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Hans D. Smoliner
Bernhard Teferle

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2003-12-16

Interview mit kärnöl

Die Kulturzeischrift Lavantgarde stellt kärnöl vor

Seit 4 Jahren gibt es in Villach die Kulturinitiative kärnöl. Hervorgegangen aus dem Satz 'Kärntner Kunst in schwerem Öl' ist 'kärnöl' von Anfang an eine Abkürzung gewesen und damit Wegweiser, heraus aus den trägen Viskositäten der ver(w)alteten und geschützten Kärntner Kunstwerkstatt. So zumindest steht's in der Deklaration auf www.kaernoel.at. Auf dieser web site finden sich darüber hinaus die Dokumentationen von bislang ca. 50 Veranstaltungen, die kärnöl durchgeführt hat. Seit Anfang 2003 betreibt man dort auch das kärnöl-Journal und publiziert täglich einen neuen Beitrag. Nicht wenig Aktivitäten, für eine Initiative, die sich selbst bewußt in den nicht subventionierten Raum stellt. Lavantgarde wollte mehr wissen. Wir sprachen mit Stephan Jank und Dr. Hans Smoliner über Hintergründe und Ziele von kärnöl:

Lavantgarde: In der Deklaration von kärnöl liest man unter anderem, dass ihr künstlerische und kulturelle Aktivitäten initiiert, veranstaltet, dokumentiert, und analysiert. Was genau versteht ihr unter künstlerischen bzw. kulturellen Aktivitäten.

kärnöl:Kulturelle Aktivität im Allgemeinen und natürlich Kunst im Besonderen sind zu allererst öffentliche Kommunikationsprozesse, deren Erfolg letzlich vom Gelingen oder Misslingen eben dieser Kommunikation abhängt. Daraus ergeben sich sofort wichtige Konsequenzen. Kommunikation setzt nämlich für ihr Gelingen Wahrnehmung voraus. Das ist aber genau der Punkt, von dem wir nicht nur hier in Kärnten meilenweit entfernt sind.

Lavantgarde: Damit spielt ihr offensichtlich auf die gegenwärtige Situation der Kärntner Kunst- und Kulturpolitik an.

kärnöl: Das kann man so sehen. Tatsächlich aber handelt es sich hier um wesentlich weitreichendere Probleme. Wahrnehmung hat nämlich ursächlich etwas mit Realität und deren Erfahrung zu tun. Genau diese Realität aber sieht in westlichen Gesellschaften nicht gerade einladend aus. Und daher haben westliche Gesellschaften genauso viel Interesse an öffentlicher Wahrnehmung von Realität wie ein Aasgeier sich für Kärntner Nudel interessiert.

Lavantgarde: Wie stellt sich euch die gesellschaftliche Realität dar?

kärnöl: Kunst und Kultur als Fundamente einer funktionierenden Zivilgesellschaft erfrieren bei uns in einer neoliberalen Antarktis und ersaufen im Brackwasser einer völlig entgrenzten Globalisierung von Kapitalmärkten und Konzernhegemonien. Das ist die internationale Situation. Dass dem aber in Kärnten nichts entgegengesetzt wird, dazu trägt in der Tat die Kärntner Kunst- und Kulturpolitik in nicht unbeträchtlichem Ausmaß bei.

Lavantgarde: Diese Ansicht werden gerade in Kärnten aber nicht viele Menschen mit euch teilen.

kärnöl: Dass das vielen Menschen nicht auffällt, liegt nicht zuletzt an der frühen Virtualisierung des gesamten öffentlichen Raumes. Denn spätestens mit dem Auftreten von Massenmedien entzog sich dieser Raum der unmittelbaren Erfahrbarkeit und war damit einer der ersten virtuellen Räume überhaupt. Ein Raum, in dem Rekonstruktion und Simulation an die Stelle der unmittelbar erfahrbaren Realität getreten sind. Ein Raum, in dem nur wahrnehmbar ist, was zuvor wahrnehmbar gemacht wurde.

