2001-09-22
SALE 2001
Ein Statement über die Arbeit von Christian Gasser
Es geht hier zu allererst um Pornographie und es geht um die enge Beziehung von Photographie und Pornographie. Christian Gasser, der in den frühen 80er Jahren ureigentlich als Fotograph angetreten ist, hat diese Beziehung in jeder Phase seines Schaffens und eigentlich auch in jeder Faser seiner Arbeiten reflektiert und kommentiert. Und aus der Arbeit Gassers läßt sich eines ganz klar ablesen: Der pornographische Prozeß unterscheidet sich nicht wesentlich vom photographischen.
Da ist zum einen die Tatsache, daß es sich in beiden Fällen um Abbildungen handelt, um surjektive Mappings, um präzise zu sein, welche subjektive Realität auf objektive Modelle projizieren. Und die vom Pornographen inszenierte Realität ist von haargenau der gleichen Qualität, wie jene, die der Photograph bei seiner Dokumentationsarbeit vorfindet. Und so liefern die beiden Prozesse das gleiche Ergebnis: Abbilder dieser einen Realität.
Die These, wonach es sich beim einen um Kunst handelt, und beim anderen nicht, ist also aus diesem Blickwinkel nicht aufrecht zu erhalten. Es gibt aber noch einen zweiten, weit wichtigeren Grund, warum die Pornographie ein Anrecht darauf hat, als gleichberechtigter Ausdruck menschlicher Kreativität wahrgenommen zu werden: Die Kunst hat erst im 20. Jahrhundert erkannt, daß es der Perzeptionsprozeß ist, der im Zentrum künstlerischen Schaffens steht. Und wir alle mußten erst die Arbeiten von Oswald Wiener oder John v. Förster rezipieren um es Allgemeingut werden zu lassen, daß der Betrachter diesen Prozeß in weit größerem Ausmaß steuert als der Künstler. Die Pornographie weiß das schon seit sie erfunden wurde. Es ist der Betrachter, der über die moralische Akzeptanz der Darstellung eines Arschficks oder einer sodomistischen Szene entscheidet. Genauso wie er es ist, der Duchamps ready made zu einem Kunsterlebnis rekonstruiert oder es einfach übersieht. Wann endlich bekommt die Pornographie einen 3flügeligen Altar? Zumindest in einem Seitenschiff des Kunsttempels.
Vor diesem Hintergrund kann man die Arbeiten, die Christian Gasser hier zeigt, betrachten. Man kann sich aber auch einfach nur an der formalen Qualität erfreuen, mit der er Cicciolina-Comics auf Speibsackerln irgendeiner Airline montiert und damit das immense Spektrum dokumentiert, mit dem man allzu menschlichen Bedürfnissen auf dieser Welt begegnen kann.
Man kann aber auch einfach nur sprachlos vor der atemberaubenden Schönheit der Jeff Koons-Arbeit stehen, die ich für eine tiefe Verneigung Gassers, eine Hommage sozusagen an die Primadonna assoluta einer der größten Formen darstellender Kunst, halte: Cicciolina, oder Ilona Staller, wie die gebürtige Ungarin mit bürgerlichem Namen heißt.