2004-04-01
Ring frei für Schuhmacher
Am vergangenen Mittwoch beschloss der Gemeinderat die Vergabe des Ehrenringes der Stadt an Ulrich Schumacher, am Donnerstag trat der Vorstandsvorsitzende der Infineon Technologies AG zurück.
Mittwoch, 24. März 2004: Gemeinderatssitzung im verschlafenen Villach, Tagesordnungspunkt 4 – Verleihung des Ehrenringes der Stadt Villach an Herrn Dr. Ulrich Schumacher, Vorstandsvorsitzender von Infineon. Grund: besondere Verdienste um die Region
Donnerstag, 25. März 2004: Konzernzentrale München, Dr. Schumacher tritt als Infineon Vorstandsvorsitzender zurück
Wer und was ist dieser Herr Dr. Ulrich Schumacher? Er war Vorstandsvorsitzender (CEO) der weltweit tätigen Infineon Technologies AG (siebtgrößter Halbleiterproduzent der Welt) und er ist zweifelsohne eines: das Wort steckt schon in seinem Namen, er ist ein Macher. Schumacher ist ein echter Siemens -Mann. Nach dem Studium der Elektrotechnik trat er 1986 in den Konzern ein und machte schnell Karriere: Anfangs übernahm er die Verantwortung für die Prüftechnik bei den Bauelementen, später wechselte er in den Bereich Halbleiter. 1996 wurde er Chef der Halbleiter-Sparte. Zwei Jahre später rückte er auch in den Konzernvorstand auf und galt eine Zeit lang sogar als einer der Kandidaten für die Nachfolge von Konzernchef Heinrich von Pierer. Seit dem Jahr 2000 hat er lt. AZ München ein reguläres Gehalt von ca. 19 Millionen Euro (!) erhalten, Aktienoptionen und anderes nicht mitgerechnet.
Zur Personalpolitik und zum Führungsstil Schumachers: Sein Führungsstil wird von vielen als selbstherrlich kritisiert, der sich unter anderem in umstrittenen Maßnahmen wie der Performance Culture, wenig behutsamer Personalpolitik, rigorosem Outsourcing auch auf wirtschaftlich zweifelhafter Grundlage und imageschädigenden Standortdiskussionen niederschlug. Nicht nur die Verlagerung von Unternehmensteilen ins billigere Ausland erfolgte, es sollte auch die Münchener Firmenzentrale ausgesiedelt werden. Schuhmacher hat ein Programm eingeführt, nachdem jeder Mitarbeiter jährlich bewertet werden sollte; die 5 Prozent mit der schlechtesten Bewertung sollten das Unternehmen verlassen.
Zitat eines Infineon Mitarbeiters aus dem Forum der IG Metall : " Die Fa. hat Milliarden Verluste gemacht, er hat massenhaft Leute skrupellos in den sozialen Tod geschickt und sich selbst die Taschen vollgestopft." Offiziell trat der Hobbyrennfahrer Schumacher "aus persönlichen Gründen" zurück. Das ist die Version, die Infineons Pressestelle unermüdlich streut. Es gibt jedoch neue Vermutungen: Der Konzern prüfe rechtliche Schritte gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden, berichtet die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" unter Berufung auf Aufsichtsratskreise. Die hohen Ausgaben für die Imagepflege würden ihm vorgeworfen, auch von einer milden Form der Korruption sei die Rede, schreibt das Blatt. Unsere Nachbarn haben da halt feine Unterschiede, für uns bleibt Korruption immer Korruption und sei sie noch so milde.
Die Villacher Stadtväter werden jetzt sicher nicht ganz glücklich mit ihrer Entscheidung sein, diesem Mann den Ehrenring der Stadt verliehen zu haben. Denn so groß sind die Verdienste des Herrn Schumacher nicht, im Gegenteil, während seiner "Regentschaft" wurden Arbeitsplätze abgebaut und fleißig Outsourcing betrieben. Vielleicht hat ja Herr Schumacher bei der Ringvergabe ein wenig nachgeholfen, mit einer "milden Form von Korruption", welcher Art auch immer.
Eine Möglichkeit, sich aus der Affäre zu ziehen haben die "Herrn der Ringe" ja noch: auch dem Ex-Primarius Dr. Wurst haben sie den Ehrenring ja wieder abgenommen. Für BGM noch ein Wort zum Abschluss: Gerade wurde von Infineon bekanntgegeben, dass die IT-Services im Klagenfurter Lakeside-Software-Park angesiedelt werden soll (ein Dank für die Wiederwahl von Haider?). Manze, das tut weh, wo Du doch ständig unseren Technologiepark in Magdalen so anpreist. Bei dieser Entscheidung der Konzernzentrale hat Dein "Ringempfänger" nicht mehr mitreden können. Und Kommunalsteuer wird auch weniger in die Stadtkasse fliessen (ca. 30.000 Euro), weil 30 Mitarbeiter von Villach nach Klagenfurt übersiedeln.