Lavantgarde: Kämpft kärnöl damit nicht gegen Windmühlen?

kärnöl: Durchaus nicht. Denn wir werden diese Konventionen sicher nicht verändern. Wir können sie aber stören.. kärnöl schafft nämlich einen Raum, in dem unmittelbare Erfahrung und damit Wahrnehmung von Kunst und kultureller Aktivität möglich ist. Wir machen das, indem wir Kunst und kulturelle Aktivitäten nicht inszenieren, sondern sie dort passieren lassen, wo wir einander treffen: mitten in unserem Leben. Und dieses Leben spielt sich nicht in Galerien oder Theatern ab, sondern in Cafehäusern, Privatwohnungen und auf öffentlichen Plätzen.

Lavantgarde: Ihr kritisiert die frühe Virtualisierung des öffentlichen Raumes, seit aber selbst im Internet stark präsent. Ist das nicht ein Wiederspruch?

kärnöl: Ja, das ist ein Widerspruch.

Lavantgarde: kärnöl bewegt sich bewußt im nicht subventionierten Raum. Ihr habt nicht einmal den Versuch unternommen, für eure Aktivitäten irgendwelche Förderungen zu erhalten?

kärnöl: Ja, das stimmt. Denn: wer in Kärnten Kunst- und/oder Kulturarbeit betreibt und dabei auf öffentliche Mittel angewiesen ist, hat ein Problem. Das bestätigt unter anderem ein kurzer Blick auf die Kulturberichte des Landes. Dort steht Jahr für Jahr auf feinster Bütte, was man sich hierzulande so alles unter Kunst und/oder Kultur vorstellt. Wir bei kärnöl haben aufgehört, das zu kommentieren. Wer also nicht will, dass ihm jeder dahergelaufene Populist die Grundlage seiner Existenz entziehen kann, der sagt am besten NEIN zu Subventionen und/oder Förderungen. Und genau so hält es kärnöl.

Lavantgarde: Wie finanziert ihr dann Eure Arbeit:

kärnöl: Unsere Arbeit muss nicht fremdfinanziert werden. Wir machen sie einfach mit unserem Geld.

Lavantgarde: Habt ihr mit dieser Art der Finanzierung nicht Probleme mit den Künstlern, die bei euren Veranstaltungen auftreten?

kärnöl: Im Allgemeinen unterstützen die angesprochenen KünstlerInnen unsere Konzeption. Hin und wieder müssen wir halt NEIN sagen, weil sich die Vorstellungen der KünstlerInnen nicht mit unseren finanziellen Möglichkeiten vereinbaren lassen. Dass breitenwirksame Realisationen im öffentlichen Raum aber nicht viel Geld kosten müssen, zeigt etwa unsere Kooperation mit dem Villacher  Pizza-Express. Seit November 2003 präsentiert sich kärnöl den VillacherInnen auf 100.000 Pizza-Kartons.

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gberger, 2003-12-17, Nr. 845

Sehr pointiert..... aber...

"Unsere Arbeit muss nicht fremdfinanziert werden. Wir machen sie einfach mit unserem Geld."

In Klammer hätte vielleicht noch gesetzt werden sollen, "solange wir es uns leisten können.

Stephan Jank, 2003-12-17, Nr. 846

Tatsächlich ist es leider so, dass subventionierte Initiativen viel eher den Bedarf für solch einen Klammerausdruck haben.

Tschif, 2005-05-20, Nr. 1941

... ..Kunst und Kultur als Fundamente einer funktionierenden Zivilgesellschaft erfrieren bei uns in einer neoliberalen Antarktis und ersaufen im Brackwasser einer völlig entgrenzten Globalisierung von Kapitalmärkten und Konzernhegemonien. Das ist die internationale Situation. Dass dem aber in Kärnten nichts entgegengesetzt wird, dazu trägt in der Tat die Kärntner Kunst- und Kulturpolitik in nicht unbeträchtlichem Ausmaß bei."

... kann, nein muss man nicht - wie übrigens im ganzen Interview - "Kärnten" durch "Österreich" ersetzen?

Liebe Grüße aus Wien.

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