2007-11-24
Kärnten wasser.reich
Über das Absurde und über das Reale
"Kärnten positioniert sich unter der Dachmarke Kärnten wasser.reich als der Spezialist zum Thema Wasser und erzeugt durch Maßnahmen in Tourismusentwicklung und Marketing dauerhafte Nachhaltigkeit sowie eine zusätzliche positive Aufladung der Marke Kärnten."
(Quelle:
www.lebensraumwasser.ktn.gv.at
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Einmal abgesehen von der Absurdität dieser Ansage, transformiert sich die in ihr enthaltene gefährliche (weil neoliberale) Drohung - hier soll ja offensichtlich nicht weniger als ein ganzes Bundesland zur Ware degradiert werden - derzeit in Kärnten zur bitteren Realität. Unter den schweigenden Blicken des für diese Aussage verantwortlich zeichnenden SPÖ-Landesrates Reinhart Rohr entwickelt sich nämlich in der Tat eine positive Aufladung der "Marke Kärnten". Denn die Botschaft "Kärnten = Ware" wird weltweit gehört. So hat der französische VEOLIA-Konzern (früher VIVENDI) längst schon seinen langen wasser.arm nach diesem Schnäppchen ausgestreckt. Mitten hinein in die von LR Rohr bei jeder Gelegenheit (zu Recht) in höchsten Tönen gelobte technische Kompetenz der bislang noch weitestgehend öffentlichen Kärntner Wasserversorgung. Und dabei sind die
"Heuschrecken" (übrigens nicht nur) in diesem Fall noch nicht einmal die Bösen. Denn der Zugriff auf unsere Wasserversorgung durch den französischen Wassergiganten erfolgt auf allerherzlichste Einladung der Kärntner Landeshauptstadt Klagenfurt höchstselbst. Was geht da ab in der an kommmunalpolitischen Skurrilitäten ohnehin nicht armen Wörthersee-Metropole?
Unter dem ÖVP-Bürgermeister Harald Scheucher wurden im Jahr 2000 mit Zustimmung von ÖVP und FPÖ (jetzt BZÖ) gegen die Stimmen der Grünen und der SPÖ die gemeindeeigenen Stadtwerke in eine Aktiengesellschaft (STW AG) umgewandelt. Zwar befindet sich diese bis dato noch zu 100% im Eigentum der Stadt Klagenfurt; ihre Agenden aber (Wärme, Strom, Busse, Wasser, etc.) sind durch diese Konstruktion der demokratischen Kontrolle durch den Gemeinderat weitestgehend entzogen. So kann der amtierende Bürgermeister (als Eigentümervertreter) etwa unter Verweis auf geltendes AG-Recht Anträgen auf Offenlegung der Geschäftsgebahrung (völlig legal!!) die Aufnahme in die Tagesordnung des Gemeinderates verweigern. Das hat er übrigens im heurigen Frühjahr bereits einmal mit einem diesbezüglichen Dringlichkeitsantrag der Grünen getan.
Was bis hier her schon die Züge einer klandestinen Enteignung der Klagenfurter Bürgerinnen und Bürger trägt, ist aber nur der Auftakt zu wesentlich weitreichenderen Maßnahmen der Klagenfurter "Spezialist[en] zum Thema Wasser". So schuf die STW AG 2005 mit der AQUAssist Wasserversorgungs GmbH einen im Wesentlichen aus Geschäftsführung und Sekretariat bestehenden Papiertiger mit dem Ziel, "... den Kunden das jahrzehntelange Know-how des Geschäftsbereiches Wasser der STW AG über die Stadtgrenzen Klagenfurts hinaus zur Verfügung [zu] stellen." Das dafür benötigte, technisch kompetente Personal freilich stellt nach Bedarf wie gehabt die STW AG zur Verfügung. Seit 2006 nun ist dieses merkwürdige Konstrukt aber nicht mehr im Besitz der Stadt Klagenfurt. Denn vor etwas mehr als einem Jahr wurde die AQUAssist zu 51% an die VEOLIA Wasser GmbH sowie die aqua consult Ingenieur Gmbh, zwei Töchter des französichen VEOLIA-Konzerns verkauft.
