„Schläger-Asylanten sollen raus“, lauten die Schlagzeilen. Anfang des Jahres 2008 werden drei tschetschenische Flüchtlingsfamilien auf Anweisung des ehemaligen Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider aus Kärnten abtransportiert. Den Söhnen der Familien wird vorgeworfen, bei einer Schlägerei zu Silvester ein Villacher Pärchen auf brutalste Weise zusammengeschlagen zu haben.
Die betroffenen Flüchtlingsfamilien beteuern stets ihre Unschuld, an dem Vorfall zu Silvester beteiligt gewesen zu sein. Die Aussagen der Flüchtlingsfamilien bleiben aber ungehört.
Haiders Antwort ist eindeutig: „Abschieben“. Sündenbockpolitik auf Kosten von unschuldigen Menschen?
Der Film begleitet eine der ausquartierten Familien über Monate hinweg. Diese Begegnung legt nicht nur die „Abschiebung“ aus Kärnten offen dar, sondern erzählt von Flucht, Integration und einer fremden Kultur, die doch nicht so fremd erscheint.
Regie: Andrea Amenitsch, Daniel Hollerweger
Mit einer tschetschenischen Familie
Ohne Altersbeschränkung – Eintritt: 5,--
Österreich 2008, 43 Minuten
Anschließend an den Film Diskussion mit:
Andrea Amenitsch, Regisseurin | Schwester Andreas, Kloster Wernberg | Prof. Dr. Klaus Ottomeyer, Universität Klagenfurt | Mag. Siegfried Stupnig, Verein Aspis
Ort dieser Diskussion wird am Ende der Filmvorführung bekannt gegeben.
Eine Veranstaltung des Filmstudio Villach in Kooperation mit Plattform „Migration-Villach" (Bündnis für Eine Welt, Verein ASPIS, Missionskloster Wernberg, PIVA - Projektguppe Integration von Ausländer/innen, Klimabündnis Kärnten, Zentrum für Friedensforschung und Friedenspädagogik an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, Amnesty International - Gruppe Villach, Verein „Willkommen Nachbar", Evangelischer Kirche St. Ruprecht) sowie ÖIE-Kärnten und Kulturinitiative kärnöl.
Kurze – persönliche – Nachbetrachtung von Walther Schütz
Zunächst einmal: Die Veranstaltung war aus meiner Sicht ein voller Erfolg (soweit man dies bei einem so traurigen Anlass überhaupt sagen kann). Der Film ist genial einfühlsam,
der Kinosaal war voll und wichtig und sehr gut war auch die Nachbesprechung mit der Regisseurin Andrea Amenitsch, mit Klaus Ottomeyer, Siegi Stupnig und Sr. Andreas. Ihnen
allen sowie Elisabeth Grebenicek vom Filmstudio und der Moderatorin Elisabeth Steiner sowie allen, die durch Mundpropaganda, Mails etc. zur Bewerbung beigetragen haben, ein
herzliches „Danke!"
Problematisch war für mich allerdings der allerletzte Teil der Diskussion: Praktisch am Ende fragte die Moderatorin die Diskutant/innen und das Publikum, ob sie nicht auch der
Meinung wären, dass Kärnten besonders rassistisch sei. Diese Frage wurde aufgeworfen am Ende der Veranstaltung, also in einer Situation, in der die Frage nicht mehr im geringsten
mit dem notwendigen Tiefgang beantwortet werden konnte. Vielleicht täusche ich mich, aber ich habe förmlich die Erleichterung gespürt: Ja, Kärnten ist anders, BZÖ, historisch der „Abwehrkampf", eh schon wissen ... aus.
Die implizite Botschaft eines solchen, sich als aufgeklärt-weltoffen verstehenden, Diskurses: Kärnten ist das Besondere und daher ab-normal, während das Allgemeine, das
Normale, gut ist. Dem zurückgebliebenen Land und seinen zurückgebliebenen Einwohner/innen fehle es nur an der Weltoffenheit derer da draußen ...
Bedenklich bei einem solchen LIBERALEN (das meine ich nicht als positive Beschreibung, sondern als politische Kategorie!) Diskurs: Die allgemeine Handlungsgrundlage (von der sich das Spezielle unterscheidet) verschwindet vollkommen aus der Betrachtung, kommt überhaupt nicht mehr als mögliche Ursache des Problems auch nur in die Nähe einer Analyse. Nein, das Problem ist auf einmal nur mehr die Abweichung. Die Entlastungsfunktion einer solchen Betrachtung liegt für mich auf der Hand, denn ich, ich bin ja anders, ich gehöre ja nicht dazu ...
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