2003-01-20
Die totalitäre Implikation
Über die pittoreske Rechtsauffassung des Helmut Manzenreiter
Der aktuelle Verlauf der Affäre um die Videoüberwachung der Villacher Lederergasse wirft ein immer bezeichnenderes Licht auf die geradezu pittoreske Rechtsauffassung von Bürgermeister Manzenreiter und damit auf dessen Umgang mit elementarsten Grundrechten der Villacher Bürger. Es ist dieser Stadtregierung offensichtlich nicht genug, Monate lang geltendes österreichisches Recht missachtet zu haben. Nein, diese Stadtregierung bekennt sich mittlerweile öffentlich zur Unterminierung des Rechtsstaates. Was Manzenreiter will, das muß passieren. Und koste es auch das letzte rechtsstaatliche Prinzip.
Nach dem Erlass des Innenministers Strasser, wonach die videographische Überwachung öffentlicher Straßen und Plätze einzustellen sei, zumal diese dem Sicherheitspolizeigesetz aus dem Jahre 1993 widerspricht, suchen sie nach "griffigen Lösungsvarianten" (Manzenreiter zitiert in der Kleinen Zeitung vom 14. 1. 2003), um genau die Gesetze zu umgehen, deren Einhaltung Strassers Erlass moniert.
Dazu schieben sie das, was sie das "Sicherheitsbedürfnis der Villacher Bevölkerung" nennen, vor, um rechtzufertigen, was nicht gerechtfertigt werden kann: Die videographische Überwachung eben dieser Villacher Bevölkerung. Es ist genau dieses diffuse "Sicherheitsbedürnis der Bevölkerung", welches immer schon in aller Herren Länder herhalten musste, um massive Einschnitte in elementare Bürgerrechte zu rechtfertigen. Das war nach Hitlers Machtergreifung in Deutschland nicht anders als in Pinochets Chile. Das war in der Tschechoslowakei so und das war in Ungarn so. Aber auch die Liste jener Politiker die sich diffuser Gefühle in der Bevölkerung bedienen, um Quote zu machen, ist weiss Gott lang und mit Namen gespickt, die ich hier nicht einmal erwähnen will.
Eines haben aber all diese Politiker gemeinsam: Sie verwenden eine Sprache, die vielmehr Waffe ist als Kommunikationsmittel. Und Manzenreiter macht da keine Ausnahme:
"Wer sich ordentlich benimmt, hat nichts zu befürchten." (Manzenreiter zitiert in Kleine Zeitung vom 14. 1. 2003), meint der Villacher Bürgermeister. Kontraponiert man diese Aussage, dann sagt Manzenreiter exakt das Folgende: "Wer etwas zu befürchten hat, benimmt sich nicht ordentlich". Der Bürgermeister der Stadt Villach ist also der Auffassung, dass allein durch die Androhung einer Strafe ein Tatbestand als erwiesen zu gelten hat. Diese Rechtsauffassung haben Hitler und Stalin nicht nur vertreten, sondern auch noch besser formuliert.
Wir alle haben wirklich etwas zu befürchten: Dass nämlich der Villacher Bürgermeister sich nicht mehr in vollem Umfang im Klaren ist, was er da sagt.
Gnade uns allen Gott, wenn Leute mit solchen Auffassungen anheben, nahezu die gesamte Villacher Innenstadt videographisch zu überwachen. Gnade Gott all jenen, die in Villach einmal einen Tag blau machen. Gnade Gott all jenen, die sich in Villach mit Menschen treffen, die aus irgendeinem Grund in eine Rasterfahndung geraten sind. Gnade Gott all jenen, die in Villach länger als 5 Minuten vor einer Bank stehen, um auf jemanden zu warten. Gnade Gott all den Villacher Sandlern, deren soziales Elend ja ausschließlich ihnen selbst zuzuschreiben ist und für die immer weitere Teile der Stadt tabu werden.
Ich habe Angst.
Stephan Jank