA mitarbeiter ans hemd.

klar gehören manche stellen/einrichtungen e n t s t a u b t –
prosit rasante veränderung.

scheiss auf die regionalen medienverdreher, 2008-11-19, Nr. 4261

die regionale berichterstattung im kärntner land inkl. der leserbriefe von kleine&co. ist mir schon sehr sehr lange ein gigantomanischer dorn im auge. offensichtlich liebt man es dort, ordentlich öl ins feuer zu gießen, aber auf eine unglaublich bedenkliche art&weise. ich komme da aber immer in die zwickmühle der „freien meinung“.
Ein gutes, wirklich ausgezeichnetes beispiel für „freie meinung“ und einen würdevollen menschlichen umgang mit der persönlichen meinung ist für mich kaernoel. erinnern wir uns an jörg haiders unfall, die foren von angeblich intellektuellen zeitungen wie der standard mußten geschlosssen werden, da sich die leute dort ziemlich destruktiv entladen haben. ich war ziemlich gespannt was sich dann wohl auf kaernoel abspielen wird....aber siehe da....ein text vom Robert V Kravanja, einige leserbriefe zum thema „wir wollen keinen mythos“. niemand war ausfällig oder, um auch das neue lieblingswort zum thema haider zu verwenden, „pietätslos“. für mich ist somit sonnenklar, zensur führt auch zu solchen leserbriefen, wie die kleine sie liebend gerne verbreitet, diese leserbriefe sind für mich pure absicht, für mich ist die mutter-studentin reines kanonenfutter und wer weiß – vielleicht gibt es sie gar nicht wirklich...
Die manipulierungsmaschinerie treibt die wildesten blüten.
Aber dann heute, 19.11.2008, kleine zeitung: herr kulterer (hypo-skandal) bekennt sich schuldig, er will halt doch nicht in den häfen, zahlt eine strafe+gerichtskosten von 200.000 euro. jetzt kommt ein satz, welcher natürl. nicht in der kleine steht: „und rauscht ab in seine neuen heimat (london), pferde sollen schon dort warten, zuvor macht er vielleicht noch nen zwischenstop auf jersey island, um seine zwischengeparkten millionen abzuholen“. aber jetzt wieder die kleine: lt. anwalt wäre die hypo für herrn kulterer so was wie ein kind gewesen, er hat ja keine eigene familie, er wollte nur sein kind beschütze.
Solch versöhnliche töne? warum besinnt man sich plötzlich und wird gar psychologisch? kein pardon für die faulen ärsche bei der post, kein pardon für die kleinverdienerärsche, aber ein pardon für einen kapitalen bankenarsch? ganz subtil und locker in den text eingefügt, warscheinlich nicht mal bewußt....so läuft die maschinerie....

die ganze wahrheit der ganzen wochen&co, 2008-11-19, Nr. 4262

Leserbief: Nr. 4251 Montag, 17. November 2008
paßt perfekt zum thema.

zurück zum INSTINKT, 2008-11-19, Nr. 4264

der arme herr elsner verwaist alleine in seiner zelle er muss sozusagen alleine seinen kreuzung durchstehen – ein statement, aber die rechnung geht nicht
auf – meinl u& co sollten natürlich gesellschaft leisten aber die können sich mit genauso korrupten und gewissenlosen anwälten aus allen misslichen lebenslagen raus manövrieren.
herr kulterer wird wohl kaum mit dem zertifikat investment banker.in londra fuss fassen - man nennt solche leute „blender“ die die wirtschaft systematisch ruinieren, wer steuert die – das goldene kalb muss eben immer geschlachtet werden...
aber egal brot und spiele gab und gibt es immer – der ameisenStaat arbeitet brav, hi und da mucksen wir eben auf, auf seiten wie kärnöl und co..
es geht immer nur um macht, egal ob volkszufriedenheit herrscht oder nicht.
eine andere „eso ecke“ könnte man anbieten totale „anarchie“.
da hätten die menschen hinter ihren selbstgewählten hochsicherheitstrakt ernsthaft angst.
die masse mensch wird immer ruhig gestellt – man wirft ihm ein bissen zum nagen hin.

wie Marcel Reich-Ranicki sagt, MEDIEN(vor allem TV) machen DUMM – weil wir subtil (fremd)gesteuert werden –also zurück zum INSTINKT!

(gier ist natürlich auch noch ein Faktor (fast ein natürlicher antrieb), wir wollen doch auch immer ALLES, oder)

ELSNER, 2008-11-19, Nr. 4265

und wieder die kleine, zum sonntag (16.11.08), ein rührseeliger auftritt, der frau elsner...
wie stark sie doch ist, wie viel sie doch im grunde hat, ja, 1200 euro, sie ist eine ECHTE heldin?

liebe frau elsner,
ja, sie sind eine adrette person und enorm stark, sie haben sicher ihr herz am richtigen fleck, bewunderswert, wie sie um ruf&ehegatten kämpfen. und all das trotz ihrer jugend. der alte mann sitzt im häfen und war wohl für wahr nur ein akteur des systems... ABER:
wachen sie doch lieber auf und blicken sie in ihr inneres, der alte mann war ihr vater, jetzt hat er seine stafe bekommen, lassen sie es gut sein und sehen sie den wink des schicksales als hoffnung für ihr eigenes- eigenständiges leben!
LOS LASSEN FRAU ELSNER
adieu du penthouse- spenden sie es lieber an die gruft! oder machen sie doch eine suppenküche für bedürftige dort oben, hoch über wien auf!
so was wäre STARK!

Scheisshausblättln, 2008-11-19, Nr. 4266

Die Kleine Zeitung ist echt ein Scheisshauspapier!
Die sollten mal eine Überlegung in diese Richtung wagen, vielleicht keine Wörter mehr auf´s Papier drucken, oder die Zeitung in Klopapierform rausbringen.
Aber zu nicht mal so viel Kreativität sind sie fähig. Hauptsache die Chefredaktion ist fesch&spritzig, wie ein oranger Sommerspritzer.

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