Damit aber hat der französiche Wassergigant einen (den einzigen) Logenplatz bei der im Sommer 2007 gestarteten europaweiten Ausschreibung der Dienstleistungen (Betrieb, Instandhaltung, Erneuerung, etc.) der Klagenfurter Wasserversorgungsinfrastruktur. Wer diese Ausschreibung wohl gewinnen wird? Und dabei geht es nicht einmal um die Frage, unter welch dubiosen Umständen hier ausgeschrieben wird (damit soll sich nach erfolgtem Zuschlag die Kronen-Zeitung herumschlagen), sondern es geht wesentlich darum, dass ohne jegliche öffentliche Diskussion überhaupt ausgeschrieben wird, was bis zum heutigen Tag zur vollsten Zufriedenheit von (zumindest teil)öffentlicher Hand erledigt wurde.
Indes, die Hoffnung auf eine von Kapitalinteressen unangetastete Wasserversorgung in Kärnten ist das Eine. Das Andere ist der gnadenlose Selbstverwertungsimperativ, durch welchen sich das Kapital ausschließlich kennzeichnet. Dass es sich nämlich bei den ausgeschriebenen Dienstleistungen "nur" um einen "Hausmeisterjob" handle, wie man nie müde wird zu beteuern, mögen die Verantwortlichen vielleicht einer uninteressierten Kärntner Öffentlichkeit weissmachen können; ihren Shareholdern aber können sie solche Bären nicht auf die Nase binden. Und so nehmen sich die STW AG und ihr neuer "starker Partner" VEOLIA auch überhaupt kein Blatt vor den Mund, wenn es in einschlägigen Kommuniquees darum geht, Klartext zu reden: "Gemeinsam sollen in der Region Kärnten und in Teilen des nördlichen Sloweniens neue Geschäftsfelder erschlossen werden." Da schau her! Die bis dato weitestgehend öffentliche Wasserversorgung Kärntens, von der LR Reinhart Rohr sich noch im Sommer dieses Jahres in einem Radio-Interview nicht vorstellen konnte, "..., dass ihre Qualität seriöserweise von Privatunternehmen angeboten werden kann, ..." soll also zum "Geschäftsfeld" zweier Kapitalgesellschaften werden.
Allen politschen Beteuerungen zum Trotz, wonach unsere Wasserversorgung nie und nimmer zum Spielball privater Kapitalinteressen werden dürfe, wird hier in exakter Abarbeitung neoliberaler Doktrin zu allererst einmal die technische (Wasser-)Leitungskompetenz auf den Markt geworfen. Wie wird wohl die nächste Scheibe der Salami aussehen? Und wann ist es soweit? - Fragen über Fragen, die eine Kapitalgesellschaft keinem Gemeinderat mehr beantworten muss. Uns allen sei gewünscht, dass den Shareholdern die dabei lukrierten Gewinnmargen noch einige Zeit genügen mögen. Sollte das nämlich einmal nicht mehr der Fall sein, - tja ... wird dann die Kostenersparnis durch die Auslagerung der Wasserdienstleistungen auch noch bei etwa 10% liegen, wie man sich das seitens der STW AG zur Zeit so schön ausmalt? Übrigens ohne diesen frommen Wunsch auch nur durch die geringste Argumentation zu stützen. Aber was soll's? Was nichts kostet, ist letztlich ja auch nichts wert! Oder?
Und damit auch schon die kleinsten Kärntnerinnen und Kärntner darauf vorbereitet werden, wohin demnächst die Reise geht, gibt's beim VEOLIA-Malwettbewerb "Märchen und Masken - Menschen und Umwelt" (sic!) in der Klagenfurter Hasnerschule schon einmal zwei Ausflüge nach Paris zu gewinnen. Wen wundert's da noch, wenn bei einem mit dem Klagenfurter Bürgermeister terminisierten Gespräch der Kärntner "Initiative für eine öffentliche Wasserversorgung" am 5. Juni 2007 der Bürgermeister schon einmal gar nicht und sein Magistratsdirektor gerade einmal zum Zwecke der Begrüßung anwesend sind. Den Platz des Bürgermeisters im Senatssaal des Klagenfurter Rathauses nahm dann auch bezeichnenderweise der STW AG-Vorstand Michael Junghans ein. Ihm zur Seite sein Vorstandskollege Romed Karre. Deutlicher kann man den totalen Rückzug der Politik aus der Daseinsvorsorge einer Stadt gar nicht demonstrieren.
Das Absurde ist endgültig zur Realität geworden. Kärnten hat sich in der Tat als Spezialist zum Thema Wasser positioniert.
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