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2008-10-27 Zwei Annäherungen an Bildung Heute, Montag beginnen die Filmtage Globales Lernen im Volkskino Klagenfurt. In einer Reihe von Filmen wird bis zum Freitag das Thema Migration behandelt. Die Woche wurde von einer Reihe von Organisationen mit verschiedenen Hintergründen initiiert, und auch das Bildungsverständnis ist sehr unterschiedlich. Da diese Differenzen in dem, was Bildung soll, weit über den aktuellen Anlassfall „Migration im Film" hinausgehen, möchten wir diese im Folgenden skizzieren. Bildung als Kritik der Grundlagen Für uns vom ÖIE-Kärnten geht es bei der Filmwoche um Folgendes: Weltweit sind Menschen auf der Flucht, vor politischer Verfolgung, vor Hunger, vor religiösem Wahn, vor rassistischen Übergriffen, vor Arbeitslosigkeit ... Sie sind auf der Suche nach Überlebensmöglichkeiten, nach Perspektiven für sich und ihre Angehörigen. Auf einem Planeten im Fieber. Es ginge vom - sehr hohen - Anspruch her zum Beispiel um ...
Wie gesagt, dies sind hohe Ansprüche an Bildung, Ziele, die sicher nicht so leicht zu erreichen sind und die wir in unserer Bildungsarbeit wohl auch nur ganz ganz selten erreichen. Auch deswegen, weil das viele Menschen gar nicht wollen, weil solch eine Bildung verunsichert, unbequem ist, ... Aber jedenfalls ist das Ziel klar: Die Hinterfragung / Kritik der Verhältnisse, Bildung als Erkenntnisprozess, in dem der Mensch sich als "freies Wesen gewinnt und erkennt – wie es der deutsche Erziehungswissenschafter Heinz-Joachim Heydorn einmal formuliert hat –, dass die Ketten, die ihm ins Fleisch schneiden, vom Menschen angelegt sind (nach Erich Ribolits, Welche Bildung braucht der Mensch?). Bildung als Vorbereitung des / der Einzelnen auf das Leben Vollkommen anders liest sich dagegen der Textentwurf, wie er von der zentralen österreichweiten Koordination als Pressetext vorgeschlagen wurde: „Die pluralistische Gesellschaft wird mehr und mehr zur Realität. Wir alle werden laufend mit unterschiedlichen Weltbildern, Einstellungen und Lebensformen in unserem unmittelbaren Alltag konfrontiert. Das Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlichen Kulturen und Muttersprachen gibt Denkanstöße, bietet manchmal auch Reibungsflächen, bringt aber zugleich Perspektivenvielfalt und eröffnet neue Chancen für Kreativität und innovatives Denken. Diese Lesart von Migration und den Problemen wird wahrscheinlich auf große Zustimmung unter gutmeinenden, aufgeschlossenen Menschen finden und bei einem diesem Lebensgefühl anhängenden Klientel (Kunden) auch sehr erfolgreich sein. Die Grundsicht könnte man etwas überspitzt so formulieren: Wir haben es mit einer im Grunde positive gesellschaftliche Entwicklung zu tun, nur haben halt manche noch Ängste ... Eine solche Perspektive – so unsere These – entspricht weitgehend der Weltsicht einer global agierenden, sprachgewandten und in diesem Sinne „gebildeten" Mittelschicht, die tatsächlich durch einen globalisierten Kapitalismus neue Chancen hat (zumindest so lange, wie ihre Lebensweise durch einen extrem hohen Energieverbrauch – siehe Flugverkehr – und eine Ökonomie, deren Lebensnerv „Finanzblase" gerade platzt, zu funktionieren schien). Soft skills wie der Umgang mit sogenannten fremden Kulturen sind eine zuätzliche Qualifikation in den herrschenden Verhältnissen. Ein solcher auf Anpassung ausgerichteter Fokus von Bildung ist extrem weit verbreitet, als ein Beispiel sei die Internationale Konferenz: MEHRSPRACHIGKEIT, die vom 8. bis 10. Oktober 08 an der Universität Klagenfurt stattfand, genannt. In der Einladung hieß es: „Die heutige Globalisierung verändert unsere Lebenswelt rasant. Alle Gesellschaften werden zunehmend multikulturell und mehrsprachig. Das schafft neue Chancen, bringt aber auch bisher unbekannte Probleme. Umso wichtiger werden Bildungsprozesse, die besser auf die neue Situation vorbereiten und uns in ihr begleiten. Selbst wenn dann noch im Einladungstext gefragt wird, „Wie können wir unsere Lebenswelt aktiv gestalten?", so droht dieses „Gestalten" angesichts der oben genannten Grundausrichtung doch eher auf der "business as usual"-Ebene zu verbleiben. „Erfolgreich" zu sein heißt eben in einer Veranstaltung, deren Rahmen quasi-staatliche Vorhaben wie das EU-Jahr des Interkulturellen Dialogs sind, den Maßstab für „Erfolg" mitzuübernehmen bzw. nicht zu hinterfragen. Diese im Grunde LIBERALE Sicht ist Teil des Problems, das man bekämpfen will: Den Hass auf die und die Ängste vor den Fremden. Denn liberale wie rechtspopulistische Weltbilder haben mehr gemein, als es den Anschein hat: Die Überzeugung, dass es zum Kapitalismus keine Alternative gäbe. Die Unterschiede liegen nur in unterschiedlichen Formen der Regulation eines Stadiums, das von Francis Fukuyama Anfang der 90er Jahre zum „Ende der Geschichte" verklärt wurde: Die real existierenden mörderischen Konkurrenzverhältnisse, der Leistungs- und Existenzdruck, die Perspektivelosigkeit einer sich ständig erweiternden Vermarktungs- und natürlich „fairen" Konsumwelt. . Zum Weiterlesen .
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